Lingen [1]

[574] Lingen, Grafschaft des ehemaligen westfäl. Kreises, von den Bistümern Münster und Osnabrück und der Grafschaft Tecklenburg umgeben, zerfiel in die obere und die niedere Grafschaft; jene, wozu bloß vier Kirchspiele (Ibbenbüren, Brochterbeck, Recke und Mettingen) gehörten, bildet jetzt einen Teil des Kreises Tecklenburg; diese, deren Areal 330 qkm (61/5 QM.) mit 21,000 Einw. umfaßte, ist jetzt mit einigen andern Gebietsteilen zum Kreis L. vereinigt. Die Grafschaft L., von jeher mit der Grafschaft Tecklenburg verbunden, wurde erst 1508 bei der Teilung zwischen den Brüdern Otto XII. und Nikolaus IV. davon getrennt und zugleich so geteilt, daß Nikolaus die obere Grafschaft, Otto die untere erhielt. Als Nikolaus 1541 ohne männliche Erben starb, vereinigte sein Neffe Konrad von Tecklenburg die ganze Grafschaft L., verlor sie jedoch, wegen seines Beitritts zum Schmalkaldischen Bund vom Kaiser Karl V. geächtet, 1548 an den Grafen Maximilian von Büren. Die Vormünder der von Maximilian hinterlassenen Tochter Anna, die sich später mit dem Prinzen Wilhelm von Nassau-Oranien verheiratete, verkauften die Grafschaft L. an Kaiser Karl V., der sie 1555 nebst den burgundischen Ländern seinem Sohn Philipp II., König von Spanien, überließ, von dem sie 1597 an den Prinzen Moritz von Oranien kam. 1605–32 hatten sie jedoch die Spanier nochmals inne, nach deren Abzug wieder Nassau-Oranien. Nach dem Tode Wilhelms III., Königs von England, erbte die Grafschaft 1702 der König von Preußen, der sie wieder mit Tecklenburg vereinigte. 1807 wurde sie von den Franzosen besetzt, kam 1809 an das Großherzogtum Berg (Depart. Ems), 1810 an Frankreich (Depart. Oberems), 1814 wieder an Preußen, das 1815 die niedere Grafschaft an Hannover abtrat, aber sie 1866 wieder erhielt. Vgl. Möller, Geschichte der vormaligen Grafschaft L. (Lingen 1874); Herrmann, Die Erwerbung der Stadt und Grafschaft L. durch die Krone Preußen (das. 1902); Schriever, Geschichte des Kreises L. (das. 1905); »Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde des Hasegaues« (das. 1892 ff.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 574.
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