Morāl

[129] Morāl (v. lat. moralis, die Sitten [mores] betreffend), als Lehre oder Wissenschaft (Moralphilosophie) gleichbedeutend mit Sittenlehre oder Ethik (s. d.). Moralprinzipien, die allgemeinsten Grundsätze, aus denen in den verschiedenen ethischen Systemen die einzelnen speziellen Sittengebote abgeleitet werden, und man spricht sogar von der M. einer Erzählung (Fabel, Parabel) mit Rücksicht auf die Lebensregeln, die durch sie veranschaulicht werden sollen. Dann ist M. (Moralität) auch soviel wie Sittlichkeit (s. d.) und moralisch soviel wie sittlich im Gegensatz zur Unsittlichkeit, bez. zum Unmoralischen. Moralisch tot heißt ein Mensch, der seine Ehre und damit sein Ansehen in der Gesellschaft verloren hat. Eine moralische Niederlage erleidet, wer, obwohl äußerlich Sieger, doch in den Augen aller Vernünftigen im Unrecht geblieben ist. Im weitern Sinne heißt (besonders im Sprachgebrauch der Franzosen und Engländer) moralisch auch das dem Physischen Entgegengesetzte, also das Geistige; daher moralischer Zwang ein durch Einwirkung auf das Seelenleben (Erregung von Furcht etc.) ausgeübter Zwang, moralische Wissenschaften soviel wie Geisteswissenschaften. Unter moralischer Überzeugung versteht man eine zwar nicht beweisbare, aber doch im Gefühl unausrottbar[129] festgewurzelte Überzeugung und spricht in diesem Sinne von einem moralischen Beweis für das Dasein Gottes.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 129-130.
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