Myrōn

[343] Myrōn, griech. Bildhauer, um 450 v. Chr., aus Eleutherä, einem Grenzort Böotiens, soll nebst Pheidias und Polyklet Schüler des Ageladas gewesen sein und war vorwiegend in Athen tätig. Ein vielseitiger Künstler, Erzgießer und Ziseleur in Silber, beherrschte er alle Stoffgebiete. Er schuf Götterstatuen, Heroen- und vorzugsweise Athletenbilder, die sich meist in Delphi und Olympia befanden. Unter ihnen waren am berühmtesten die Statuen des Schnelläufers Ladas und eines Diskoswerfers (Diskobolos), von dem in römischer Zeit zahlreiche Kopien in Marmor angefertigt worden sind (die beste im Palazzo Lancelotti in Rom, s. Tafel »Bildhauerkunst III«, Fig. 12). Auch von einer athenischen Gruppe, Athene die Flöten wegwerfend und der Silen Marsyas erschreckt zurückfahrend, besitzen wir auf Münzen, Vasenbildern und Reliefs Nachbildungen; eine Marmorkopie des Marsyas befindet sich im lateranischen Museum zu Rom (s. Tafel »Bildhauerkunst III«, Fig. 13), eine Kopie in Erz im Britischen Museum zu London. Auf M. wird auch die Bronzestatue des sogen. Idolino in Florenz zurückgeführt, der von einigen sogar für ein Originalwerk von ihm gehalten wird. Mit besonderm Glück zog M. das Tierreich in den Bereich seiner Kunst. Seine durch zahlreiche Sinngedichte gefeierte[343] Kuh auf dem Markt in Athen ward zu Ciceros Zeit nach Rom gebracht. Dem Stil Myrons war Knappheit der Formen eigentümlich; der Künstler, der nur für den Erzguß arbeitete, war Meister in scharfer Erfassung bewegtester Motive, ohne freilich schon die volle Beseelung der Köpfe zu erreichen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 343-344.
Lizenz:
Faksimiles:
343 | 344
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika