Relief

[782] Relief (franz., spr. rölheff, ital. riliēvo), erhabene Arbeit, diejenige Gattung der Bildnerei, welche die Figuren aus einer Ebene oder vertieften Fläche, dem Grunde, erhaben heraustreten läßt. Das R. bildet eine Mittelgattung zwischen der eigentlichen Skulptur, von der sie die Darstellungsweise, und der Malerei, von der sie die Anordnung hat, so zwar, daß das plastische Prinzip mehr in den einfachen, ruhigen Reliefs der ältern griechischen Kunst, das malerische dagegen in den überfüllten, oft heftig bewegten der spätern römischen Kunst vorherrscht. Man unterscheidet das Flachrelief (Basrelief, basso rilievo), bei dem die Figuren nur wenig über den Grund heraustreten, von dem Hochrelief (Hautrelief, alto rilievo), bei dem sie etwa halbrund modelliert sind. Sind einzelne Teile rundplastisch herausgearbeitet oder unterschnitten, so spricht man von hocherhabener Arbeit. Reliefs sind schon in der altägyptischen und assyrischen Kunst sehr häufig. Bei den Ägyptern findet man neben dem Basrelief das Hohlrelief (R.en creux, Koilanaglyph, s. d. und Tafel »Bildhauerkunst I«, Fig. 8 u. 9; II, Fig. 3–5). Zu hoher Vollendung wurde das R. von den Griechen gebracht, die das Hochrelief vor allem bei den Metopen und Friesen der Tempel, das Flachrelief zur Ausschmükkung der Grabstelen etc. verwendeten. In der Blütezeit rollte man die Darstellung im wesentlichen auf, ohne jedoch Überschneidungen ängstlich zu vermeiden, wie denn auch die zur Raumfüllung nötige Isokephalie (gleiche Höhe der Köpfe) nicht pedantisch gehandhabt wurde (s. Tafel »Bildhauerkunst III«, Fig. 7 u. 9; IV, Fig. 4). Streng durchgeführt aber ist die Anordnung der Figuren auf einem Grunde. Durchaus malerisch gestaltet sind dagegen die hellenistischen Reliefs, die mit ihren landschaftlichen Hintergründen etc. als reine Übersetzungen der Wandgemälde erscheinen. Durch sie wurden der römischen, oft drei und mehr Reliefflächen verwendenden Technik die Wege gewiesen (Tafel VI, Fig. 7). In der Renaissancezeit wandte Ghiberti bei seinen Erztüren eine malerische, perspektivische Darstellungsart an (Tafel VII, Fig. 8), während Donatello und Luca della Robbia und dessen Schüler sowohl im Hoch- als im Flachrelief strengern plastischen Gesetzen folgten (Tafel IX, Fig. 4). Ganz frei wurde das R. von den Bildhauern der Barockzeit (Algardi, Bernini etc.) behandelt. Thorwaldsen führte, namentlich in seinem Alexanderzug (Tafel XIV, Fig. 3) auf Grund des Studiums reingriechischer Monumente, besonders des Parthenonfrieses, das R. zu schlichter Strenge zurück; in neuerer Zeit jedoch ist man wieder mehr zu dem malerischen Prinzip zurückgekehrt, ohne scharfen Unterschied zwischen Hoch- und Flachrelief zu machen. Vortreffliche Reliefs lieferten Rauch, Rietschel, Drake (Tafel XIV, Fig. 6), der Franzose Rude, in neuester Zeit Siemering (Tafel XVII, Fig. 3), E. Encke in Berlin, R. Weyr (Tafel XVIII, Fig. 2, und die Reliefs des Grillparzerdenkmals) in Wien, Dalou in Paris u. a. Die gesamte Reliefplastik des Altertums und teilweise noch die der ältern christlichen Kunst hat durchgängig die Farbe zur weitern Ausführung der Zeichnung verwendet; auch in der gotischen und Renaissancezeit wurden Reliefs aus Ton, Stuck, Holz, gepreßtem Papier u. dgl. bemalt und bisweilen auch vergoldet. Vgl. Hauser, Die neuattischen Reliefs (Stuttg. 1889); Conze u. a., Die attischen Grabreliefs (Berl. 1890 ff.); Robert, Die antiken Sarkophagreliefs (bisher nur Bd. 2 und 3, das. 1890–1904); Schreiber, Die hellenistischen Reliefbilder (112 Tafeln, Leipz. 1889–94); Courbaud, Le Bas-relief romain à représentations historiques (Par. 1899). – In weiterm Sinne nennt man R. jede erhabene Arbeit figürlicher oder ornamentaler Art, die zum Schmuck eines Gerätes dient. Während in der Plastik großen Stils Marmor, Bronze und, für dekorative Zwecke an Gebäuden, Kalkstein, Sandstein und Terrakotta die bevorzugten Materia-;ien sind, werden in der Kleinplastik und in der Kunstindustrie Reliefs in Elfenbein, edlen Steinen, Muscheln, Holz, Gold, Silber, plastischen Massen etc. ausgeführt (vgl. Holzverzierungen). – Im figürlichen Sinne gebraucht man das Wort R. auch für Ansehen, Aufmerksamkeit; z. B. einer Sache ein R. geben, sie so darstellen, daß sie Aufmerksamkeit erregt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 782.
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