Nicaraguakanal

[619] Nicaraguakanal, der Seeschiffahrtskanal, der unter Benutzung des San Juan und des Nicaraguasees den Atlantischen mit dem Großen Ozean verbinden sollte. Bereits unter Karl V. war der San Juan unter Überwindung seiner Stromschnellen bis zum Nicaraguasee hinauf befahren worden; seit 1528 tauchten dann wiederholt Entwürfe zum Bau eines Nicaraguakanals auf, und als der Bau der Panamabahn begonnen wurde, bildete sich in den Vereinigten Staaten die Atlantic and Pacific Ship Canal Company zur Beförderung von Personen über den Isthmus. Dampfer fuhren seit 1864 in zwei Tagen den San Juan hinauf und durchquerten den See bis La Virgen am Westufer, worauf der Landtransport bis San Juan del Sur erfolgte. Man beschäftigte sich damals viel mit verschiedenen Tracen, und 1880 rief der frühere Präsident Grant eine Gesellschaft zum Bau eines Kanals ins Leben, die sich aber bald wieder auflösen mußte. Als dann die Arbeiten am Panamakanal begannen, bildete sich 1889 in New York die Nicaragua Canal Construction Company, doch wurden die 1890 in Angriff genommenen Arbeiten bereits 1893 wieder eingestellt, nachdem nur 18 km Arbeitsbahn, ein Teil der Hafenanlagen bei San Juan und eine Telegraphenleitung fertiggestellt worden waren. In der Absicht, den Bau des Kanals selbst in die Hand zu nehmen, entsandte die Unionsregierung 1895 eine Kommission nach Nicaragua, welche die Ausführung des Kanals in sechs Jahren für möglich erklärte. Der Präsident von Nicaragua sicherte aber 1897 die ausschließliche Schiffahrt auf dem San Juan und dem Nicaraguasee einer englischen Gesellschaft zu, und diese Schwierigkeit wurde erst 1900 durch den Hay-Pauncefote-Vertrag beseitigt. Eine zweite Kommission arbeitete dann ein neues Projekt aus; als aber die Panamakanalgesellschaft den zur kleinern Hälfte hergestellten Panamakanal samt allem Zubehör der Unionsregierung gegen eine Entschädigungssumme von 40 Mill. Doll. abtrat, ließ die Regierung das Nicaraguakanalprojekt fallen. Nach dem letzten Projekt sollte der Kanal 108 km Kanal-, 45 km verbesserte, 27,5 km unveränderte Fluß-, 35,5 km verbesserte, 78,5 km unveränderte Seestrecken und 5 km Einfahrtsstrecken, zusammen 299,5 km Länge mit neun Schleusen erhalten. Vgl. Keasbey, Der N. (Straßb. 1893); Colquhoun, The key of the Pacific (Lond. 1895); Sheldon, Notes on the Nicaragua Canal (neue Ausg., Chicago 1902); Simmons, The Nicaragua Canal (New York 1900); »Report of the Nicaragua Canal Board« (Washingt. 1895); »Report of the Isthmian Canal Commission« (das. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 619.
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