[352] Panamakanal, der die Landenge von Panama durchschneidende Schiffahrtskanal, der durch Verbindung des Atlantischen und des Stillen Ozeans den ungeheuern Umweg durch die Magalhãesstraße abkürzen soll. Dieses Unternehmen beschäftigte die Spanier nach der Feststellung, daß der Isthmus von keiner Durchfahrt unterbrochen war, seit 1551, bis Philipp II. weitere Pläne, als der göttlichen Ordnung zuwiderlaufend, bei Todesstrafe verbot. Erst 1829 ließ Bolivar auf die Bitte A. v. Humboldts wieder einige Vermessungen machen. Seit 1844 folgten diesen eine Reihe andrer, rein theoretischer Beobachtungen, bis die Vereinigten Staaten 187074 genauere Aufnahmen anordneten und endlich die auf Anregung von F. de Lesseps 1876 in Paris gegründete Société civile internationale du Canal interocéanique unter General Türr durch Wyse und Reclus verschiedene Linien für einen solchen Kanal vermessen ließ. Acht Projekte wurden ausgearbeitet. Nach diesen waren zwei Kanäle vom Golf von Uraba im Staat Cáuca geplant, wovon der eine zur Chirichiribucht, der andre zum Darienhafen im Golf St. Miguel hinüberführen, während ein dritter ebendahin von der Acantibai am Ausgang des Urabagolfs, ein vierter vom Golf von San Blas zur Reede von Chepillo in der Panamabai, ein fünfter von Greytown in Nicaragua durch den Nicaraguasee nach Brito (s. Nicaraguakanal) geführt werden sollte, drei andre aber von der Limonbai, der Panama-Eisenbahn folgend, nach Panama gehen sollten. Der geographische Kongreß zu Paris 1879 wählte das, welches die Ausführung eines Niveaukanals mit 6 km langem Tunnel in Aussicht nahm. Darauf gründete Lesseps die Compagnie universelle du Canal interocéanique de Panama, und die bereits 1878 von Kolumbien erteilte Konzession wurde für 10 Mill. Fr. erworben. Unter der Führung Lesseps' wurde die Kanaltrasse vermessen und ein Niveaukanal als ausführbar erklärt. Die Kosten schätzte man auf 843 Mill. Fr. Doch waren die auszuhebenden Erdmassen um die Hälfte zu niedrig veranschlagt worden, auch hatte man anderweitige Ausgaben, wie die Kosten der Bauleitung, Provisionen der Banken, Zinsen, außer acht gelassen, so daß die Gesamtkosten mindestens das Doppelte jenes Betrags betrugen. Die Zeichnung auf Aktien der Gesellschaft ließ auch zu wünschen übrig. Im Dezember 1880 waren erst 590,000 Aktien zu je 500 Fr. gezeichnet, großenteils von kleinen Kapitalisten, aber trotzdem begann man 1. Febr. 1881 mit den Arbeiten und erwarb auch im Juni 1882 die Panamabahn für 94 Mill. Fr. Nach dem Abkommen mit Kolumbien verpflichtete sich die Gesellschaft, den Kanal in 12, spätestens in 18 Jahren zu vollenden. Er sollte ohne Schleusen hergestellt werden und dabei in genügender Tiefe und Breite, um auch den größten Schiffen die Durchfahrt zu gestatten. Er sollte bei 75 km Länge in den Ebenen 56 m, im Hügelland 22 m breit sein bei einer durchgängigen Tiefe von 8,5 m. An fünf Ausweichestellen[352] sollte die Breite verdoppelt und am Rio Grande, 3 km vom Stillen Ozean, eine 600 m breite Ebbe- und Flutschleuse, bei Colon eine doppelte Flutschleuse eingeschaltet werden, da bei Col on die Flut höchstens 0,58 m, in Panama dagegen nahezu 6 m steigt und hier neun Stunden früher eintritt als bei Colon.
Zwischen Colon und Obispo besteht der Boden auf den letzten 24 km aus trachytischen und doleritischen Tuffen und Konglomeraten, auf der Strecke Obispo-Rio Grande aber aus hartem Fels (Trachyt, Dolerit und Schiefer), und die Seehöhe erreicht 8 km weit über 50 m (beim Cerro Culebra 102 m). Wiederholt fanden Abrutschungen von Gesteinsmassen von den Kanalrändern in das Kanalbett statt, so in Einer Nacht 80,000 cbm. Bis März 1886 waren trotz der 20,000 Arbeiter (meist Neger von den westindischen Inseln) erst 21,6 Mill. cbm Erde ausgehoben. Dabei dezimierte das mörderische Klima die Reihen der europäischen Beamten wie der eingebornen Arbeiter; die Sterblichkeit betrug bei erstern 6,4, bei letztern 7,2 Proz. Der Chagres mußte durch Seitenkanäle abgeleitet werden. Lesseps hatte schon 29. Juli 1885 erklärt, der Kanal werde 1200 Mill. Fr. erfordern und vorgeschlagen, 500,000 Obligationen zu je 500 Fr. auszugeben, doch wurden nur 458,802 gezeichnet. Endlich sah man sich genötigt, den Plan, einen schleusenlosen Kanal zu bauen, aufzugeben und, angeblich provisorisch, den P. mit Schleusen weiterzubauen. Eiffel verpflichtete sich 15. Nov. 1887 durch Vertrag, einen solchen Kanal bis zum Juli 1890 fertigzustellen. Aber der Versuch, neue Obligationen im Betrag von 720 Mill. Fr. auszugeben, gelang nicht, und da die Dezembercoupons nicht eingelöst werden konnten, so wurde ein Einschreiten der Gerichte unvermeidlich (s. Panamaprozeß). Aktienkapital und Obligationen beliefen sich auf 1,171,654,000 Fr., wogegen die Aktiva, einschließlich der Panamabahn, neben 25,500 Hektar Urland und den ausgeführten Arbeiten auf nur 231,160,000 Fr. geschätzt wurden. Der Bericht der Liquidationskommission empfahl 1890 einen Schleusenkanal, der in 78 Jahren mit einem Kostenaufwand von 900 Mill. Fr. herzustellen sein würde. Allein eine kapitalkräftige Gesellschaft zu bilden, erwies sich als unmöglich. Ein neuer Vertrag mit der Regierung Kolumbiens wurde 4. April 1893 durch den Liquidator der Panamagesellschaft geschlossen, wonach die Baukonzession auf 10 Jahre verlängert wurde, wogegen Kolumbien 17 Mill. Fr. in Geld und Aktien erhalten und die Bildung der Gesellschaft sowie die Wiederaufnahme der Arbeiten bis 31. Okt. 1894 erfolgen sollte. Die neue Gesellschaft (Compagnie nouvelle du Canal de Panama), wiederum im wesentlichen eine französische, konnte mit ihrem Kapital von 65 Mill. Fr. nicht an die Vollendung des Kanals denken. Sie suchte das Geleistete zu erhalten, um die Anlagen und die Konzession später vorteilhaft losschlagen zu können. Die Konzession wurde noch mehrmals erneuert. Die Vereinigten Staaten entsandten 1899 eine Kommission unter General Walker zur nochmaligen gründlichen Untersuchung von Mittelamerika; diese wies in ihrem Bericht auf die bedeutenden Leistungen an der Landenge von Panama hin, doch forderte die Panamakompanie in Paris den zu hohen Kaufpreis von 109 Mill. Doll., der aber dann auf 40 Mill. Doll. ermäßigt wurde. Da die Verhandlungen mit Kolumbien auf Schwierigkeiten stießen, so veranlaßte die Union die Lostrennung des Departements Panama (s. d.), um mit der Republik Panama leichter zum gewünschten Ziel zu kommen. Die letztere wurde mit 40 Mill. Mk. abgefunden und das notwendige Land beiderseits der Kanallinie erworben. Eine weitere Kommission von Sachverständigen, The Isthmian Canal Commission, wurde 1904/05 ausgesandt, um Beschluß zu fassen, ob Niveau- oder Schleusenkanal gebaut werden solle; sie entschied sich gegen eine Stimme für letztern. Zur Prüfung der Arbeiten dieser Kommission berief der Präsident im September 1905 einen Board of Consulting Engineers, aus 8 amerikanischen und 5 europäischen Fachleuten bestehend. Eine Einigung war innerhalb dieses Ausschusses nicht zu erzielen, die Majorität von 8 Ingenieuren, darunter sämtliche Europäer, empfahl den Niveaukanal, die Minorität von 5 amerikanischen Ingenieuren den Schleusenkanal. Präsident und Senat stellten sich auf seiten der Minorität und wählten den Schleusenkanal, der nun nach den Plänen der Isthmian Canal Commission zur Ausführung gelangt. Die Kosten des Schleusenkanals sind auf 139,700,000 Doll. berechnet, die des Niveaukanals auf 247 Mill. Doll. Erstern hofft man in neun Jahren zu vollenden, der Niveaukanal[353] würde nicht unter 1215 Jahren auszuführen sein. Die Eigentümlichkeit des gewählten Schleusenkanals besteht in den zwei großen Stauseen, die durch die Gewässer des Rio Grande etc. auf pazifischer Seite und des Rio Chagres auf atlantischer Seite geschaffen werden. Der atlantische Stausee wird von Gatun bis Obispo reichen und die Hälfte der ganzen Kanallänge einnehmen. Bei Gatun wird ein 2350 m breiter und 41 m hoher Damm den See abschließen; der Höhenunterschied von 26 m zwischen See und Atlantischem Ozean wird durch drei Doppelschleusen, jede 275 ml ang, 29 m breit und 12,2 m tief überwunden. Sonst ist der Kanal wenigstens 13,7 m tief und an der Sohle 61 m breit, in den Stauseen ist die Tiefe auf große Strecken viel beträchtlicher. Vermittelst der Schleuse von Pedro Miguel fällt der Kanal um 9 m auf das Niveau von 17 m des pazifischen Stausees. Dieser wird durch durch den Damm beim Sofahügel, südlich von Panama, vom Pazifischen Ozean getrennt; zwei Doppelschleusen, von denselben Dimensionen wie die Gatunschleusen, lassen die Schiffe 17 m auf Meeresniveau herabsinken. Außer der beträchtlichen Ersparnis an Zeit und Geld bestehen die Vorteile des Schleusenkanals in der größern Bewegungsfreiheit und ungeminderten Fahrgeschwindigkeit der Schiffe auf den Seen. Übelstände sind leichtere Zerstörbarkeit im Kriegsfalle, Gefahren, die den Staudämmen bei Erdbeben etc. drohen, Aufenthalte in den Schleusen sowie häufige Reinigungen und Reparaturen derselben. Übrigens würde auch ein Niveaukanal an den beiden Enden zweier Schleusen bedürfen, um die Gezeitenunterschiede auszugleichen. Für den Weltverkehr, insbes. aber für den Verkehr zwischen der Ost- und Westküste Amerikas, wird der Kanal von hervorragendster Bedeutung werden, da die Fahrt von Liverpol nach San Francisco um 9527, nach Valparaiso um 4535, nach Auckland um 817 km kürzer würde. Vgl. Armand Reclus, Le canal interocéanique (Par. 1879); Zöller, Der P. (Stuttg. 1882); Rodriguez, The Panama Canal (Lond. 1885); Wyse, Le canal de Panama (Par. 1885); Garcon, Histoire du canal de Panama (das. 1886); Koep, Der P. (Dresd. 1887); Lesseps, Le canal de Panama, etc. (in den Schriften der Londoner Geographischen Gesellschaft, 1888); Polakowsky, Panama- oder Nicaraguakanal? (Leipz. 1893); Lampe, Der mittelamerikanische Kanal (Berl. 1902); Sonderegger, L'achèvement du canal de P. (Zürich 1902); Abbot, Problems of the Panama Canal (Lond. 1905); G. Wegener, Reisen im westindischen Mittelmeer (Berl. 1904); »Report of the Board of consulting engineers for the Panama Canal« (Washingt. 1906).
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