Objektives Strafverfahren

[876] Objektives Strafverfahren, das strafgerichtliche Verfahren behufs selbständiger Verhängung einer Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung von Gegenständen ohne gleichzeitige Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person. Regelmäßig sind jene Maßregeln Nebenstrafen, und kann daher auf sie nur erkannt werden neben einer Hauptstrafe, d.h. also bei der Verurteilung einer bestimmten Person als Täter eines bestimmten Verbrechens. Da sie aber zugleich einen sicherheitspolizeilichen Zweck zu erfüllen haben, so muß auf sie unter Umständen auch erkannt werden können, wenn es zur Verurteilung einer bestimmten Person nicht kommt. Dem in solchem Fall einzuschlagenden Verfahren fehlt es an dem Prozeßsubjekt des Angeklagten; es richtet sich nur gegen Objekte und heißt daher o. S. Dasselbe ist für Deutschland geregelt in der deutschen Strafprozeßordnung, § 477–479. Die Fälle, in denen es überhaupt statthaft ist, nennt der § 42 des Deutschen Strafgesetzbuches und eine Reihe von Nebenstrafgesetzen des Reiches. Das objektive Strafverfahren setzt einen Antrag der Staatsanwaltschaft voraus und folgt im großen und ganzen den allgemeinen Regeln, nur daß eben ein Angeklagter fehlt. In gewisser Beziehung treten an dessen Stelle die sogen. Einziehungsinteressenten, d.h. diejenigen Personen, die einen rechtlichen Anspruch auf den Gegenstand der Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung haben (s. auch Presse). Vgl. Friedländer, Das objektive Verfahren nach dem Reichsstrafprozeßrechte (Leipz. 1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 876.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: