Ortler Alpen

[148] Ortler Alpen, Gruppe des südlichen Zuges der Rätischen Alpen, an der Grenze von Tirol und der Lombardei gelegen (s. Karte »Tirol«), wird westlich durch das Addatal von Tresenda aufwärts und vom Val di Braulio, nördlich vom Stilfser Joch, vom Trafoier Tal und vom Etschtal, südöstlich vom Ultental und vom Val di Rabbi, südlich vom Sulzbergtal, vom Tonalepaß, vom obersten Ogliotal bis Edolo, vom Val di Corteno und vom Apricasattel begrenzt. Die O. sind ein mächtiger, weit in die Schneeregion reichender, gletscherbedeckter Hochgebirgsstock, von dem sich mehrere kurze Radien abzweigen. Das vorherrschende Gestein ist Glimmerschiefer, der nördliche Teil gehört der Kalkformation an. Den Mittelpunkt der die Form eines Kreuzes aufweisenden Gruppe bildet der Monte Cevedale (3774 m, s. d.). Von ihm aus geht ein Arm in östlicher, dann nordöstlicher Richtung, mit der Veneziaspitze (3384 m), der hintern Eggenspitze (3437 m) und der Zufrittspitze (3435 m). Ein zweiter Arm verläuft nach NW. und gabelt bei der Suldenspitze (3383 m). Der nordwestliche Zug enthält die Königspitze (3857 m, s. d.), den Monte Zebru (3735 m), den Ortler (3902 m, s. d.), die Thurwieserspitze (3641 m), die Tuckettspitze (3458 m), die Cristallospitze (3462 m) und die Geisterspitze (3476 m). Der kurze südliche Gabelast gipfelt im Monte Consinale (3370 m). Nach N. streicht ein gegen das Vintschgau absinkender Ast mit der Hinteren Schöntaufspitze (3324 m), der Verlainspitze (3541 m) und der Hohen Angelusspitze (3536 m). Nach S. endlich geht vom Monte Cevedale ein gewaltiger Höhenrücken aus, der den mächtigen Gletscher, die Vedretta del Forno (22 qkm), umfaßt; hier gipfeln der Palon della Mare (3705 m), Monte Vioz (3644 m), Punta San Matteo (3692 m), Pizzo Tresero (3602 m) und als Südwestpfeiler der Corno dei Tre Signori (3329 m). Die Gruppe zählt im ganzen an 70 Gletscher und nimmt mit ihrer gewaltigen Kamm- und Gipfelbildung den ersten Rang unter den österreichischen Alpengruppen ein. Verhältnismäßig gering ist die Zahl der Übergänge. Berühmt durch ihre Szenerien ist die an der Nordseite der O. vorüberziehende Straße über das Stilfser Joch (s. d.). Die Gruppe ist durch mehrere Unterkunftshütten zugänglich und ein Hauptfeld alpiner Touristik. Vgl. außer den Reiseführern von Meyer, Bädeker, Meurer u.a. J. Payer in den Ergänzungsheften zu »Petermanns Mitteilungen«, Heft 17,18,23,27 u. 31; Christomannos, Sulden-Trafoi, Schilderungen aus dem Ortler Gebiet (Innsbr. 1894); Friedmann, Die Ortlergruppe, im 2. Bd. der »Erforschung der Ostalpen« (Berl. 1894); Spezialkarte der Ortler Gruppe, 1: 50,000, herausgegeben vom Deutschen und Österreichischen Alpenverein.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 148.
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