[260] Otway (spr. óttwë), Thomas, engl. Dichter, geb. 3. März 1652 zu Trotton in Sussex als Sohn eines Geistlichen daselbst, gest. 14. April 1685 in London, erhielt die erste Bildung in Winchester und bezog 1669 die Universität Oxford, die er aber noch vor Beendigung seiner Studien verließ, um sich der Bühne zu widmen. Zwar fand er als Schauspieler keinen Beifall; dagegen erwarb er sich durch die Trauerspiele »Alcibiades« (1673) und »Don Carlos« (1676) einen Namen als dramatischer Dichter. Durch den Grafen von Plymouth mit einer Offizierstelle betraut, ging er 1677 mit seinem Regiment nach Flandern; doch mußte er seiner Ausschweifungen wegen bald seinen Abschied nehmen und fristete nun sein Leben durch Übersetzungen und dramatische Arbeiten, von denen die Trauerspiele: »The orphan« (1680) und »Venice preserved« (1681) die namhaftesten sind. In seinen Dichtungen ist bei hohem Schwung der Phantasie und Sprache eine Schwäche des sittlichen Gefühls und eine Sucht nach barocker Überreizung zu beobachten, die ihn schwer genießbar machen. Sein Hauptdrama »Venice preserved« (deutsch von Gätschenberger, Lond. 1874) wurde neuestens durch Hugo von Hofmannsthal (»Das gerettete Venedig«, Berl. 1905) für die deutsche Bühne modernisiert. Weniger Wert als die dramatischen haben seine andern Dichtungen. Otways sämtliche Werke erschienen zuerst 1713 in London in 2 Bänden; die beste Ausgabe ist die von D. Thornton (Lond. 1813, 3 Bde.), die zugänglichste die von R. Noel in der »Mermaid Series« (das. 1888).