Unterbrechung des Verfahrens

[935] Unterbrechung des Verfahrens nennt die deutsche Zivilprozeßordnung (§ 239 ff.) den (notwendigen) Stillstand des Verfahrens, der infolge bestimmter, vom Willen der Parteien abhängiger Umstände ohne weiteres eintritt. Solche Umstände sind: 1) Tod einer Partei; 2) Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Partei, soweit der Prozeß die Konkursmasse betrifft; 3) Verlust der Prozeßfähigkeit einer Partei oder Wegfall des gesetzlichen Vertreters (s. Stellvertreter); 4) Wegfall des Anwalts einer Partei im Anwaltsprozeß; 5) Aufhören der Tätigkeit des Gerichts infolge eines Krieges oder eines andern Ereignisses; 6) Eintritt der Nacherbfolge während eines Prozesses zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen Gegenstand der Nacherbfolge. In den Fällen 1) und 3) tritt eine Unterbrechung nicht ein, wenn eine Vertretung durch einen Prozeßbevollmächtigten stattfindet. Bei der U. hört der Lauf einer jeden Frist auf; nach Beendigung der U. (durch »Aufnahme des Verfahrens«, s. d.) beginnt die volle Frist von neuem zu laufen. Die U. ist wohl zu unterscheiden von der durch Gerichtsbeschluß angeordneten Aussetzung des Verfahrens (s. d.) und von dem durch den Willen der Parteien herbeigeführten Sühneverfahren (s. d.). Die österreichische Zivilprozeßordnung enthält in den § 155–167 bezüglich der U. ähnliche Vorschriften wie die deutsche. Nach § 162 kann die U. auch (wegen zufälliger Verhinderung der Partei) durch Gerichtsbeschluß angeordnet werden. Wegen der U. im Strafprozeß s. Aussetzung des Verfahrens.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 935.
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