Vermutung

[89] Vermutung (Präsumtion). Das frühere Recht unterschied Beweisvermutungen (praesumtiones facti) und Rechtsvermutungen; das geltende Recht kennt nur die letztern. Diese Rechtsvermutungen (praesumtiones juris), d. h. die Annahme, daß unter bestimmten Voraussetzungen bis zum Beweise des Gegenteils eine Tatsache als gewiß anzusehen ist, kennt das Bürgerliche Gesetzbuch in einer Reihe von Fällen. So wird z. B. bei einem während bestehender Ehe gebornen Kinde vermutet, daß der Mann innerhalb der Empfängniszeit der Frau beigewohnt habe; die Todeserklärung (s. d.) begründet die V., daß der Verschollene in dem Zeitpunkt gestorben ist, den das die Todeserklärung aussprechende Urteil feststellt. Unwiderlegbare Vermutungen (praesumtiones juris et de jure), d. h. Vermutungen, gegen die kein Gegenbeweis stattfindet, kennt das Bürgerliche Gesetzbuch nicht. Vgl. Hedemann, Die V. nach dem Recht des Deutschen Reiches (Jena 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 89.
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