[2] Kind (Infans), der Mensch von seiner Geburt bis zu seiner geschlechtlichen Entwickelung (s. Pubertät), die aber bei dem einen Individuum früher als bei dem andern eintritt. Man unterscheidet folgende Abschnitte des Kindesalters, der Kindheit (infantia, aetas infantilis): das Alter des Neugebornen, die ersten 5 bis 6 Tage nach der Geburt bis zum Abfall der Nabelschnur; das Alter des Säuglings, bis zum 9. oder 12. Lebensmonat reichend und mit dem Entwöhnen des Kindes endigend; das eigentliche Kindesalter, vom 1.7. Lebensjahr, wo der Zahnwechsel beginnt; das Jugendalter, vom 7. Lebensjahr bis zum Eintritt der Mannbarkeit. Zu früh geborne Kinder sterben häufig, weil sie nicht imstande sind, die für den menschlichen Organismus nötige Körperwärme aufrecht zu erhalten. Bei so kleinen Kindern ist die Körperoberfläche im Verhältnis zur Körpermasse sehr groß, daher die Wärmeabgabe verhältnismäßig sehr bedeutend; die Wärmeproduktion aber ist in den noch unentwickelten Organen verhältnismäßig niedrig. Man hat deshalb zur Erhaltung solcher Kinder Brutapparate (Couveusen) von verschiedener Konstruktion angewendet. Einer der einfachsten ist die Credésche Wärmewanne, ein Gefäß mit doppelten Wänden und Boden, zwischen die Wasser von 50° gefüllt und so der Innenraum auf eine Temperatur von etwa 3436° gebracht wird. Einfach ist auch die Thermophor-Couveuse von Fürst. Die neuern Konstruktionen von Tarnier, Lion u. a. haben Regulationsvorrichtungen, die gestatten, die Temperatur des Raumes, in dem das K. liegt, auf eine bestimmte Temperatur einzustellen und letztere festzuhalten. Die Resultate dieser Behandlung in Brutkasten sind sehr günstig. Die Sterblichkeit der Kinder, die mit einem Körpergewicht unter 2000 g geboren wurden, sank von 66 auf 30 Proz. Zweck hat die Couveuse nur so lange, bis die Kinder ihre normale Temperatur selbständig erhalten können. In manchen großen Städten sind bereits eigne Institute (Kinderbrutanstalten) errichtet worden. Die Frage, ob es zweckmäßig ist, derartig lebensschwache Kinder künstlich zu erhalten, ist mit einem runden Ja zu beantworten, da ja vielfach die Kinder nur zu früh geboren sind, aber sonst ganz normal sein können Auch hat die Erfahrung bereits gelehrt, daß diese Kinder, wenn man sie über die kritische Zeit hinwegbringt, sich später ganz normal und kräftig entwickeln können. Ein reifes neugebornes K. hat durchschnittlich eine Körperlänge von 4550 cm und ein Gewicht von 33,5 kg. Knaben sind in der Regel größer und schwerer als Mädchen. Alle Teile des Körpers sind gehörig voll und abgerundet. Die Nägel sind hornartig und ragen an den Fingern über die Spitzen hervor. Die Ohren sind hart und knorpelig, die Brüste gewölbt, die Brustwarzen etwas hervorstehend. Die Hoden des männlichen Kindes befinden sich gewöhnlich im Hodensack. Der Kopf ist mit Haaren bedeckt, an den Augen sieht man Augenbrauen und Wimpern. Das Gesicht ist im Verhältnis zum Schädelgewölbe sehr klein und niedrig, die Nase klein und kurz; die Kinnladen sind niedrig, die Augen groß, die Kopfknochen in den Nähten schwach beweglich. Der Kopf ist verhältnismäßig groß und sitzt auf einem dünnen, kurzen Hals. Die Bauchhöhle ist verhältnismäßig länger als der Brustkasten. Die Gliedmaßen sind im Verhältnis zum Rumpfe von geringerm Umfang, Hände und Füße verhältnismäßig klein und kurz. Bei einem zu früh gebornen K. sind die Gliedmaßen schmächtig, welk, mager; die Haut ist nicht gleichmäßig über den Körper gespannt, sondern faltig, runzelig, rot und mit Wollhaaren besetzt. Der Kopf ist auffallend groß im Vergleich zum übrigen Körper; seine Knochen sind nicht fest, Fontanellen und Nähte weit, die Kopfhaare weiß, sein, zart, die Ohren dünn, häutig, am Kopf anliegend. Die Hoden sind gewöhnlich nicht im Hodensack. Gewicht und Länge richten sich nach dem Fruchtmonat, in dem das K. geboren, sind aber selbstverständlich geringer als die oben angegebenen Gewichte und Maße. Fig. 1 auf der Tafel »Gewebe des Menschen« zeigt einen Längsschnitt durch die mittlere Zehe eines menschlichen Embryos. Als Bekleidung der freien Oberfläche erscheint das Epithelgewebe, auf der obern Seite des Endgliedes sitzt der Nagel, der noch sehr klein ist, aber doch schon eine Sonderung erfahren hat, indem sich in dem Präparat der Nagelfalz von ihm abheben und eine künstliche Höhle schaffen konnte. Auf der Unterseite erkennt man zahlreiche Schweißdrüsen. Zwischen Nagel- und Mittelglied ist die rings geschlossene Gelenkhöhle bezeichnet. Die Zehenknochen (Phalangen) sind in der ersten Anlage knorpelig, von einer Beschaffenheit, wie sie sich in der Zeichnung nur noch an den Gelenkenden findet: eine gleichmäßige Grundsubstanz mit vielen durch die Punktierung veranschaulichten Zellen. Die Verknöcherung beginnt mit dem Hineinwachsen einer Gefäßschlinge ungefähr in der Mitte des Knorpels, die sich nach den Gelenkenden zu ausbreitet und eine mit Mark gefüllte Höhle schafft. Gleichzeitig hat die bindegewebige Hülle des Knorpels, die spätere Beinhaut, angefangen, den periostalen Knochen der Rinde zu bilden. Die Verknöcherungsgrenze des aus dem Knorpel entstehenden Knochens ist geradlinig, die Bälkchen des Knorpelknochens sind spärlich. Im Knorpel selbst werden in der Knorpelerweichungszone die Zellen großblasig und ordnen sich in Säulen an, wie es die Zeichnung sehr deutlich zeigt. In der hellen Zone gegen die Verknöcherungsgrenze findet die erste, provisorische Verkalkung statt. Über die Lebensfähigkeit zu früh geborner Kinder s. Lebensfähigkeit.
Nach dem Abnabeln des neugebornen Kindes, d. h. nach dem Durchschneiden der vorher unterbundenen Nabelschnur, beginnt sofort die Atmung des Kindes als das wichtigste Zeichen des neuen Lebens. Hierdurch erweitert sich der Brustkasten, die Brust wird stärker gewölbt, ihr Durchmesser vergrößert. Das Zwerchfell drängt sich beim Atmen gegen die Bauchhöhle, wodurch es den Anschein gewinnt, als atmete das K. vorzugsweise mit dem Bauch; in Wirklichkeit ist aber sein Atemtypus vorwiegend thorakal. Die bei dem Fötus sehr kleinen, luftleeren Lungen werden bei kräftigem Einatmen in wenigen Minuten von Luft angefüllt, das Lungengewebe wird dadurch aufgelockert[2] und bedeutend vergrößert, feine dunkel blaurote Färbung verwandelt sich in eine hell zinnoberrote. Lungen, die geatmet haben, bleiben auch nach dem Tode des Kindes lufthaltig und schwimmen deshalb auf dem Wasser. Die Lungen von Kindern, die nicht geatmet haben, sinken im Wasser unter. Die Atmung des Neugebornen zeigt noch sehr unregelmäßigen Rhythmus und wechselnde Tiefe, ihre Frequenz beträgt durchschnittlich 62 in der Minute. Auch der Blutumlauf bekommt mit der Respiration eine andre Richtung. Sobald das K. geatmet hat, verkündet es gewöhnlich durch lautes Schreien sein Dasein. Zu früh geborne Kinder geben in der Regel nur einen wimmernden Ton von sich. Bald nach dem ersten Schreien schläft das K. ein und schläft, wenn es gesund ist und keine äußere Störung eintritt, so lange fort, bis es Bedürfnis nach Nahrung empfindet.
Wenn das K. zur Welt kommt, ist es, namentlich reichlich in den Weichen, in den Achselhöhlen, in den Kniebeugen, hinter den Ohren etc., mit einer gelblichen, seifenartigen Schmiere (Kindsschleim, Smegma, Vernix caseosa) überzogen, die aus einem Gemenge von Hauttalg und Oberhautzellen besteht. Die rötliche Färbung der Haut der Neugebornen blaßt in den ersten Tagen nach der Geburt nach und nach ab. Die Epidermis ist kurz nach der Geburt zart, weich, sehr wenig fest, wird aber bald trocken und schuppt sich ab. Der an dem K. gebliebene Rest der Nabelschnur fängt gewöhnlich schon 1218 Stunden nach der Geburt an, welker zu werden, und trocknet allmählich ein. Nach vollständiger Vertrocknung, zwischen dem 4. und 6. Tag, stößt sich der Nabelstrangrest vom Nabel des Kindes los. Die Muskeln des Neugebornen sind noch sehr wenig entwickelt, weshalb seine Bewegungen sehr beschränkt sind; nur die zum Saugen dienenden Muskeln sind vollkommen ausgebildet. Das Knochensystem ist noch sehr unvollkommen. Die Epiphysen der Röhrenknochen bestehen noch aus Knorpeln und die meisten platten Knochen aus mehreren Stücken, zwischen denen sich noch Bindegewebe oder Knorpelmasse befindet. Die Knochenmasse selbst ist weniger kompakt und viel gefäßreicher als beim Erwachsenen. Die Kopfknochen bestehen teilweise noch aus mehreren Stücken und haben die Fontanellen und Nähte zwischen sich, so daß die Knochenränder sich nicht, wie bei dem Erwachsenen, berühren. Wo die Stirn-, die Kronen- und die Pfeilnaht zusammentreffen, bildet sich ein viereckiger Raum, die große oder vordere Fontanelle. Wo die Pfeilnaht und die Hinterhauptsnaht zusammentreffen, wird ein kleiner, dreieckiger knochenfreier Raum gebildet, die kleine oder hintere Fontanelle. Die knochenfreien Stellen zwischen dem Seitenwandbein, dem Keil- und Schläfenbein und die zwischen dem Hinterhaupts-, dem Schläfen- und Seitenwandbein auf jeder Seite nennt man Seitenfontanellen. Die Beckenknochen bestehen bei dem neugebornen K. aus drei Stücken, dem Hüftbein, dem Sitzbein und dem Schoßbein. Diese drei Stücke sind durch Knorpel miteinander verbunden und vereinigen sich da, wo die Pfanne liegt. Das Gehirn des Neugebornen ist weicher als bei dem Erwachsenen und verhältnismäßig größer. Hirnhäute und Gehirn sind reich an Blutgefäßen. Das Rückenmark und die einzelnen Nervenfäden sind ebenfalls verhältnismäßig stärker als bei dem Erwachsenen.
Das Blut des Neugebornen hat einen größern Gehalt von roten und weißen Blutkörperchen als im spätern Alter, und zwar ist besonders die Zahl der letztern sehr hoch. Neben den gewöhnlichen Formen kommen auch vielfach kernhaltige rote Blutkörperchen (embryonale Formen) darin vor. Die Zahl der Herzschläge ist unmittelbar nach der Geburt sehr hoch (150190 in der Minute), sinkt aber bereits nach 1/4 bis 1 Stunde auf etwa 100, um später allmählich wieder anzusteigen. Die Absonderung der Verdauungssäfte ist in der ersten Lebenszeit nur gering; im Speichel ist das Stärke in Zucker verwandelnde Enzym zunächst noch gar nicht oder nur in sehr geringer Menge vorhanden; der Magensaft aber enthält bereits die zur Verdauung von Eiweiß notwendigen Bestandteile, Salzsäure und Pepsin sowie auch das Labferment. Die Gallenabsonderung, die bereits beim Fötus vorhanden ist, wird durch die erste Nahrungsaufnahme erheblich gesteigert. Die Körpertemperatur des neugebornen Kindes ist um 0,10,6° höher als die der Mutter und beträgt 37,537,9°; anfangs sinkt sie ab, um später wieder zu steigen. Weit größer wie beim Erwachsenen ist ihre Labilität; die Wärmeregulation bildet sich erst allmählich aus. Die Stoffwechselvorgänge des Kindes sind qualitativ dieselben wie beim Erwachsenen; in quantitativer Beziehung sind aber große Unterschiede vorhanden, da der Stoffumsatz des Kindes weit größer ist. Dies spricht sich besonders in der weit höhern Kohlensäureausscheidung aus. Während ferner beim Erwachsenen der im Eiweiß der Nahrung enthaltene Stickstoff im Harn und Kot wieder erscheint, wird beim K. ein beträchtlicher Teil desselben im Körper zurückgehalten, findet also ein Eiweißansatz statt.
Schon im intrauterinen Leben wird Harn gebildet. Daher ist die Harnblase des Neugebornen bereits mit Harn gefüllt und wird in kurzen Zwischenräumen entleert. Die Ausscheidung von Harn ist beim K., entsprechend der ausschließlichen Ernährung mit der wasserreichen Milch, relativ weit größer als beim Erwachsenen. Der Harn, der anfangs wasserhell und von ganz schwachem Geruch ist, wird nach und nach mehr gefärbt und konzentrierter; er ist fast immer sauer und hat ein durchschnittliches spezifisches Gewicht von 10031004. Auffallend ist sein reichlicher Gehalt an Harnsäure. Bald nach der Geburt erfolgt der erste Stuhlgang. Dabei wird das grünlichschwarze Kindspech (Meconium, s. Kindspech) entleert. Erst nach 34 Tagen ist der entleerte Kot davon frei. Die einzelnen Sinne sind bei dem neugebornen K. noch wenig ausgebildet. Am meisten scheint der Geschmackssinn entwickelt zu sein, denn gleich nach der Geburt gibt das K. unverkennbare Merkmale, daß es auf Geschmacksreize reagiert; doch bleibt zweifelhaft, ob ihm bereits die verschiedenen Geschmacksqualitäten zum Bewußtsein kommen. Wohl- und Übelgerüche unterscheidet das neugeborne K. nicht. Der Gehörssinn des neugebornen Kindes scheint noch unentwickelt zu sein, denn es gibt selbst bei großem Geräusch kein Zeichen der Wahrnehmung. Der Gesichtssinn ist ebenfalls noch stumpf. Zwar reagiert das neugeborne K. auf Lichteinfall durch Verengerung der Pupillen und durch Schließung der Lider; aber das Auge richtet sich noch nicht nach äußern Objekten, es fixiert nicht. Die Bewegungen der beiden Augen sind noch ungeordnet und entbehren der harmonischen Übereinstimmung, so daß der Neugeborne oft schielt. Die Regenbogenhaut aller Neugebornen hat eine dunkelblaue Färbung. Hinsichtlich der Nahrung des Kindes s. Kinderernährung. Das Gewöhnen an Regelmäßigkeit im Essen, das Aushalten in reiner, warmer, freier Luft, das Schlafen in luftigen und lichten Räumen, die Übung der Sinne, Sprache und Bewegungen,[3] eine ganz allmählich steigende Abhärtung sind die Hauptmomente der physischen Erziehung des Kindes. Über die weitere Entwickelung des Kindes s. Artikel »Alter«, wo (S. 385 f.) auch das Nötige über die Rechtsverhältnisse der Kinder gesagt ist (vgl. auch Elterliche Gewalt), und Wachstum des Kindes, über die Entwickelung der geistigen Fähigkeiten s. Kinderpsychologie und Psychogenesis. Weiteres in den Artikeln: »Kindergärten, Kinderheilstätten, Kinderkrankheiten, Kindersterblichkeit, Kinderschutz« etc. Vgl. Bednar, Kinderdiätetik (Wien 1857); Vierordt, Physiologie des Kindesalters (Tübing. 1877); Fürst, Das K. und seine Pflege (5. Aufl., Leipz. 1897); Krug, Die Kindererziehung für das erste Lebensjahr (2. Aufl., das. 1884); Brücke, Wie behütet man Leben und Gesundheit des Kindes? (4. Aufl., Wien 1892); Stratz, Der Körper des Kindes (Stuttg. 1903); Ploß, Das K. in Brauch und Sitte der Völker (2. Aufl., Leipz. 1884, 2 Bde.); Boesch, Kinderleben in der deutschen Vergangenheit (das. 1900).
In rechtlicher Beziehung versteht man unter Kinder die in gerader Linie (durch direkte Zeugung) von einem Elternpaar abstammenden Menschen. Je nach dem Grade der Abstammung spricht man von Kindern, Kindeskindern etc. Man unterscheidet eheliche Kinder und uneheliche, die erstern sind die von einem Ehemann mit seiner Ehefrau erzeugten, die letztern die von einem Weib nicht mit ihrem Ehemann gezeugten Kinder. Zu den ehelichen Kindern rechnet das Gesetz (§ 1591 des Bürgerlichen Gesetzbuches) auch die Kinder, die nach Eingehung der Ehe oder innerhalb 302 Tagen nach ihrer Auflösung geboren, obwohl der Frau innerhalb der Empfängniszeit (s. d.) außer ihrem Mann auch noch andre Männer beigewohnt haben, es sei denn, daß die Frau nach Lage der Umstände unmöglicherweise das K. von dem Ehemann empfangen haben kann, z. B. es befindet sich der Mann nachweisbar seit Jahresfrist im Feldzuge gegen die Herero. Aber auch in diesem offensichtlichen Falle der Unmöglichkeit einer Erzeugung durch den Ehemann kann doch nur dieser die Ehelichkeit anfechten, und zwar nur binnen Jahresfrist, gerechnet von dem Tage, an dem er von der Geburt des Kindes Kenntnis erhalten hat (§ 1594). Ist er vor Ablauf dieser Frist gestorben, so kann unter bestimmter Voraussetzung jeder Dritte sowie das K. selbst die Ehelichkeit anfechten. Die Unehelichkeit von nicht während der Ehe oder innerhalb 302 Tagen nach Auflösung der Ehe gebornen Kindern kann jedermann, der daran ein berechtigtes Interesse hat, anfechten. Bei Lebzeiten des Kindes erfolgt die Anfechtung durch Erhebung einer Anfechtungsklage gegen das K., nach dessen Tod durch Anfechtungserklärung gegenüber dem Nachlaßgericht. Nach Ablauf der obengenannten Frist und nach einmal erfolgter Anerkennung des Kindes nach der Geburt seitens des Vaters ist die Anfechtung ausgeschlossen. Eine besondere Bestimmung trifft das Gesetz (§ 1600) bezüglich der Kinder, die von einer Frau geboren werden, die sich kurz nach Auflösung ihrer Ehe wiederverheiratet hat. Konnte ein solches K. nach dem Vorhergesagten mit Rücksicht auf die Empfängniszeit sowohl ein eheliches K. des ersten als des zweiten Mannes sein, so gilt es, wenn es innerhalb 270 Tagen nach Auflösung der ersten Ehe geboren wurde, als K. des ersten Mannes, wenn es später geboren, als K. des zweiten. Mit der Geburt tritt das eheliche K. in die Familie des Vaters ein und erhält dessen Familiennamen; den Vornamen zu wählen ist der Vater allein berechtigt. Solange das K. minderjährig ist, steht es unter Elterlicher Gewalt (s. d.). Die Kinder können vom Vater, solange sie nicht imstande sind, sich selbst zu ernähren, Unterhalt verlangen und eine der sozialen Stellung des Vaters entsprechende Erziehung. Dagegen hat das K., solange es dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern unterhalten wird, die Verpflichtung, den Eltern im Hauswesen und Geschäft je nach den Verhältnissen der Eltern zu helfen. Will sich ein Sohn selbständig machen, so hat er Anspruch auf eine Ausstattung, will eine Tochter heiraten, so kann sie eine Aussteuer (s. Ausstattung) verlangen. Kinder aus einer nichtigen Ehe (s. Ehe, S. 405) gelten als eheliche, falls nicht beide Ehegatten die Nichtigkeit bei der Eheschließung gekannt haben; beruht die Nichtigkeit jedoch auf einem Formmangel oder ist die Ehe nicht im Heiratsregister eingetragen, so gelten die aus ihr hervorgegangenen Kinder in allen Beziehungen als uneheliche Kinder.
Das uneheliche K. ist rechtlich nur mit der Mutter und deren Verwandten verwandt, nicht aber mit dem unehelichen Vater; wohl aber begründet die natürliche zwischen ihnen bestehende Verwandtschaft ein Ehehindernis. Als Vater gilt, wer der Mutter innerhalb der Empfängniszeit (s. d.) beigewohnt hat, es sei denn, daß ihr innerhalb dieser Zeit auch ein andrer nachweisbar beigewohnt (exceptio plurium concumbentium oder constupratorum) und auch aus dieser Beiwohnung das K. hervorgegangen sein kann (§ 1717). Da das Bürgerliche Gesetzbuch keine Verwandtschaft des unehelichen Kindes mit seinem Vater anerkennt, darf es nur den Familiennamen der Mutter führen, den Namen des unehelichen Vaters dagegen darf es auch mit dessen Einwilligung nicht führen (vgl. jedoch Ehelichkeitserklärung). Wohl aber kann der Ehemann der Mutter durch Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde (Standesamt) mit Einwilligung der Mutter und des Kindes, bez. des gesetzlichen Vertreters, dem K. seinen Namen geben. Diese Erklärungen müssen jedoch in öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden (§ 1706). Den Vornamen des unehelichen Kindes wählt die Mutter, da ihr die Sorge für die Person des Kindes zusteht. Dagegen steht ihr nicht die Elterliche Gewalt (s. d.) zu, und ebensowenig ist sie zur Vertretung des Kindes berechtigt; hierzu ist dem unehelichen K. ein Vormund zu bestellen, wozu allerdings auch die uneheliche Mutter ernannt werden kann. Hinsichtlich des Erbrechts gilt das uneheliche K. gegenüber der Mutter als eheliches, es besteht also zwischen beiden ein wechselseitiges Intestaterbrecht (s. d.), dem unehelichen Vater gegenüber hat es unter keinen Umständen ein Erbrecht, wohl aber einen Anspruch auf Unterhalt. Diese Unterhaltspflicht, die den gesamten Lebensbedarf, Erziehungs- und Ausbildungskosten sowie eventuell die Beerdigungskosten umfaßt, obliegt dem Vater bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres seitens des Kindes u. bemißt sich nach der Lebensstellung der Mutter. Ist das K. bei Vollendung des 16. Lebensjahres noch unterhaltsbedürftig, so dauert die Unterhaltspflicht fort. Nicht dagegen lebt aber die Unterhaltspflicht wieder auf, falls das K. nach Ablauf der 16jährigen Frist wieder unterhaltsbedürftig wird. In erster Linie sind der Vater, dann die Mutter und falls auch diese hierzu nicht fähig ist, die mütterlichen Verwandten unterhaltspflichtig. Zu leisten ist der Unterhalt in einer für drei Monate vorauszubezahlenden Geldrente. Leistet der Vater für einen größern Zeitraum voraus, so wird er[4] dadurch nicht befreit. Hat das K. den Beginn des Vierteljahres erlebt, so ist die volle Vierteljahrsrente fällig. Eine Verjährung der einzelnen Rentenbeträge tritt erst nach vier Jahren ein. Da der Unterhaltsanspruch nicht mit dem Tode des Vaters erlischt, geht er als Nachlaßverbindlichkeit auf die Erben über, die berechtigt sind, das K. mit dem Betrag abzufinden, den es, falls es ein eheliches K. wäre, als Pflichtteil (s. d.) verlangen könnte. Mit dem Tode des Kindes erlischt der Unterhaltsanspruch, soweit es sich nicht um bereits fällige Rentenbeträge handelt. Vertragliche Vereinbarungen zwischen Vater und K. über Regelung der Unterhaltspflicht bedürfen der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Der Kindsmutter hat der Vater auf jeden Fall die Kosten der Entbindung sowie sechswöchentliche Kindbettkosten zu zahlen, überhaupt für alle infolge der Schwangerschaft oder Entbindung notwendig gewordenen Aufwendungen und deren Kosten auszukommen. Innerhalb vier Jahren nach Ablauf einer sechswöchigen Frist nach erfolgter Geburt verjährt der Ersatzanspruch. Zur Sicherung der Mutter kann durch einstweilige Verfügung dem Kindsvater auferlegt werden, schon vor der Geburt den Unterhaltsbetrag für die ersten drei Monate zu hinterlegen. Beseitigt wird die Unehelichkeit durch Legitimation (s. d.) oder durch Annahme an Kindes Statt (s. d.). Eheliche und uneheliche Kinder sind bis zum vollendeten 7. Lebensjahr geschäftsunfähig, von da bis zum vollendeten 21. Lebensjahr (Großjährigkeit) beschränkt geschäftsfähig (s. Geschäftsfähigkeit). Ein Testament kann ein K. erst nach vollendetem 16. Lebensjahr errichten. Über den sonstigen Einfluß des Alters s. d. Vgl. Knitschky, Das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern (Berl. 1899).
Brockhaus-1911: Kind [2] · Kind
DamenConvLex-1834: Kind, Friedrich · Kind
Herder-1854: Kind [2] · Kind [1] · Heinrich das Kind
Meyers-1905: Kind [2] · Kind und Kegel · Kind folgt der ärgern Hand
Pataky-1898: Kölla-Kind, Frau W. Stäfa · Kind, Joh. Louise · Kind, Friederike Roswitha
Pierer-1857: Todtgeborenes Kind · Kind · Kind [2] · Angewünschtes Kind · Kind [1]
Buchempfehlung
Nach 25-jähriger Verbannung hofft der gealterte Casanova, in seine Heimatstadt Venedig zurückkehren zu dürfen. Während er auf Nachricht wartet lebt er im Hause eines alten Freundes, der drei Töchter hat... Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht.
82 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro