Verwitterung

[122] Verwitterung, die durch die Atmosphärilien (Wasser und Luft) verursachte Veränderung der Mineralien und Gesteine, bei der mit allmählichem Verlust von Bestandteilen kein andrer Ersatz als die Aufnahme von Sauerstoff, Kohlensäure und Wasser, zugleich aber ein Verlust der Konsistenz und selbst der Form verbunden ist (einfache V.). Die V. beginnt in der Regel an der Oberfläche und greift, auf den Spalten und Klüften vordringend, immer weiter um sich, bis das Mineral oder Gestein zu Grus, Sand oder Lehm zerfällt, der vom Regenwasser fortgespült wird. In den ersten Stadien erscheint die V. als eine bloße Verfärbung oder Bleichung. Dunkle, durch organische Substanzen gefärbte Gesteine werden weiß oder hellgrau; grüne, eisenoxydulhaltige werden rot und braun, indem sich Eisenoxyd oder Eisenhydroxyd bildet. Glasige Gesteine werden durch neu entstehende kristallinische Ausscheidungen matt und undurchsichtig. In manchen Fällen bilden sich auflösliche Salze, die als Effloreszenzen auftreten, oder es entstehen Metalloxyde, besonders von Eisen und Mangan, die sich auf Klüften und Fugen als Anflug, als Überzug oder in der Form von Dendriten ablagern. Andre Gesteine, wie Granit, Syenit und Gneis, lockern sich auf und zerfallen. Weit wichtiger sind aber die tiefer eingreifenden Zerstörungen, die viele Gesteine dadurch erleiden, daß gewisse ihrer Bestandteile im Laufe der Zeit einer chemischen Zersetzung unterliegen. Während manche Gesteinsgemengteile, wie die Karbonate, sich nach und nach ganz auflösen, werden andre, wie Feldspat, Augit, Olivin, zuweilen so angegriffen, daß nur gewisse ihrer Bestandteile sich lösen oder gegen Bestandteile der die V. hervorrufenden Lösung ausgetauscht werden (sogen. komplizierte V.). So entstehen aus Orthoklas Kaolin und Muskovit, aus Leuzit und Nephelin Zeolithe. Kein Gestein vermag der V. vollkommen zu widerstehen; dieselbe ist je nach der mineralogischen oder chemischen Zusammensetzung und nach dem Vorkommen der Gesteine sehr verschieden und in den Tropen im allgemeinen intensiver als in den gemäßigten und kältern Zonen (vgl. Laterit und Insolation). Eine sehr vollständige Übersicht der Vorgänge bei der V. der einzelnen Mineralien gibt J. Roth in seiner »Allgemeinen und chemischen Geologie« (Bd. 1, Berl. 1879).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 122.
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