Viotti

[182] Viotti, Giovanni Battista, Violinspieler und Komponist, geb. 23. Mai 1753 zu Fontanetto in Piemont, gest. 3. März 1824 in London, Sohn eines musikalischen Hufschmiedes, der ihm den ersten Unterricht erteilte, bis ihn ein hoher Gönner in Turin durch Pugnani (s. d.) ausbilden ließ. 1780 trat er seine erste Kunstreise an und besuchte Deutschland, Rußland, Polen, Frankreich und England, überall Enthusiasmus durch sein gediegenes Spiel hervorrufend. In Paris gab er, beleidigt durch ein schlecht besuchtes Konzert, plötzlich das Konzertspiel auf, wurde aber von Marie Antoinette als Akkompagnist angestellt und war, nachdem er diese Stellung durch Etikettenverstöße verscherzt, einige Zeit Kapellmeister des Herzogs von Soubise. 1788 verband er sich mit Léonard, dem Friseur der Königin, zur Errichtung einer italienischen Oper; doch scheiterte das Unternehmen durch den Ausbruch der Revolution, und V. sah sich genötigt, nach London zu gehen, wo er einigemal im Konzert auftrat. Von den Emigranten als Spion der Revolutionspartei verdächtigt, zog er sich nach Hamburg zurück, wo er in einem Landhaus bis 1795 lebte, lehrte dann nach London zurück und lebte hier 20 Jahre in beschaulicher Ruhe. Mit seinen Ersparnissen hatte er sich an einem Weinhandel beteiligt, dessen Erträgnis ihm eine bescheidene Existenz sicherte. 1818 ging er von neuem nach Paris und übernahm 1819 die Leitung der Großen Oper, deren Verfall er aber nicht aufhalten konnte. Mit einer Pension entlassen, ging er abermals nach London. V. schrieb außer Violinsonaten, Streichtrios, Streichquartetten und andern Kammermusikwerken 51 Violinduette, 29 Violinkonzerte, 2 Konzertanten für zwei Violinen und Orchester, welche bis heute ihren Wert behalten haben. V. übertrug die Traditionen der[182] berühmten italienischen Geigerschule des 18. Jahrh. nach Frankreich und wurde durch seine Schüler Rode und Baillot der Begründer der französischen Schule.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 182-183.
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