Zellulārpathologie

[880] Zellulārpathologie, die Lehre, welche die Entstehung und das Wesen der Krankheiten von der Tätigkeit der Elementarbestandteile des Körpers, der Zellen, abzuleiten sucht. Es standen sich von alters her zwei Parteien gegenüber. Die Anhänger der Humoralpathologie sahen die Säfte (humores) des menschlichen Körpers als den Ausgangspunkt der Krankheiten an, während die Anhänger der Solidarpathologie die festen Teile (sonda) des Körpers, vor allen Dingen aber die Nerven als Ausgangspunkt der Krankheit, als das bei jeder Krankheit zuerst Ergriffene hinstellten und meinten, daß die krankhaften Veränderungen der Säfte erst durch die Nerven und das Gehirn bedingt würden. Die von Virchow begründete Z. ist die wissenschaftlich bestgestützte Form der Solidarpathologie, insofern, als wir bei der Mehrzahl aller Krankheiten Veränderungen der Zellen an mindestens einem Organ erkennen können. Manche Krankheiten, z. B. Diphtherie, Tetanus, haben aber ihre Ursache in Giften, die in gelöster Form im Blute kreisen, und es wird eine rein dialektische Frage, ob man sie demgemäß als humoralpathologische oder, insofern das gelöste Gift wieder die Zellen schädigt, als solidarpathologische bezeichnen soll. Vgl. Virchow, Die Z. in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre (4. Aufl., Berl. 1872). Vgl. Krankheit, S. 587.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 880.
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