Zielstrebigkeit

[919] Zielstrebigkeit, nach K. E. v. Baer die in der Entwickelung der Organismen hervortretenden Tatsachen, daß jeder augenblickliche Entwickelungszustand durch den unmittelbar vorhergehenden bedingt erscheint, und daß dabei jeder einzelne Schritt in der Fortentwickelung in der Weise geschieht, daß durch die gesetzmäßige Aufeinanderfolge derselben schließlich ein bestimmtes Ziel, nämlich der ausgebildete Organismus, erreicht wird. Wie in der Entwickelung des einzelnen Organismus, so erblickte Baer auch in der Entwickelung der gesamten Lebewelt, ja in allem Naturgeschehen den Ausdruck einer solchen Z. Diese Annahme, die später auch durch Nägeli, Kölliker, J. v. Hanstein u. a. vertreten und in verschiedenartig modifizierter Form von einer Reihe neuerer Forscher aufgenommen wurde, steht im Gegensatz zum Darwinismus, der die Entwickelung aus zufälligen Abänderungen herleitet. Baer setzte die Ausdrücke »Ziel« und »Z.« an die Stelle der Worte »Zweck« und »Zweckmäßigkeit«, um den Begriff des bewußt Gewollten, den wir unwillkürlich mit dem Worte Zweck zu verbinden pflegen, auszuschließen. Vgl. K. Ev. Baer, Über den Zweck in den Vorgängen der NaturReden und Aufsätze«, 2. Teil, Petersb. 1873–76).[919]

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 919-920.
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