[640] a priori und a posterĭori (lat.), zwei philosophische Kunstausdrücke, die sich auf die Lehre von dem Ursprung der menschlichen Vorstellungen und Erkenntnisse beziehen. Vorstellungen und Erkenntnisse, von denen man annimmt, daß sie der menschliche Geist aus sich selbst erzeuge, heißen (nach Kant) a priori, solche dagegen, die aus der Erfahrung geschöpft werden, a posteriori. Da nun die ganze Erkenntnistätigkeit des Geistes zweifellos erst durch die Erfahrung angeregt, wenn auch nicht ausschließlich bestimmt wird, so ist es natürlich schwer und auf direktem Weg unmöglich, nachzuweisen, daß irgend eine Vorstellung oder Einsicht nicht aus der Erfahrung hervorgegangen sei, es müßte sich denn ein inneres Kennzeichen finden, das die apriorischen Elemente der Erkenntnis von den aposteriorischen unterscheidet. Als solches gilt zumeist die unbedingte Allgemeinheit und unverbrüchliche Notwendigkeit, die gewissen Erkenntnissen (z. B. den mathematischen) anhaftet, und die sich bei keinem Erfahrungssatz in gleicher Weise findet. Die Bemühungen des Empirismus (s. d.), diesen Unterschied als einen bloß graduellen darzustellen, sind vergebens, dessenungeachtet läßt sich freilich der Schluß des Apriorismus anfechten, daß Aussagen wie die mathematischen Lehrsätze nur dadurch möglich sind, daß die Raumanschauung (mit Kant zu reden) »a priori im Gemüte bereit liegt«, also wenigstens der Anlage nach angeboren ist.