14. Formen von Bombus confusus, einer Hummel.
Klimatisch-örtliche Abänderung (vikariierende Formen) des Kleinen Fuchses:
5. Vanessa urticae, mitteleuropäische Form,
6. Südeuropäische Form (var. ichnusa),
7. Hochnordische Form (var. polaris).
Saisondimorphismus des Landkärtchenfalters (Vanesa levana):
8. Sommerform Vanessa prorsa,
9. Winterform Vanessa levana.
Geschlechtsdimorphismus bei einem Schmetterling:
10. Ancyluris inca, Weibchen.
11. Ancyluris inca, Männchen.
Bei einem Käfer:
12. Phanaeus festivus, Weibchen.
1316. Phanaeus festivus, Formen der Männchen, mit ihrem sehr veränderlichen geschlechtlichen Abzeichen (Hörnerformen etc.).
Bastardierung.
17. Primula auricula Eltern von:
18. Primula hirsuta Eltern von:
19. Primula pubescens (Stammform der Gartenaurikel).
Anpassung an das Wasserleben, durch Ausbildung von Schwimm-, Ruder-, Wasseratmungs- und Verankerungs-Einrichtungen.
20. Bei der Wassernuß (Trapa natans),
21. deren Frucht.
22. Beim Wasserhanenfuß (Ranunculus aquatilis).
23. Bei der Eintagsfliege (Ephemera vulgata),
24. deren Kiemenlarve.
25. Beim Rückenschwimmer (Notonecta glauca).
Anpassung das Schmarotzerleben.
26. Lathraea squamaria.
27. Monotropa hypopitys, mit Habitusähnlichkeit durch gleichgerichtete (konvergente) Züchtung.
Die Anlage sich zu verändern (Variabilität), ist bei manchen Arten der Pflanzen und Tiere größer als bei andern; während die einen immer dasselbe Aussehen zeigen, haben Botaniker und Zoologen von andern ganze Reihen von Formen zu beschreiben, die dann häufig feststehende Beziehungen zum Standort oder bevorzugten Aufenthalt zeigen und als Berg-, Wiesen-, Wald-, Polar-, Wüstenformen etc. beschrieben werden. Eine besonders große Neigung zur Variation zeigen die Haustiere und Kulturgewächse, die meist durch Bastardierung entstanden sind, wie z.B. die Gartenaurikeln, die aus dem schon im Freien vorkommenden Bastard (Primula pubescens, Fig. 19) zweier in den Alpen heimischer Primeln (Primula hirsuta, Fig. 18, und Primula auricula, Fig. 17) gezüchtet wurden. Von den im Freien vorkommenden Bastarden sind namentlich die Disteln, Habichtskräuter, Brombeeren und Weiden durch ihren Formenreichtum bekannt. Aber auch reine Arten entfalten oft Vielgestaltigkeit (Polymorphie), z.B. eine einheimische Hummel (Bombus confusus, Fig. 14), die in der Färbung und Zeichnung des Hinterleibes ihrer Männchen, Weibchen und Arbeiter so viel Mannigfaltigkeit zeigt, daß man leicht ein Dutzend verschiedener Formen unterscheiden kann. Bei gesellig lebenden Insekten, z.B. Ameisen und Termiten, sind oft durch Arbeitsteilung viele sehr verschieden aussehende Nestgenossen entstanden, nämlich außer den Männchen, Weibchen und verschiedenen Arbeiterformen noch mannigfache Soldaten- und Aufseherformen, so daß manchmal bei Termiten bis zu 20 Formen in einem Neste vorkommen.
Einen direkt abändernden Einfluß äußern Klima- und Temperaturverhältnisse der Umgebung und andre wechselnde Faktoren. Ein solcher zeigt sich z.B. bei dem sogen. Saisondimorphismus (s.d.) der Schmetterlinge, bei denen nämlich aus überwinternden Puppen Formen hervorgehen, die durch Färbung und Flügelschnitt von der Sommerbrut sehr verschieden sind, wie z.B. bei unsern Landkärtchenfaltern (Vanessa levana und Vanessa prorsa, Fig. 9 u. 8), die früher als verschiedene Arten galten, bis sie als Jahreszeitenformen ein und derselben Art erkannt wurden. Durch Einwirkung höherer oder niederer Temperaturen bei der Larvenentwickelung u. Verpuppung verschiedener Schmetterlinge können solche Formen auch künstlich erzeugt werden, z.B. bei unserm Kleinen Fuchs (Vanessa urticae, Fig. 5), wobei dann die durch höhere Wärme erzielte Form dem südeuropäischen Fuchs (Vanessa ichnusa, Fig. 6), die durch Einlegung der Puppen in ein Eisspind erzielte Form mehr dem Polarfuchs (Vanessa polaris, Fig. 7) gleicht. Wir dürfen darin Anfänge klimatischer Abarten sehen, die gewöhnlich, weil sie in ihrer Heimat beständig sind, als gute Arten gelten resp. als vikariierende Arten bezeichnet werden, weil sie sich in den verschiedenen Himmelsstrichen gegenseitig vertreten.
Die durch Versetzung in eine andre Umgebung oder durch Nahrungsmangel erzwungenen Anpassungen an eine verschiedene Lebensweise haben allmählichere Gestaltenwechsel zur Folge. Bei der Anpassung von Pflanzen an das Wasserleben wandeln sich die Blätter teils in Schwimmblätter um, wobei durch lufterfülltes Schwammgewebe in den Stengeln oder durch größere Hohlkörper (Schwimmblasen) das ganze Gewächs an der Oberfläche erhalten wird, weil die Blütenbestäubung meist in der Luft, also über dem Wasser, erfolgt. Die untergetauchten Blätter dagegen teilen sich meist in schmale Zipfel, wie die Kiemen der Wassertiere, um den im Wasser gelösten Gasen (Kohlensäure und Sauerstoff) mehr Berührungspunkte für Assimilation und Atmung zu bieten. Beispiele geben z.B. die Wassernuß (Trapa natans, Fig. 20) und der Wasserhahnenfuß (Ranunculus aquatilis, Fig. 22); die Frucht der erstem Pflanze (Fig. 21) hat sich zur Ankerform gebildet, so daß sie im Schlamme festhaftet. Bei Insekten, deren Larven im Wasser ihre Entwickelung durchmachen, wie der Eintagsfliege (Ephemera vulgata, Fig. 24), entwickeln die ersteren (Fig. 23) manchmal Kiemenatmung, bei stets im Wasser lebenden Insekten, wie z.B. dem Rückenschwimmer (Notonecta glauca, Fig. 25), einer Wanzenart, verwandeln sich die Beine in Ruderbeine. Durch Anpassung an gleiche Lebensbedingungen können auch einander ganz fernstehende Tiere und Pflanzen einander auffällig ähnlich werden, z.B. Schmarotzerpflanzen, deren Blätter sich zu Schuppen zurückbilden und im gesamten Körper die Bildung des grünen Farbstoffes unterdrücken, wie der Fichtenspargel (Monotropa hypopitys, Fig. 27) und die Schuppenwurz (Lathraea squamaria, Fig. 26).
Durch die geschlechtliche Zuchtwahl entsteht häufig ein Geschlechtsdimorphismus, der sich nicht bloß auf vergängliche Zieraten und schönere Farben des einen Teils (gewöhnlich des Männchens) beschränkt (vgl. Hochzeitskleid), sondern sich oft in Veränderung der Formen, Farben, Zeichnungen und andrer Kennzeichen ausspricht. So haben die Flügel der beiden Geschlechter von Ancyluris inca, einer schönen Erycinide Südamerikas, nicht nur verschiedene Färbung, sondern auch verschiedenen Flügelschnitt (Männchen, Fig. 11; Weibchen, Fig. 10); bei manchen Schmetterlingen sind nur die Männchen geflügelt, manchmal nehmen aber auch die Weibchen durch sogen. Mimikry (s.d.) verschiedene Gestalten an, so daß dem Männchen ein ganz verschiedenes Weibchen oder manchmal deren mehrere, unter sich unähnliche, zukommen. Die geschlechtlichen Zieraten pflegen übrigens als letzte Erwerbungen meist ungemein veränderlich zu sein, wie wir dies bei den Hörnern und Rückenbildungen vieler Hirsch-, Riesen- und Mistkäfer sehen, z.B. bei dem amerikanischen Phanaeus festivus, dessen hornloses Weibchen (Fig. 12) wenig in der Form abändert, während die Männchen (Fig. 1316) in der Länge ihres Nasenhorns und in der Vertiefung der Rückenfurche stark wechseln.
Über die innern Ursachen der Variation, die entweder langsam fortschreitet, so daß ihre Wirkungen erst nach Generationen hervortreten, oder sprungweise (s. Mutation), sind die Ansichten geteilt. Darwin hatte sich darüber sehr vorsichtig ausgesprochen und hielt sie für eine nach den verschiedensten Richtungen gehende, andre Naturforscher, wie Baer, Nägeli, Eimer u.a., nahmen eine nach bestimmten Zielen gerichtete Variation an, Weismann betrachtet die geschlechtliche Vermischung als Vorbedingung der nach ihm allein erblichen Keimvariation (s. Neodarwinismus); die nur durch ungeschlechtliche Vermehrung (Stecklinge, Pfropfreiser etc.) erzielten Abkömmlinge variieren zwar auch in züchtbaren Richtungen, wie z.B. Blumen-, Gemüse- und Obstarten, aber diese Veränderungen erhielten sich nur im geteilten Individuum. Die Abänderungen, die durch Wanderungen, Klima-, Boden- und Ernährungswechsel, durch Gebrauch und Nichtgebrauch einzelner Organe hervorgebracht werden, auf die der ältere Darwin, Lamarck und seine Nachfolger ein Hauptgewicht für die Veränderung und Fortbildung der Organismen legten, hält der Neodarwinismus für im allgemeinen nicht erblich und daher an der bleibenden Veränderung wenig oder gar nicht beteiligt, solange das Keimplasma unverändert bleibt.
Alle Fortbildungen der Variationen und Anpassungen schreibt der Darwinismus (und in noch strengerm Ausschluß aller andern Faktoren der Neodarwinismus) der natürlichen Auslese oder Zuchtwahl zu, die durch die Mitbewerbung ähnlicher Wesen (Kampf ums Dasein) in Tätigkeit erhalten wird, und gegen diese Lehre, die das Überleben der passendsten, d.h. unter den gegebenen Umständen am zweckmäßigsten organisierten Formen betont, richten sich daher die Hauptbestrebungen der neuern Gegner des Darwinismus, während die andern Faktoren (Variabilität und Anpassungsfähigkeit) nicht mehr bestritten werden, die Deszendenztheorie im allgemeinen kaum mehr ernstlich bekämpft wird. Diese Gegner sind in neuerer Zeit so zahl- und wortreich geworden, daß bei Laien vielfach der Glaube erweckt wird, die Darwinsche Theorie sei überwunden, man stehe am Sterbelager des Darwinismus. Aber leider enthalten alle diese Schriften nur eine negative Kritik, ohne einen positiven Ersatz zu bieten, denn alle neu aufgestellten Erklärungsprinzipien, wie z.B. die Zielstrebigkeit Baers, die Orthogenesistheorie Eimers, die Dominanten Reinkens, die Autonomie des Lebens von Driesch etc., erweisen sich bei genauerer Betrachtung durchweg als Wiederbelebungen uralter philosophischer Aufstellungen, wie der Ideenlehre Platons, der Entelechienlehre des Aristoteles, der vis plastica und der Lehre von der Keimseele und Lebenskraft, von der goldenen Kette etc., die z.T. seit Jahrhunderten ihre Überzeugungskraft eingebüßt haben. Diese Gegner der Zuchtwahltheorie übersehen, daß sowohl der Kampf ums Dasein als der Fortschritt durch das Überleben des Passendsten als nicht nur im Völkerleben, sondern auch für den Fortschritt der Geisteskultur als allgemein anerkannte Erfahrungstatsachen gelten, auf die ja die gesamte Kulturentwickelung zurückgeführt wird, daß man ferner denselben Vorgang auch durch die Paläontologie bewiesen findet, sofern nicht nur ein Aussterben unzähliger Lebensformen (das die Gegner durch ein sogen. Altern der Arten und Gattungen, ja der Familien erklären wollen) infolge des Daseinskampfes, sondern auch an den Fossilien ein Überleben sogen. adaptiver Formen verfolgbar ist, deren Sieg sich durch die Gliedmaßenausbildung und durch meßbaren Gehirnzuwachs noch am Knochengerüst demonstrieren läßt. Historische Vorgänge lassen sich nachträglich nur durch Dokumente beweisen, aber die erkennbaren Veränderungen der in vervollkommneten Formen fortlebenden Geschlechter sind in der Tat derart, daß sie das beanstandete Argument vom Forlleben des Passendsten direkt zu bestätigen im stände sind.
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