22. An Josef Fischhof in Wien.

[356] Leipzig, den 14. Januar 1838.


Mein verehrter Freund,


Vier Wochen liegen bereits zwischen Ihren gütigen Zeilen und diesen. Nehmen Sie sie dennoch freundlich auf und schelten Sie mich nicht egoistisch, daß ich, nachdem ich hatte, was ich wünschte, nicht schneller dankte. Aber weg mit den Worten!

Ueber C. W. haben die Blätter bestätigt, was Sie mir gemeldet und was ich voraussah. Es fehlen mir noch Nachrichten über das dritte Conzert, das den 7ten sein sollte.

Vielleicht, und wenn Sie mir gewogen sind, gewiß, schreiben Sie mir darüber und was sich etwa seitdem zugetragen. Schon mehrmal schrieb ich Ihnen, wie leid es mir thut, in einer Stadt wie Wien keinen regelmäßigen zuverlässigen geistreichen Correspondenten erhalten zu können, da Sie sich nicht zu Berichten verstehen zu wollen scheinen.[356] Sagen Sie mir doch gütigst Ihre Gedanken darüber. Vielleicht, daß ich mich wenigstens darauf verlassen könnte, durch Ihre Hand auf schnellste Weise von den wichtigsten neuen Erscheinungen (neue Opern, neue auftauchende Talente, außerordentliche Musikaufführungen etc. etc.) in Kenntniß gesetzt zu werden! Oder haben Sie vielleicht in der Zeit irgend einen andern Künstler oder Dichter kennen gelernt, der der Zeitschrift in dieser Hinsicht hülfreich werden könnte? Honorar bringt es freilich nur wenig, da die ökonomischen Verhältnisse nicht mehr als 10 Thlr. p. Druckbogen gestatten. Darum bitte ich Sie denn um freundliche Antwort. Kann ich es Ihnen irgendwie vergelten, so können Sie auch auf mich rechnen.

Ihre Aufträge sind besorgt. Von einem Portrait von Groß weiß Hofmeister nichts. Mendelssohn ist krank; seit einiger Zeit habe ich ihn gar nicht zu sehen bekommen.

Ueber Henselt werden Sie in der Zeitung lesen7; der schüttelt es wie aus Kübeln.

Schreiben Sie mir viel über Clara; es liegt mir daran. Sie erhalten ehestens Davidsbündlertänze von mir; nehmen Sie sie als kleines Angedenken.

Bald hoffe ich von Ihnen zu hören. Schenken Sie mir eine Minute Ihrer Zeit und bleiben mir gewogen


Ihrem

ergebenen

Robert Schumann.


Kennen Sie Lenau genauer? Sollte er sich nicht bereit finden lassen, mir ein paar kleine Gedichte, die sich zur Composition eigneten in die Zeitschrift zum Druck zu geben? Die Componisten schmachten nach Texten. Soll ich ihm vielleicht selbst schreiben und bitten? Was hört man von Liszt! Wird er noch kommen? Thalbergs große God save the King Variation (bei Schott) ist eben wichtig......... (unleserlich). – Clara Novello bat mich um einige Zeilen an Sie. Wenn Sie sie sehen, wird es Ihnen vielleicht selbst Freude machen, ihr hülfreich zu sein. Doch sage ich ihr keine Triumphe in Wien voraus. Sie ist eine Sängerin im einfachen weißen Kleide; Schmuck und Tand kennt sie nicht. Das Publikum weiß das freilich nirgends zu schätzen.[357] – Beinahe hätte ich Lust, einen neuen Brief anzufangen; aber er soll heute noch fort. Darum noch einmal Adieu


von Ihrem

R. Schumann.

7

S. Neue Zeitschrift f. Musik, Bd. 8. S. 7.

Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 356-358.
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