Höhlenschwalbe (Hirundo rufula)

[508] Im Südosten Europas gesellt sich der Rauchschwalbe die derselben Sippe angehörige, gleichgroße Höhlenschwalbe, Alpen- oder Röthelschwalbe (Hirundo rufula, alpestris, daurica und capensis, Cecropis rufula und capensis, Lillia rufula). Oberkopf, Hinterhals, Mantel, Schultern und längste obere und untere Schwanzdecken sind tief stahlblauschwarz, ein schmaler Brauenstrich, die Schläfe, ein breites Nackenband und der Bürzel dunkel braunroth, Kopf- und Halsseiten, Untertheile und vordere obere Schwanzdecken roströthlichgelb, Kehle und Kropf sein schwarz in die Länge gestrichelt, Flügel und Schwanz einfarbig glänzend schwarz. Das Auge hat tiefbraune, der Schnabel schwarze, der Fuß hornbraune Färbung.

Griechenland und Kleinasien scheinen der Brennpunkt des Verbreitungsgebietes der Höhlenschwalbe zu sein; in Italien, wo sie ebenfalls regelmäßig vorkommt, tritt sie weit seltener, im übrigen Südeuropa nur als Besuchsvogel auf; nach Deutschland hat sie sich verflogen. Außer Griechenland und Kleinasien bewohnt sie Persien und Kaukasien; auf ihrer Winterreise durchstreift sie den Nordosten Afrikas. In Mittelasien wird sie durch eine verwandte Art vertreten.

Lebensweise, Wesen und Betragen, Sitten und Gewohnheiten, leibliche und geistige Begabungen der Höhlenschwalbe entsprechen dem von der Rauchschwalbe gezeichneten Lebensbilde fast in jeder Hinsicht. Aber die Höhlenschwalbe hat sich bis jetzt nur ausnahmsweise bewegen lassen, ihre ursprünglichen Brutstätten mit dem Wohnhause des Menschen zu vertauschen, legt vielmehr nach wie vor ihr Nest in Felshöhlen an. Demgemäß bewohnt sie ausschließlich Gegenden, in denen steilwandige Felsenmassen ihr Wohnung gewähren, jedoch weniger die höheren als die unteren Lagen der Gebirge. Auch sie ist ein Zugvogel, welcher annähernd um dieselbe Zeit wie die Rauchschwalbe, in Griechenland in den ersten Tagen des April, frühestens in den letzten des März, eintrifft, und im August und September das Land wieder verläßt. Unmittelbar nach ihrer Ankunft begibt sie sich an ihre Brutplätze, und in den ersten Tagen des Mai liegen bereits die vier bis fünf, zwanzig Millimeter langen, funfzehn Millimeter dicken, reinweißen Eier im Neste. Letzteres hängt stets an der Decke passender Höhlen, wird aus denselben Stoffen erbaut wie das der Haus- oder Mehlschwalbe, ist aber merklich größer als das der einen oder der anderen, fast kugelrund, ganz zugebaut, mit einer langen, oft gebogenen Eingangsröhre versehen, und innen dicht mit Federn ausgekleidet. Wenn irgend möglich, bildet auch diese Schwalbe Siedelungen.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 508.
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