Zwanzigste Familie: Fliegenfänger (Muscicapidae)

[516] Der Leib der Fliegenfänger (Muscicapidae) ist gestreckt, der Hals kurz und der Kopf einigermaßen breit, der Schnabel stark und kurz, an der Wurzel breiter, von oben nach unten zusammengedrückt, auf der Firste kantig, an der Spitze des Oberkiefers herabgebogen und vor ihr eingekerbt, der Fuß kurz und schwach, seine äußere Zehe mit der mittleren verwachsen, der Flügel ziemlich lang, in ihm die dritte Schwinge die längste, der Schwanz mittellang, entweder gerade abgestutzt oder seicht ausgeschnitten, das Gefieder locker und weich, um den Schnabelgrund borstig, seine Färbung in der Regel nach Geschlecht und Alter verschieden.

Die Fliegenfänger, von denen man ungefähr zweihundertundachtzig Arten kennt, bevölkern, Ausnahme mit Amerikas, alle Erdtheile, besonders zahlreich die Gleicherländer, bewohnen die Waldungen und Baumpflanzungen, leben mehr auf Bäumen als im Gebüsche und kommen selten auf den Boden herab. Auf einem möglichst freien Aste sitzend, welcher weite Umschau gewährt, spähen sie nach Kerbthieren, fliegen denselben gewandt nach, nehmen sie mit dem Schnabel auf und kehren hierauf gewöhnlich auf ihren Stand zurück. Bei schlechtem Wetter, namentlich wenn sie Junge zu versorgen haben, pflücken sie auch Beeren. Sie sind fast den ganzen Tag über in Thätigkeit, munter, unruhig und behend, angesichts des Menschen wenig scheu, Raubvögeln gegenüber kühn und dreist. Abweichend von verwandten Vögeln lassen sie ihre Stimme selten vernehmen, am häufigsten selbstverständlich während der Paarungszeit, welche die Männchen sogar zu einem, wenn auch sehr einfachen und leisen Gesange begeistert. Das Nest, ein lockerer, roh zusammengefügter, aber warm ausgefütterter Bau, wird entweder in Baumhöhlen oder zwischen Astgabeln, gewöhnlich nahe am Stamme, angelegt. Das Gelege enthält vier bis fünf Eier, welche von beiden Eltern ausgebrütet werden. Nachdem die Jungen groß geworden, schweifen die Eltern noch eine Zeitlang mit ihnen umher; hierauf treten sie, sehr frühzeitig im Jahre, ihre Winterreise an, welche sie bis in die Urwaldungen Mittelafrikas führt und erst im Spätfrühjahre endet.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 516-517.
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