Trippmacher, Frl. Elisabeth

[377] *Trippmacher, Frl. Elisabeth, Ladenburg a. N. i. B., daselbst geboren am 26. Oktober 1878 als die Tochter eines Kaufmanns, der sich später der Naturheilkunde zuwandte. Elisabeth hatte das Unglück, mit der Impfung den Keim eines Leidens empfangen zu haben, das ihre ganze Jugend zerstörte. Bis zu ihrem 11. Jahre war sie von vielen körperlichen Schmerzen heimgesucht, welche in einer geschwulstartigen Erhöhung des Armes ihren Ursprung hatten. Im 11. Jahre trat aber dieses Leiden in einer Heftigkeit auf, die ihr den Gebrauch des rechten Armes unmöglich machte und sie auf das Krankenlager warf, das sie viele Jahre nicht verlassen sollte. Ein von den Ärzten als notwendig erachteter operativer Eingriff verschlimmerte in hohem Masse den Zustand. Schliesslich waren Hände und Füsse gelähmt. Und in diesem schmerz- und qualvollem Zustande verbrachte Elisabeth ihre Jugendzeit. Ihre einzige Trösterin war ihre Einbildungskraft, ihre reiche Phantasie, die ihr all die Märchen, welche ihr am Krankenlager von Grossmutter und Mutter vorerzählt wurden, weiter ausmalte und sie selbst in dieses Wunderland und Zauberreich versetzte, wo sie auf kurze Zeit ihr elendes Dasein vergass. Auch die biblische Geschichte, welche ihr die Mutter erzählte, fesselte ihr Denken und Fühlen und auch darin fand sie Trost. Bis zum 11. Jahre, wo sie das Übel vollends aufs Krankenlager warf, war Elisabeth eine überaus wissbegierige, fleissige Schülerin und ein munteres Kind, das für alles gleiches Interesse zeigte. Am Krankenlager waren die Bücher, deren Inhalt sie mit Heisshunger verschlang und ihre Umgebung ihre ganze Welt, und wenn sich ihr Zustand insoweit besserte, dass sie ihren Arm bewegen konnte, suchte sie auch das am Schmerzenslager Erdachte auf dem Papier festzuhalten. Schon am Rande des Grabes, mit dem heiligen Abendmahl versehen, begann sich ihr Zustand wieder zu bessern, so dass die Lähmung der Arme beseitigt war, und nun begann sie mit Ernst und Eifer Litteratur, Philosophie und Geschichte zu studieren. Und erst jetzt überwand sie die Scheu, auch ihrer nächsten Umgebung, ihren Eltern mitzuteilen, dass sie auf ihrem Krankenlager heimlich einige grosse Jugenderzählungen, Novellen, Aufsätze u. dgl. geschrieben hatte. Mit besonderer Liebe oblag sie den philosophischen Studien, und sie fasste den Entschluss, sobald sie genesen, auf irgend einer Universität ihre Studien zu vollenden und sich den Doktorhut zu erwerben. Mit Vorliebe beschäftigte sie sich mit der Frauenfrage und[377] ihrer Lösung. Elisabeths Befinden wurde bald besser, und sie konnte, wenn auch noch ans Krankenlager gefesselt, doch schon mehr schreiben, lernen und – ihre Geschwister unterrichten, »ein fester Wille, ein zielbewusstes Wollen waren die Triebfeder« ihres Handelns. Mit 15 Jahren trat sie einer litterarischen Vereinigung bei und arbeitete mit an einer vierteljährlich erscheinenden Anthologie, »Moderne Dichtung«. Sie wurde bald Mitarbeiterin von »Ein Künstler- und Dichteralbum«, »Deutsche Dichter in Wort und Bild« und anderen Werken und Zeitschriften, die Aufsätze, Sinnsprüche, Gedichte etc. von ihr aufnahmen. Sie ist ferner, ständige Mitarbeiterin des »Volksarzt mit Leib und Seele«, »Österreichischer Gesundheitsrat«, »Vom Guten das Beste«. Langsam, aber stetig wurde es besser, und im Frühjahr 1897 sollte sie zu neuem Leben gesunden. Nach den vielen Leidensjahren endlich Gesundheit und Genesung. Die Freude und das Glück gesund zu sein, berauschte sie anfänglich. Ihren Plan, Philosophie zu ihrer besonderen Lebensaufgabe zu machen, hatte sie aufgegeben, weil sie an dem Krankenlager eines befreundeten Mädchens zur Erkenntnis kam, »um wie viel mehr man seinen Nächsten nützen kann, wenn man durch seine Kunst den geschwächten Organismus unterstützen oder völlige Heilung bewirken kann, als wenn man sich in die Weltweisheit vertieft, über Welt, Menschen und Verhältnisse philosophiert – und doch alles beim alten bleibt.« E. T. beabsichtigt sich theoretisch und praktisch für den ärztlichen Beruf vorzubereiten und zu diesem Zwecke eine Universität zu beziehen.

‒ Pilgerstab für das irdische Erdenwallen. Gehet- u. Andachtsbüchlein für die liebe Jugend. Gebete für jeden Tag der Woche m. einem Anh. relig. Lieder u. Betrachtgn. 12. (100) Weinheim 1897, F. Ackermann. 1.–; geb. 1.50

Quelle:
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder Bd. 2. Berlin, 1898., S. 377-378.
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