Zweite Hälfte.

[556] 1. Denn er kennt jene höchste Brahmanwohnung (Chând. 8,1,1),

In der beschlossen die Weltlichter glänzen (Chând. 8,1,3);

Ja, wer den Purusha, frei von Verlangen,

Verehrt, kommt los von dieser Welt der Zeugung.
[556]

2. Wer Wünsche noch begehrt und ihnen nachhängt,

Wird durch die Wünsche hier und dort geboren (B

Wer aber wunschgestillt (Bṛih. 4,4,6), wes Selbst bereitet (Chând. 8,13),

Dem schwinden alle Wünsche schon hienieden.


3.9 Nicht durch Belehrung wird erlangt der Âtman,

Nicht durch Verstand und viele Schriftgelehrtheit;

Nur wen er wählt, von dem wird er begriffen;

Ihm macht der Âtman offenbar sein Wesen.


4.10 Nicht dem, der kraftlos, wird zuteil der Âtman,

Der lässig ist (Kâṭh. 6,11), der Tapas übt, das unecht11;

Doch wer als Wissender strebt durch jene Mittel,

In dessen Brahmanheim (Chând. 8,1,1) geht ein der Âtman.


5. Doch Weise, die, erkenntnissatt, ihn fanden,

Ihr Selbst bereitet (Chând. 8,13), leidenschaftlos, ruhig,

Sie, deren Seele wohlgerüstet, gehen

Von allher in das All, allgegenwärtig.


6.12 Die der Vedântalehre Sinn ergriffen,

Entsagungsvoll, die Büsser, reinen Wesens,

In Brahman's Welt zur letzten Endzeit werden

Völlig unsterblich und erlöset alle.


7. Die fünfzehn Teile gehn, woher sie kamen,

Und alle Götter je nach ihrer Gottheit13;[557]

Werk aber und erkenntnisart'ger Âtman (Taitt. 2,4),

Sie werden alle eins im höchsten Ew'gen.


8. Wie Ströme rinnen und im Ozean,

Aufgebend Name und Gestalt, verschwinden,

So geht, erlöst von Name und Gestalt,

Der Weise ein zum göttlich höchsten Geiste.


9. Wahrlich, wer jenes höchste Brahman kennt, der wird zu Brahman. Keiner entspringt in seiner Familie, der das Brahman nicht wüsste. Er überschreitet den Kummer (Chând. 7,1,3), überschreitet das Böse, und, von den Knoten des Herzens befreit (Chând. 7,26,2), wird er unsterblich.

10. Darüber ist der Vers:


Werktüchtige, Schriftkundige, Brahmantreue,

Sich selbst, als einigem Ṛishi, gläubig opfernd14,

Die lehre man dies Brahmanwissen, wenn sie

Das Kopfgelübde15 regelrecht erfüllten.«


11. Dieses ist die Wahrheit. Sie hat vordem der weise A giras verkündigt. Keiner darf dies lesen, der nicht das Gelübde erfüllte.


Verehrung den höchsten Weisen! Verehrung den höchsten Weisen!

Fußnoten

1 Zu Vers 1-2 vgl. die Parallelstelle Çvet. 4,6-7. Schwer ist, zu bestimmen, auf welcher Seite die Priorität liegt. Der Zusammenhang entscheidet nichts. Die in den Versen hervortretende Vorliebe für altvedische Zitate sowie die theistischen Neigungen sind Züge, von welchen sonst unsere Upanishad frei ist (îçâ kommt nur noch in dem folgenden, interpretierenden Verse vor), während beide gerade für die Çvetâçvatara-Upanishad durchweg charakteristisch sind.


2 Zu Vers 1-2 vgl. die Parallelstelle Çvet. 4,6-7. Schwer ist, zu bestimmen, auf welcher Seite die Priorität liegt. Der Zusammenhang entscheidet nichts. Die in den Versen hervortretende Vorliebe für altvedische Zitate sowie die theistischen Neigungen sind Züge, von welchen sonst unsere Upanishad frei ist (îçâ kommt nur noch in dem folgenden, interpretierenden Verse vor), während beide gerade für die Çvetâçvatara-Upanishad durchweg charakteristisch sind.


3 Zitiert, mit Änderung des Schlusses, (wohl aus unsrer Upanishad) Maitr. 6,18.


4 Die Worte âtmakrîḍa', âtmarati-kriyâvân (so die bessere Lesung) stammen unzweifelhaft aus Chând. 7,25,2, wobei kriyâvân das etwas anstössige âtmamithuna', âtmânandaḥ zusammenfasst. Hiernach musste auch ativâdin im Sinne von Chând. 7,15,4 verstanden werden.


5 Vgl. Bṛih. 4,4,22 Mâdhy.: brahmacaryeṇa, tapasâ.


6 Der ativâdin (Chând. 7,16), der oben (Vers 4) erwähnt wurde.


7 Nach Bṛih. 6,2,15, nicht nach Chând. 5,10,1.


8 Der ganze Vers, mitsamt der Gesinnung, welche er bekundet (oben S. 187), beruht auf Chând. 8,2. Andern Geist atmet der Vers 3,2,2.


9 Vers 3-4 unterbrechen den Zusammenhang. Vers 3 ist = Kâṭh, 2,23; Vers 4 sucht den Gedanken fortzuentwickeln, ohne doch seiner Bedeutung gerecht zu werden. Hierin liegt wohl ein sicheres Kennzeichen der Entlehnung.


10 Vers 3-4 unterbrechen den Zusammenhang. Vers 3 ist = Kâṭh, 2,23; Vers 4 sucht den Gedanken fortzuentwickeln, ohne doch seiner Bedeutung gerecht zu werden. Hierin liegt wohl ein sicheres Kennzeichen der Entlehnung.


11 Nach Ça kara ist hier tapas = jñânam, li gam = sannyâsaḥ. Auf diese Art lässt sich aus allem alles machen. Wahrscheinlich ist ali gam tapas die Askese, der das rechte Merkmal, nämlich das Merkmal der Erkenntnis, abgeht. Ein andres Merkmal verlangt von der echten Askese Paulus, 1. Kor. 13,3.


12 Der Ausdruck çuddhasattva (vgl. 3,1,8. 9. 10. Chând. 7,26,2) geht, wie so vieles in diesem Muṇḍakam, auf Chând. 7 zurück, und spricht somit dafür, dass der Vers hier ursprünglich, hingegen Mahânâr. 10,22 von hier entlehnt ist.


13 Das Auge zur Sonne usw. Über die fünfzehn Teile vgl. die Einleitung zu Praçna 6.


14 Da der »einige Ṛishi« Praçna 2,11 der Prâṇa ist, so wird hier an das Prâṇagnihotram zu denken sein; vgl. über dasselbe oben S. 146.


15 Über das Çirovratam vgl. die Einleitung, oben S. 544.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 556-558.
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