1 Es giebt in uns eine oberste Ursache unserer Handlungen, die wir fühlen, aber die wir nicht definiren können; man nennt sie Kraft. Wir sind gleichermassen aktiv in Bezug auf Alles, was diese Kraft in uns oder ausser uns hervorbringt. Wir sind es z.B., wenn wir überlegen oder wenn wir einen Körper in Bewegung setzen. Nach der Analogie setzen wir in allen Gegenständen, die irgend welche Veränderung hervorbringen, eine Kraft voraus, die wir noch weniger kennen, und wir sind passiv in Bezug auf die Eindrücke, die sie auf uns machen. Sonach ist ein Wesen aktiv oder passiv, je nachdem die Ursache der hervorgebrachten Wirkung in ihm oder ausser ihm ist.
2 Ich spreche hier und in dem ganzen Werke nur von den Fertigkeiten, die auf natürlichem Wege erworben werden; in der übernatürlichen Ordnung der Dinge ist Alles andern Gesetzen unterworfen.
3 Unsere Erfahrung liefert den Beweis; denn es giebt wohl Niemand, der sich nicht genossener Freuden zuweilen so lebhaft erinnert hätte, als wenn er sie noch genösse, oder wenigstens lebhaft genug, um keine Aufmerksamkeit auf den mitunter schmerzhaften Zu stand zu verwenden, in dem er sich befindet.
4 Tausenderlei Thatsachen beweisen die Macht der Einbildungskraft auf die Sinne. Ein in einen Gedanken vertiefter Mensch sieht die Gegenstände vor seinen Augen nicht, hört den Lärm nicht, der sein Ohr trifft. Jedermann weiss, was man von Archimedes erzählt. Man richte die Einbildungskraft mit noch mehr Nachdruck auf einen Gegenstand, und man wird gestochen, gebrannt werden, ohne Schmerz davon zu fühlen. Die Seele wird sich allen Eindrücken der Sinne zu entziehen scheinen. Um die Möglichkeit dieser Erscheinung zu begreifen, braucht man nur daran zu denken, dass wir, da unsere Empfindungsfälligkeit beschränkt ist, allemal dann gegen Sinneseindrücke unempfindlich sein müssen, wenn unsere Einbildungskraft ganz und völlig auf einen Gegenstand gerichtet ist.
5 So überraschend auch die Wirkungen der Einbildungskraft sind, so braucht man, um jeden Zweifel zu zerstreuen, nur an das zu denken, was uns im Traume begegnet. Wir sehen, hören, berühren dann Körper, die nicht auf unsere Sinne wirken, und man darf wohl annehmen, dass die Einbildungskraft nur darum so viel Stärke hat, weil wir nicht durch die Menge der Vorstellungen und Empfindungen, die uns im Wachen beschäftigen, zerstreut werden.
6 Man vergl. die »Logik«, 1. Theil IX. Kap.
7 Es geht unserer Statue wie allen Menschen. Wir verfahren nach der Erfahrung und machen uns verschiedene Wahrscheinlichkeitsregeln, je nach dem Interesse, das uns beherrscht. Ist es gross, so genügt uns gewöhnlich der niederste Grad von Wahrscheinlichkeit, und wenn wir verständig genug sind, uns nur durch eine wohlbegründete Wahrscheinlichkeit bestimmen zu lassen, so geschieht es häufig nur, weil uns wenig daran liegt, handelnd aufzutreten.
8 Besonders vor der irrthümlichen Ansicht, dass wir eine positive Vorstellung des Unendlichen haben; daher eine Menge falscher Folgerungen gelten der Metaphysiker und zuweilen selbst seiten der Greometer.
9 Malebranche stellt ein ähnliches Gleichniss an, um zu beweisen, dass wir über die Grosse der Körper nur nach den Verhältnissen zwischen ihnen und uns urtheilen. Rech. de la Vér., liv. I., chap. 6.
10 Das Gleichniss von diesen Welten macht begreiflich, dass, um die einen älter als die anderen zu den ken, keine Ewigkeit mit Zeitfolge nothwendig ist, in welcher sie früher oder später geschaffen worden seien. Man braucht nur die Umdrehungen zu ändern und die Organe der Bewohner in Verhältniss dazu zu setzen.
Dies Gleichniss lässt auch erkennen, dass ein Zeitpunkt der Dauer eines Wesens mit mehreren Zeitpunkten der Dauer eines andern zusammenfallen kann und wirklich zusammenfällt. Wir können uns also erkennende Wesen denken, die Vorstellungen gleichzeitig wahrnehmen, die wir nur nach einander haben; und gewissermassen bis zu einem Geiste gelangen, der in einem Zeitpunkte alle Erkenntniss umfasst, welche die Geschöpfe nur in einer Reihe Jahrhunderte haben, und der folglich keine Aufeinanderfolge erfährt. Er wird wie im Mittelpunkt aller jener Welten sein, wo man so verschieden über die Dauer urtheilt, und indem er mit einem Blicke Alles erfasst, was in ihnen vorgeht, gleichzeitig ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sehen.
Dadurch bilden wir uns, so weit es in unserer Macht steht, die Vorstellung eines untheilbaren und beharrenden Zeitpunktes, mit dem die Zeitpunkte der Geschöpfe zusammenfallen, und in welchem sie sich folgen. Ich sage: so weit es in unserer Macht steht, denn wir haben hier nur eine vergleichsweise erworbene Vorstellung. Weder wir noch irgend ein anderes Geschöpf kann einen vollkommenen Begriff der Ewigkeit haben. Gott allein kennt sie, weil er allein sie geniesst.
11 »Wer eine Person ihrer Schönheit wegen liebt«, sagt Paskal (c. 24, n. 14), »liebt er sie? nein; denn die Pocken, die ihr die Schönheit rauben, ohne die Person zu tödten, werden bewirken, dass er sie nicht mehr liebt. Und wenn man mich liebt um meines Urtheils oder Gedächtnisses willen, liebt man mich? nein; denn ich kann diese Eigenschaften verlieren, ohne dass ich aufhöre zu sein. Wo ist also das Ich, wenn es weder im Körper noch in der Seele ist? Und wie soll man den Körper und die Seele lieben, wenn nicht wegen Eigenschaften, die nicht das sind, was das Ich ausmacht, da sie vergänglich sind? Denn würde man die Seelensubstanz einer Person lieben an und für sich, und welche auch immer ihre Eigenschaften wären? Das geht nicht und wäre ungerecht. Man liebt also niemals die Person, sondern nur die Eigenschaften; aber wenn man die Person liebt, muss man sagen, dass es die Gesammtheit der Eigenschaften ist, welche die Person ausmacht.«
Nicht die Gesammtheit der Eigenschaften macht die Person aus; denn ein und derselbe Mensch würde, wenn er jung oder alt, schön oder hässlich, vernünftig oder toll ist, eben so viele gesonderte Personen sein, und um welcher Eigenschaften willen man mich auch lieben mag, es ist immer mein Ich, das man liebt; denn die Eigenschaften sind nur verschieden modifizirtes Ich. Wenn mir Einer auf den Fuss träte und dabei sagte: Habe ich Sie verletzt? nein; denn Sie könnten den Fuss verlieren, ohne dass Sie aufhören zu sein: würde ich wohl überzeugt sein, dass ich nicht selbst verletzt worden sei? Warum sollte ich also denken, dass man, weil ich Gedächtniss und Urtheilskraft verlieren kann, mich nicht liebt, wenn man mich um dieser Eigenschaften willen liebt? Aber sie sind vergänglich! Und was thut das? Ist denn das Ich ein seiner Natur nach nothwendiges Ding? Vergeht es nicht in den Thieren? Und ist seine Unsterblichkeit in dem Menschen nicht eine Gnade Gottes? In dem Sinne Paskal's könnte nur Gott allein sagen: ich.
12 Man hat bemerkt, dass bei der Resonanz tönender Körper der Grundton von zwei andern begleitet ist, die mit ihm in einem bestimmten Verhältniss stehen, das sich berechnen lässt. Man nennt sie die (harmonischen) Nebentöne des Grundtons. Sie werden hörbar auf der zwölften und siebenzehnten Tonstufe, und man macht daraus die Terz und die Quint. Ein gut gebautes Ohr ist im Stande, diese Verhältnisse aufzufassen, und darum sagt man, es messe die Töne ab. Man kann also den Ton im engem Sinne als einen messba ren Ton definiren.
Das Geräusch dagegen entsteht durch mehrere Töne, die keine gemeinsamen Nebentöne haben; es ist eine Menge Grund- und Nebentöne, die zusammenfliessen; man kann es also als einen unmessbaren Ton definiren.
Denken wir uns zehn gleichgestimmte Geigen. Wenn sie alle gleichzeitig dieselbe Saite tönen lassen, so geben sie zusammen einen Ton im engem Sinne, einen messbaren Ton, weil man seine Terz und Quint bestimmen kann. Allein, wenn wir annehmen, dass sie alle verschieden gestimmt seien, so werden sie nur Geräusch machen, weil der Gesammtton, den sie hören lassen, keinen Nebenton hat. Dasselbe e und dasselbe g, welche die Nebentöne des c der einen dieser Geigen sind, sind nicht die Nebentöne des c, das die andern geben. Die Vermischung also mehrerer Töne macht das Geräusch.
13 Es giebt in der Musik Lustgefühle durch Nachahmung, wenn sie den Vogelgesang, den Donner, die Stürme, unsere Seufzer, Klagen, Freudenschreie nachahmt, und wenn sie durch ihren Rhythmus unsern Körper anreizt, die Stellungen und Bewegungen der verschiedenen Leidenschaften anzunehmen. Unsere Statue ist zu dieser Art von Lustgefühlen nicht angethan, weil sie Urtheile und Gewöhnungen voraussetzen, deren sie nicht fähig ist. Aber unabhängig von dieser Nachahmung übermittelt die Musik dem Gehirn Eindrücke, die in den ganzen Körper übergehen, und die darin Erregungen hervorbringen, in denen unsere Statue unfehlbar Lust oder Schmerz finden muss.
14 Es hat wohl jeder schon einmal die Bemerkung gemacht, dass er zuweilen geneigt ist, einem Gericht, von dem er isst, die Düfte zuzuschreiben, die seinen Geruch treffen. Was jedoch diese Verwandtschaft noch weiter beweist, ist der Umstand, dass man um so mehr Geschmack hat, je feineren Geruch man besitzt.
15 Wir können uns davon überzeugen, wenn wir die Vorgänge in uns beobachten. – Einen einförmigen Schmerz, von dem mein ganzer Arm behaftet ist, den halte ich nur deshalb für ausgedehnt, weil ich ihn auf etwas beziehe, dessen Ausgedehntsein ich wahrnehme. – Der Gebrauch, den ich von meinem Arme mache, lehrt mich in seiner Länge unterschiedliche Theile bemerken; aber er lehrt mich nicht eben so die unterschiedlichen Theile seines Durchschnittes bemerken. Auch urtheile ich viel besser über die Länge, als über die Dicke, welche ein schmerzhaftes Gefühl einnimmt. Ich weiss, ob es sich bis zum Ellenbogen oder bis zum Handgelenk erstreckt, und weiss nicht, ob ein Viertel, ein Drittel, die Hälfte oder noch mehr von der Armesdicke damit behaftet ist.
Eine Unzahl Versuche kann bestätigen, dass man den Schmerz allemal dann wie in einem Punkte empfindet, wenn man ihn auf einen Theil bezieht, den zu messen man sich noch nicht gewöhnt hat. Um z.B. den Raum aufzufinden, den ein mitten im Oberschenkel verspürter Schmerz einnimmt, muss man mit der Hand darüber hinfahren; anders, wenn er sich vom Knie bis zur Hüfte erstreckt, weil wir wissen, dass diese beiden Punkte von einander entfernt sind.
Also gleichförmiges Gefühl giebt uns keine Vorstellung von der Ausdehnung unseres Körpers, vielmehr schreiben wir wegen der Kenntniss unseres Leibesumfanges einem gleichförmigen Gefühl Ausdehnung zu.
Ist unsere Statue auf den geringsten Grad des Gefühls beschränkt, so hat sie von ihrem ganzen Körper nur ein gleichförmiges Gefühl; mithin weiss sie nicht, dass sie ausgedehnt ist.
16 Ich sage »zuweilen«, weil diese Gefühle, wenn sie sich zu oft wiederholen, ihre Wissbegierde gänzlich ertödten würden.
17 Da die Reflexion ihrem Ursprünge nach nur die Aufmerksamkeit selbst ist, so konnte man sie so auffassen, dass sie bei jedem Sinne stattfindet. Doch genügt es, sich darüber zu verständigen, was man mit dem Worte meint, um sich über Fragen dieser Art zu einigen. Ich mache diese Anmerkung zur Verhütung von Wortstreitigkeiten, einer in der Metaphysik sehr gewöhnlichen Unzuträglichkeit, vor der man nicht genug auf der Hut sein kann.
18 Infolge ähnlicher Schlussfolgerungen hat man den Thieren, denen man Vorstellungen abspricht, Empfindungen zugesprochen und geglaubt, dass unsere Vorstellungen nicht aus den Sinnen stammten. Die Philosophen, die den Menschen betrachteten, nachdem er schon viele Kenntnisse erworben, und sahen, dass er alsdann Vorstellungen unabhängig von den gerade vorhandenen Empfindungen hat, haben nicht gesehen, dass diese Vorstellungen nur die Erinnerung an die vorhergehenden Empfindungen waren; sie haben im Gegentheil geschlossen, dass die Vorstellungen den Empfindungen immer vorausgegangen seien. Darauf beruhen mehrere Systeme: das System der angeborenen Ideen, das P. Malebranche's und mancher Alten, wie das Plato's, welcher glaubte, die Seele sei vor ihrer Vereinigung mit dem Körper mit allen Arten von Vorstellungen begabt gewesen, und folglich sei dasjenige, was wir zu lernen glauben, nur eine Wieder-Erinnerung dessen, was wir gewusst haben.
19 »Hätte die Hand«, sagt Buffon, »eine grössere An zahl Theile, wäre sie z.B. in zwanzig Finger eingetheilt, hätten diese Finger eine grössere Anzahl Gelenke und Bewegungen, so ist es nicht zweifelhaft, dass bei dieser Bildung das Gefühl des Tastsinns unendlich vollkommener sein würde, als es ist, weil sich diese Hand alsdann viel unmittelbarer und viel genauer auf die verschiedenen Oberflächen der Körper auflegen könnte, und nehmen wir an, sie wäre in eine Unzahl von lauter beweglichen und biegsamen Theilen eingetheilt, die sich alle gleichzeitig auf alle Punkte der Oberfläche der Körper legen könnten, so würde ein derartiges Organ eine Art Universal-Geometrie sein (wenn ich mich so ausdrücken darf), vermöge deren wir gleich im Augenblicke der Berührung richtige und genaue Vorstellungen von der Figur aller dieser Körper und von der noch so kleinen Verschiedenheit dieser Figuren haben würden.« Histoire naturelle et générale, tom. III., pag. 359.
20 In meiner Logik habe ich nachgewiesen, dass wir alle unsere Vorstellungen der Analyse verdanken, und dass jede richtig gestellte Frage sich gewissermaassen von selbst löst.
21 Ich halte mich für verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass dies nicht genau nach Chezelden's Bericht ist. Denn wo er sagt, dass der junge Mann die Dinge nicht erkennen konnte, so verschieden sie auch nach Form und Grösse sein mochten, da versichert er gleichzeitig, dass er die, welche regelmässig waren, viel angenehmer fand. Mir erscheint das geradezu widersprechend, und Chezelden hat sich nicht sorgfältig genug erklärt. Es war natürlich, dass der junge Mann im ersten Augenblick, wo er das Licht sah, weder Form noch Grösse unterschied; es wäre ihm jedoch nicht möglich gewesen, grösseres Vergnügen beim Anblick regelmässiger Objekte zu finden, wenn sein Sehen verworren geblieben wäre. Er hat sie also erst dann für angenehmer halten können, als er anfing Formen und Grössen zu unterscheiden. Es wurde ihm ohne Zweifel schwer, seinen Beobachtern die Verschiedenheiten zu erklären, die er damals bemerkte, und das ist vielleicht der Grund, warum man glaubte, dass sie ihm bis dahin entgangen seien.
22 So ist das Verfahren der Natur, wenn sie uns veranlassen will, zur Befriedigung unserer Begierden ein Mittel anzuwenden, dessen Wirkungen zu kennen wir noch nicht befähigt sind. Es zeigt sich in bewundernswerther Weise beim neugebornen Kinde. Die Unruhe kommt aus dem Magen zu den Wangen, zum Munde, weist es an, die Brust zu nehmen, wie es alles Andere auch genommen hätte, bewegt seine Lippen auf alle Art, bis sie das Mittel gefunden haben, die zu seiner Ernährung bestimmte Milch herauszudrücken. Dann wird das Kind durch das Lustgefühl bewegen, dieselben Bewegungen zu wiederholen, und thut Alles, was zu seiner Erhaltung nothwendig ist.
23 Man darf die Aufschrift dieses Kapitels nicht ausser Acht lassen; wir betrachten einen Menschen, der allein lebt, und fragen nicht nach der Güte und Schönheit der Dinge, sondern nur nach den Urtheilen, die er darüber fällen kann. Es wird nicht Alles, was er für gut hält, in moralischer Hinsicht gut, sowie nicht Alles, was er für schön hält, wirklich schön sein.
24 »Wenn es keine Ausdehnung giebt«, wird man vielleicht sagen, »so giebt es keine Körper«. Ich sage nicht, dass es keine Ausdehnung gebe, sondern bloss, dass wir sie nur in unsern eigenen Empfindungen wahrnehmen. Daraus folgt, dass wir nicht die Dinge an sich sehen. Vielleicht sind sie ausgedehnt und sogar mit Geschmack behaftet, tönend, gefärbt, riechend, vielleicht auch sind sie nichts von dem allen. Ich behaupte weder das Eine, noch das Andere, und warte auf den Beweis, dass sie so sind, wie sie uns erscheinen, oder dass sie etwas ganz Anderes sind.
Gäbe es keine Ausdehnung, so wäre das kein Grund, die Existenz der Körper zu leugnen. Alles, was man vernünftiger Weise folgern könnte und müsste, wäre, dass die Körper Wesen sind, die in uns Empfindungen veranlassen, und welche Eigenschaften haben, über die wir nichts mit Gewissheit zu sagen vermögen.
»Aber«, wird man einhalten, »es ist durch die Schrift entschieden, dass die Körper ausgedehnt sind, und Du machst die Sache mindestens zweifelhaft!«
Wenn das ist, so macht der Glaube das gewiss, was in der Philosophie zweifelhaft ist, und es giebt da keinen Widerspruch. In dergleichen Fällen muss der Philosoph zweifeln, wenn er seine Vernunft befragt, wie er glauben muss, wenn ihn die Offenbarung erleuchtet. Allein die Schrift entscheidet in dieser Hinsicht nichts. Sie setzt voraus, die Körper seien ausgedehnt, wie sie voraussetzt, sie seien gefärbt, tönend u.s.w., und gewiss ist das eine von den Fragen, welche Gott den Erörterungen der Philosophen hat überlassen wollen.
25 Die Eintheilung der Wesen in verschiedene Gattungen hat also ihren Grund nur in der unvollkommenheit unserer Sehweise, ist mithin nicht in der Natur der Dinge begründet, und die Philosophen thaten darin unrecht, dass sie die Wesenheit jeder Art von Wesen bestimmen wollten. Und doch ist das allezeit der Gegenstand ihrer Forschungen gewesen. Dieser Irrthum kommt daher, dass sie überzeugt waren, unsere Vorstellungen seien uns von der Hand eines Gottes eingeprägt worden, der, ehe er sie uns gab, ohne Zweifel die Natur der Dinge zu Rathe gezogen habe.
26 Beim Geräusch liegt es am Tage, und bei den harmonischen Tönen ist es nicht minder gewiss. Denn man hat bemerkt, dass sie sämmtlich dreifach sind.
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