[112] 13. Musikverständnis

Be Ya war ein guter Zitherspieler. Dschung Dsï Ki war ein guter Zuhörer. Wenn Be Ya die Zither schlug und die Ersteigung eines hohen Berges im Sinne hatte, so sprach Dschung Dsï Ki: »Wundervoll, so steil und kühn, wie der Große Berg!« Hatte er fließendes Wasser im Sinne, so sprach Dschung Dsï Ki: »Vortrefflich, so wogend und wallend wie Fluß und Strom.« Was Be Ya dachte, erriet Dschung Dsï Ki mit Sicherheit.

Als sie einst im Schatten des Großen Berges wanderten, wurden sie plötzlich von einem heftigen Regen überrascht und machten halt unter einem überhängenden Felsen. Be Ya war trübselig gestimmt, nahm seine Zither und spielte. Erst spielte er eine Weise von tropfendem Regen, dann schuf er den Laut von stürzenden Bergen. Welche Melodie er immer spielte, Dschung Dsï Ki erriet sofort seine Stimmung.

Da legte Be Ya die Zither weg und sagte seufzend: »Vortrefflich,[112] vortrefflich hörst du, was ich im Sinne habe. Die Bilder, die du ersinnst, sie gleichen meiner Stimmung. Unmöglich ist es mir, dir mit meinen Tönen zu entgehen.«

Quelle:
Liä Dsi: Das wahre Buch vom quellenden Urgrund. Stuttgart 1980, S. 112-113.
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