Hanswurst

[26] Hanswurst, sonst ein stehender grotesk-komischer Charakter der deutschen Bühne, dem Arlequino der Italiener nachgebildet u. ähnlich gekleidet. Er hatte seinen Namen gleich den nationellen Spasmachern der Franzosen (Jean potage), der Engländer (Jack pudding) u. der Holländer (Pickelhäring), von dem Lieblingsgericht der Deutschen, Wurst. Früher erschien er blos in den Stegreifspielen u. war von den Staatsactionen gänzlich ausgeschlossen. Peter Probst führte ihn 1553 bei den Fastnachtsspielen ein. Die ersten Spuren, daß Schauspieler von Talent diesen Charakter ausbildeten, finden sich im Anfang des 18. Jahrh., wo 1708 in Wien J. Stranitzky zuerst in der Maske eines Salzburger Bauern auftrat u. das Tölpelhafte mehr in Possirlichkeit verwandelte. Nach ihm war in Wien 1720 noch G. Prehhausen berühmt, u. Schönemann u. Franz Schuch waren die letzten ausgezeichneten dieser Gattung in der Mitte des 18. Jahrh., von welcher Zeit an ein besserer Geschmack den H. nach u. nach zu verdrängen suchte. Der Freiherr von Pendel in Wien, Schönemann in Berlin u. die Schauspielerin Neuber in Leipzig (Letztere vorzüglich auf Betrieb Gottscheds) verbannten ihn gänzlich von der Bühne, obgleich ihn selbst Lessing, Möser u. A. noch in Schutz nahmen; dem Namen nach zwar verschwunden, tauchte er doch immer einige Zeit hindurch als Sepperl, Lipperl u. Kasperl wieder auf u. spielt als letzter jetzt noch auf dem Puppentheater eine Rolle.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 26.
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