[20] Ablaufberg (incline, double incline, cat's back, hump, running down plant; dos d'âne; schiena d'asino; die englischen, französischen und italienischen Ausdrücke gelten hauptsächlich dem »Eselrücken«). Die A. sind diejenigen Stellen eines Verschiebe- oder Güterbahnhofs (u. U. auch eines Abstellbahnhofs), an denen das Verteilen der Wagen eines Zuges von einem Verteilungsgleis aus in eine größere Zahl von Ordnungsgleisen hinein erfolgt. Bei neueren Anlagen bedient man sich dabei hauptsächlich der Schwerkraft; das Verteilungsgleis muß zu diesem Zweck ein Gefälle erhalten, u. zw. wendet man entweder einseitige Gefälle an (Liverpool, Dresden, Nürnberg, Pankow) oder Gegenneigungen Eselrücken, Ablaufrücken (zahlreiche norddeutsche und die neueren amerikanischen Bahnhöfe).
Die A. sind die Gradmesser für die Leistungsfähigkeit der Verschiebebahnhöfe, weil alle zu ordnenden Wagen auf ihnen einzeln oder in kleineren Gruppen abrollen müssen; sie sind besonders empfindliche Teile des Bahnhofs, weil sie ihrer ganzen Anlage nach Engpässe darstellen. Ist die Leistungsfähigkeit eines A.[20] (nach der täglichen Achszahl berechnet) erschöpft, so kann der betreffende Bahnhofteil durch kein anderes Mittel als die Verbesserung des A. in seiner Leistungsfähigkeit weiter gesteigert werden.
Die wichtigsten A. sind die »Hauptablaufberge«, die bei neuzeitlichen Anlagen zwischen den Einfahr- (Ablauf-) Gleisen und den sog. »Richtungsgleisen« liegen. Neben ihnen sind zu nennen die A. für das Ordnen »nach Stationen«, die entweder zwischen den »Richtungs-« und »Stationsgleisen« oder in besonderen Ausziehgleisen liegen, von denen aus in die Stationsgleise hinein rangiert wird. Eine ähnliche Gliederung nach der Bedeutung ergibt sich auch für andere Bahnhöfe, die mit A. ausgerüstet sind.
Außer nach der Lage im Bahnhofe lassen sich die A. noch nach der Belastung in etwa drei Gruppen (bis 2000, bis 4000 und über 4000 Achsen am Tag) einteilen. Je größer die Bedeutung eines A. nach Lage im Bahnhof und Belastung ist, desto mehr Mittel dürfen auf ihn verwendet werden.
Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich in erster Linie auf die Hauptablaufberge, wobei im allgemeinen noch vorausgesetzt wird, daß diese zwischen Einfahr- und Richtungsgleisen liegen und daß auf demselben »Berg« gleichzeitig immer nur ein Zug abläuft. Diesen Voraussetzungen würde der Gleisplan der Abb. 28 entsprechen.
Ablaufhöhe und Ablaufneigung. Werden zunächst die A. mit Gegenneigung (die »Eselrücken«) betrachtet, so ist die Ablaufhöhe der Höhenunterschied zwischen dem höchsten Punkt, dem Brechpunkt und dem Ende der Richtungsgleise. Sollen hier die Wagen mit der aus dem Höhenunterschied h gewonnenen lebendigen Kraft bei einem Widerstand w für die Längeneinheit eine Strecke l durchlaufen, so muß sein h = w . l. Der Widerstand w wird für Züge zu 1∙52∙5‰ angenommen; da aber Wagen auf Bahnhöfen bei einer Neigung von 2∙5‰ erfahrungsgemäß im allgemeinen noch nicht ins Rollen kommen und da man auf Verschiebebahnhöfen mit nicht so gut unterhaltenen Gleisen und mit vielen schwerlaufenden Wagen zu rechnen hat, so dürfte es sich empfehlen, w mit 3‰ einzusetzen. Zu der Größe w . l ist noch der Widerstand der Krümmungen hinzuzurechnen. Nun bestehen die Krümmungen fast ausschließlich aus Weichenbögen und den ihnen entsprechenden Krümmungen entgegengesetzten Sinnes, die notwendig sind, um wieder in die Grade der Richtungsgleise einzuschwenken; der Widerstand einer Weichenkrümmung ist aber nach der Formel
für Weichen 1 : 7;
Da außerdem bei den Weichen die zahlreichen, den Widerstand vermehrenden Stöße zu berücksichtigen sind und da die genaue Berechnung doch unmöglich und wertlos ist, dürfte es zu empfehlen sein, statt scheinbar großer Genauigkeit der Berechnung einfach für jede krumm befahrene Weiche und für jeden einer Weichenkrümmung entsprechenden Bogen einen Höhenzuschlag von 10 cm zu machen. Die erforderliche Ablaufhöhe würde sich also in Zentimetern ergeben zu:
h = w ∙ l + n ∙ 10,
wenn n die Zahl der Krümmungen ist. Die Berechnung ist für mehrere Gleise durchzuführen, wodurch das »Gleis des größten Widerstandes« gefunden wird; beim Aufstellen des Entwurfs sollte man sich bemühen, daß die Gleise größter Länge möglichst wenig Krümmungen erhalten, damit der Widerstand in allen Gleisen möglichst gleichmäßig ist.
Diese Berechnung ist allerdings ziemlich theoretisch, soll aber auch nur einen Anhalt geben. Im übrigen ist bezüglich der Höhenbestimmung noch zu beachten:
Es ist vorteilhaft, den Richtungsgleisen auf ganze oder halbe Länge ein schwaches Gefälle (etwa 2∙5‰ oder 1∙25‰) zu geben, weil dann die Wagen nicht so leicht vorzeitig stehen bleiben. Dann würde man aber die dadurch sich ergebende Höhe nicht von dem eigentlichen Berg in Abzug bringen, sondern würde die entsprechend vergrößerte Gesamthöhe annehmen. Mit dieser Vermehrung der Höhe wird man sich abfinden können mit dem Gedanken, daß bei einem niedrigen Berg ein schlecht laufender Wagen den ganzen Ablauf verzögert und auf bequeme Weise nicht beschleunigt werden kann, daß aber auf einem hohen Berg die gut laufenden Wagen den Betrieb nicht stören und auf sehr bequeme Weise in ihrem etwa zu schnellen Lauf verzögert werden können. Sofern die[21] berechnete Höhe bedenklich groß erscheint, kann man zunächst eine geringere Höhe ausführen lassen, um erst im Dienst zu erproben, ob eine Erhöhung zweckmäßig ist. Dabei macht man die Erfahrung, daß den Beamten zunächst die geringere Höhe und die entsprechend geringe Geschwindigkeit der ablaufenden Wagen angenehm ist, daß sie aber nach Einübung selbst den Wunsch nach einer größeren Höhe äußern. Jedenfalls soll man im Auge behalten, daß Hochstopfen bequemer ist als Senken.
Die Wagen laufen je nach Bauart, Beladung, Witterung sehr verschieden. Auf Bauart und Beladung kann man dann Rücksicht nehmen, wenn es sich hauptsächlich um eine bestimmte Wagenart handelt (z.B. beladene Kohlenwagen in dem Bahnhofe eines Kohlenbeckens), im übrigen aber kann man nur, wie oben angegeben, einen Durchschnittswert einsetzen. Dagegen empfiehlt sich vielfach eine besondere Rücksicht auf die Witterung. Schnee und Gegenwind verzögern den Lauf, Kälte erhöht den inneren Widerstand, weil die Schmiere dadurch starr wird (hierbei scheint das Starrwerden der Schmiere eine größere Rolle zu spielen als der Gegenwind, doch fehlen darüber noch genaue Untersuchungen). Die ungünstigen Einflüsse sind naturgemäß am schlimmsten, wenn sie sich gegenseitig verstärken, am ungünstigsten ist demgemäß in Mitteleuropa der Ablauf gegen Nordosten, weil im Winter der Nordostwind gleichzeitig als Gegenwind wirkt und Kälte bringt.
Um die Höhe dem Wechsel des Widerstandes anzupassen, sind verschiedene Einrichtungen ersonnen worden. Von diesen haben sich aber bisher nur zwei im Betriebe bewährt: das Hochstopfen vor Eintritt des Winters und die Anlage eines zweiten höheren Rückens (Winterberges). Das Hochstopfen wird z.B. mehrfach in Amerika angewandt, es hat den Vorzug der Billigkeit, sofern die Gleisanlage einfach ist, und die Höhe kann praktisch bequem ausprobiert werden. Winterberge (etwa nach Abb. 29) sind in Deutschland vielfach ausgeführt und bürgern sich allmählich auch in Amerika ein; sie sind aber nicht billig und erfordern eine bestimmte Längenvermehrung.
Die Neigung der Ablauframpe wird zweckmäßig in mehrere Teilstrecken zerlegt, derart, daß oben die stärkste Neigung vorhanden ist, die sich dann nach unten zu in mehreren Absätzen abflacht. Den obersten Teil wird man dann zwischen den Grenzen von etwa 1 : 25 bis 1 : 40 halten, den zweiten zwischen 1 : 100 und 1 : 150, den dritten wird man sich bemühen, 1 : 400 oder wenigstens 1 : 800 bis etwa über die halbe Länge der Richtungsgleise zu geben. Die Gegenneigung des Ablaufrückens spielt keine erhebliche Rolle; sie richtet sich vor allem nach der zwischen den Ablauf- und Richtungsgleisen vorhandenen Gesamtgefällstufe, die auf großen Bahnhöfen zweckmäßig 1∙52∙5 m betragen sollte.
Die Vermittlung zwischen den beiden Gegenneigungen erfolgt durch eine theoretische Zwischengerade, für die 10 m Länge ausreicht.
Bahnhöfe mit durchgehender Neigung erhalten viel schwächere Neigungen. Gut bewährt hat sich die Neigung von 1 : 100 in Dresden, sie erfordert aber einen sehr großen Gesamthöhenunterschied und daher oft sehr kostspielige Erdarbeiten, so daß man sich mit einer geringeren Neigung begnügen muß. In Nürnberg ist die Neigung von 1 : 200 nur an der Hauptablaufstelle durch eine solche von 1 : 100 ersetzt.
Gleispläne. Die richtige Durchbildung der Gleispläne ist besonders an den Hauptablaufstellen von großer Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit in Bau und Betrieb, die Leistungsfähigkeit, die Sicherheit und die Möglichkeit bequemer Umgestaltungen und Ergänzungen.
Bahnhöfe mit durchgehender Neigung stellen dabei nicht so schwierige Anforderungen an die Entwurfaufstellung wie solche mit Eselrücken. Bei letzteren dürfte es sich im allgemeinen empfehlen, nach Abb. 28, die Ablaufgleise in ein Gleis das Gleis des A. zusammenzuziehen und diesem so viel Länge zu geben, daß die Zwischengrade zwischen den Gegenneigungen, der erste Steilabfall und die Gleisbremse (s.u.) darin untergebracht werden können. Ein etwa vorhandener »Winterberg« ist dann nach Abb. 29 aus dem Gleis des A. abzuzweigen. Die leider vielfach ausgeführte Anordnung nach Abb. 30 ist nicht zu empfehlen; die für sie[22] geltend gemachten Vorzüge (kürzere Länge und Möglichkeit gleichzeitig zwei Züge abrangieren zu können) beruhen auf Trugschlüssen; die Anlage ist außerdem wegen der zahlreicheren Weichenzungen weniger sicher und wegen der vielen doppelten Kreuzungsweichen wesentlich teurer als die Anlage nach Abb. 28.
Da nach Abb. 28 das Gleis des A. die einzige Verbindung zwischen den Ablauf- und Richtungsgleisen bildet, müßten alle Zug- und Verschubbewegungen zwischen den beiden Gleisgruppen über den scharfen Knickpunkt hinübergehen. So unbedenklich das für die weitaus größte Menge der ablaufenden Wagen ist, so ist es doch für bestimmte Bewegungen unerwünscht. Um diesen bequemere Fahrten zu ermöglichen, sollte man die Eselrücken mit »Umführungsgleisen« ausrüsten, die folgenden Zwecken dienen:
a) Züge und Zugteile, die von den Ablauf- (Einfahr-) Gleisen ohne Änderung weiterfahren, sollten ein Umfahrgleis für durchgehende Zugteile erhalten, das nach Abb. 31 mittels Weiche α vor dem Knickpunkt abzweigt. Es braucht jedoch nicht von sämtlichen Einfahrgleisen her zugänglich zu sein.
b) Von sämtlichen eingefahrenen Zügen müssen die Lokomotiven mit den Pack wagen zu der Lokomotivstation fahren. Liegt diese auf der anderen Seite als das oben besprochene Durchfahrgleis (was besonders bei zweiseitig angelegten Bahnhöfen meist der Fall sein dürfte), so wird ein Durchlaufgleis Lokomotivgleis erforderlich, das nach Abb. 31 mittels Weiche β abzweigt.
c) Es gibt Wagen, die nicht ablaufen dürfen (z.B. Wagen mit Sprengstoffen). Diese leitet man dann zweckmäßig ebenfalls mittels Weiche β in das Lokomotivgleis, an das man dann ein Abstellgleis für derartige Wagen anschließt.
d) Unter Umständen wird es notwendig, abzurangierende Wagen rückwärts auf den A. heraufzuziehen (z.B. die sog. Eckläufer). Hierzu dient ebenfalls das Lokomotivgleis, das durch die Weichen γ γ mit den Richtungsgleisen zu verbinden ist, falls Wagen aus den Richtungsgleisen selbst herauf zu holen sind. Ist eine Verbindung γ γ nicht notwendig, wie das bei richtig durchgebildeten Verschiebebahnhöfen meist der Fall ist, so kann ein Gleisplan nach Abb. 32 empfohlen werden.
Als Weichenwinkel wird man in den Einfahr- und Umführungsgleisen solche von tang = 1 : 9 (oder dem sonst auf der Bahn allgemein üblichen Weichenwinkel) wählen. Dasselbe gilt von den ersten Verteilungsweichen. Die steileren Weichen (z.B. 1 : 7) empfehlen sich nur für die weiteren Verteilungsweichen und können dort bei beschränkter Länge mit Nutzen angewendet werden.
Die Ablaufgeschwindigkeit ist bisher nur wenig untersucht worden, obwohl sie für die Durchbildung der A. von größter Bedeutung ist. Sie kann theoretisch berechnet werden, doch sind die tatsächlich auftretenden Geschwindigkeiten selbst innerhalb desselben ablaufenden Zuges sehr verschieden. Dies beeinflußt stark die zweckmäßige Lage der ersten Verteilungsweichen, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden kann.
Die Lage dieser Weichen hängt auch davon ab, ob der A. Gleisbremsen erhält oder nicht. Die Anschauungen darüber, ob Gleisbremsen notwendig, wünschenswert oder entbehrlich sind, sind geteilt; vergleichende, umfassende Beobachtungen hierüber liegen kaum vor. Werden Gleisbremsen angeordnet, so müssen sie so weit unten liegen, daß der Hemmschuhleger an der inzwischen von dem Wagen erreichten Geschwindigkeit ermessen kann, wieviel er wegbremsen muß; anderseits kann eine tiefe Lage der Gleisbremse zu Störungen führen, indem schlecht laufende Wagen von gut laufenden vor der Gleisbremse eingeholt werden. Eine sehr tiefe Lage der Gleisbremsen erfordert meist auch eine Vergrößerung der Gesamtlänge. Die Zahl der notwendigen Gleisbremsen ist nach der Achszahl derart zu ermitteln, daß keine Überanstrengung der Bremse und der Hemmschuhleger eintritt.
Die A. werden mit Verschiebestellwerken ausgerüstet, weil die Einzelbedienung der Weichen zu langsam und unter Umständen auch nicht ungefährlich ist. Hierbei ist die Frage, ob ein großes oder mehrere kleinere Stellwerke den Vorzug verdienen, noch nicht völlig[23] geklärt. Im allgemeinen dürfte aber ein großes Stellwerk besser und wirtschaftlicher arbeiten als mehrere kleine. Bei großem Verkehr und hoher Weichenzahl wird dann aber ein Kraftstellwerk erforderlich. Die Verständigung zwischen Verschiebemeister und Stellwerk erfolgt durch Zuruf oder durch sog. Verschubuhren oder durch (lauttönende) Fernsprecher, letzteres dürfte bei großem Verkehr das zweckmäßigste sein (s. Verschiebebahnhöfe).
Literatur: Prof. Dr.-Ing. Blum, Die Anlage von A. auf Verschiebebahnhöfen. Verkehrstechnische Woche 1909. Eisenbahntechnik der Gegenwart, II, 3. Handbuch der Ing.-W. V., 4., 1.
O. Blum.
Buchempfehlung
1880 erzielt Marie von Ebner-Eschenbach mit »Lotti, die Uhrmacherin« ihren literarischen Durchbruch. Die Erzählung entsteht während die Autorin sich in Wien selbst zur Uhrmacherin ausbilden lässt.
84 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro