Bedingungsweise zur Beförderung zugelassene Gegenstände

[101] Bedingungsweise zur Beförderung zugelassene Gegenstände (articles carried under restrictions; objets admis au transport seulement sous certaines conditions; articoli ammessi condizionatamente). Als solche werden jene Güter bezeichnet, die die Eisenbahn in Einschränkung ihrer Beförderungspflicht wegen ihres großen Wertes, wegen ihrer besonderen Beschaffenheit oder wegen der Gefahren, die sie für die Ordnung und Sicherheit des Eisenbahnbetriebs bieten, nur nach Erfüllung festgesetzter Bedingungen durch den Absender zur Beförderung anzunehmen verpflichtet ist.

Allgemeines. Die Vorschriften über B. betreffen in erster Linie die Verpackung und die Anbringung von bestimmten Aufschriften auf den Behältern. Bei Mangel der Verpackung oder bei Abweichung von der vorgeschriebenen Verpackungsart dürfen die Güter auch gegen Anerkennung der Mängel im Frachtbrief oder mittels allgemeiner Erklärung nicht angenommen werden.

Ferner beziehen sich die Vorschriften auf den Ausschluß der Zusammenpackung mit anderen Gegenständen, den Ausschluß oder eine Beschränkung hinsichtlich der eilgutmäßigen Beförderung, die Inhaltsangabe im Frachtbrief und etwa beizubringende Bescheinigungen und Zeugnisse, Verweisung der Güter auf Beförderung in offen gebauten Wagen u.s.w.

In den in Betracht kommenden Bestimmungen sind aber auch der Eisenbahn im Interesse der Sicherheit von Personen und Gütern gewisse Verpflichtungen auferlegt, so hinsichtlich der Zusammenladung, der Wahl der Beförderungsmittel, der Bezettlung von Gütern und Wagen, der Verschiebung, der Einstellung in die Züge u.s.w.

Die bedingungsweise zu befördernden Artikel zerfallen in drei Hauptgruppen:

1. Güter, die zwar grundsätzlich von der Beförderung ausgeschlossen sind (explosionsgefährliche Gegenstände und selbstentzündliche Stoffe), kraft besonderer Bestimmung jedoch zur Beförderung zugelassen werden.

2. Güter, die zwar im allgemeinen zur Beförderung zugelassen sind, kraft besonderer Vorschrift jedoch nur unter den dort festgesetzten Bedingungen befördert werden (brennbare Flüssigkeiten, giftige, ätzende und fäulnisfähige Stoffe, insoweit sie in diesen Vorschriften namentlich angeführt sind oder in eine der in den Vorschriften angeführten Gruppen fallen).

3. Güter, für deren Beförderung die Eisenbahn besondere Bedingungen im Tarif oder in einzelnen Fällen durch Vereinbarung festsetzen darf. In diese Gruppe fallen Gegenstände, deren Verladung, Entladung oder Beförderung nach der Anlage oder dem Betrieb einer beteiligten Bahn außergewöhnliche Schwierigkeit verursacht oder besondere Vorkehrungen erfordert; Eisenbahnfahrzeuge, die auf eigenen Rädern befördert werden sollen; Wertgegenstände; endlich minder gefährliche Güter, die jedoch wegen ihrer besonderen Beschaffenheit Unzuträglichkeiten herbeiführen können.

Die einschlägigen Vorschriften sind, da die Industrie fortwährend neue Gütergattungen schafft, auch die Art der Erzeugung wechselt und hiermit vielfach das Gefahrmoment beeinflußt wird, häufigen Änderungen unterworfen; sie müssen, dem Stande der Erzeugung folgend, ergänzt oder fallen gelassen werden.

Internationale Regelung. Es ist erklärlich, daß, solange sich die Beförderung in erster Reihe innerhalb der einzelnen Staatsgebiete bewegte, die Bedingungen auf den verschiedenen Eisenbahnen stark abgewichen sind. Mit dem Anwachsen des internationalen Verkehrs hat sich das Bedürfnis ergeben, diese Bedingungen in größere Übereinstimmung zu bringen, und wurden zuerst im VDEV. einheitliche Bestimmungen für ein großes internationales Gebiet aufgestellt. Es ist daher selbstverständlich, daß bei Schaffung des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr in der sehr schwierigen Materie der bedingungsweise zu befördernden Güter die Vereinsbestimmungen die Grundlage gebildet haben.

Der erste schweizerische Entwurf des Berner Frachtrechtübereinkommens sah kein Verzeichnis der bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Güter vor, wohl aber der Gegenentwurf der deutschen Kommission. So entstand nach langen Verhandlungen die endgültige Fassung der Anlage 1 des Internationalen Übereinkommens in XXXV Positionen.

Auf Grund der technischen Konferenz vom Jahre 1893 und der beiden Überprüfungskonferenzen von 1896 und 1905 wurden in der Anlage 1 eine große Zahl von Änderungen und Erweiterungen durchgeführt, ohne die Anordnung im wesentlichen zu ändern. Die Zahl der Nummern ist, vor allem auf Grund der Arbeiten der technischen Konferenz von 1893, auf LIII erhöht worden, wozu noch einige eingeschobene Nummern (beispielsweise XVa, XVb) getreten sind.[101]

Nach dem vom 22. Dezember 1908 an gültigen Text des Internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr sind in dessen Bereich zur Beförderung bedingungsweise zugelassen:

1. Die in der Anlage 1 verzeichneten Gegenstände, unter den daselbst angeführten Bedingungen. Ihnen sind besondere, andere Gegenstände nicht umfassende Frachtbriefe beizugeben.

2. Gold- und Silberbarren, Platin, Geld, Geldwerte, Münzen und Papiere, Dokumente, Edelsteine, echte Perlen, Pretiosen und andere Kostbarkeiten, ferner Kunstgegenstände, wie Gemälde, Statuen, Gegenstände aus Erzguß, Antiquitäten. Zu den Kostbarkeiten sind beispielsweise auch besonders wertvolle Spitzen und besonders wertvolle Stickereien zu rechnen.

Diese Gegenstände werden im internationalen Verkehr auf Grund des internationalen Frachtbriefes, u. zw. entweder nach Maßgabe von Vereinbarungen zwischen den Regierungen der beteiligten Staaten oder von Tarifbestimmungen, die von den dazu ermächtigten Bahnverwaltungen aufgestellt und von allen zuständigen Aufsichtsbehörden genehmigt sind, zugelassen.

3. Leichen. Diese werden zum internationalen Transport mit dem internationalen Frachtbrief unter folgenden Bedingungen zugelassen: a) Die Beförderung erfolgt als Eilgut; b) die Transport gebühren sind bei der Aufgabe zu entrichten; c) die Leiche muß während der Beförderung von einer dazu beauftragten Person begleitet sein; d) die Beförderung unterliegt im Gebiete jedes einzelnen Staates den daselbst in polizeilicher Beziehung geltenden Gesetzen und Verordnungen, soweit nicht unter den beteiligten Staaten besondere Abmachungen getroffen sind.

Nach dem Internationalen Frachtrechtsübereinkommen können einzelne oder alle Vertragsstaaten für ihren wechselseitigen Verkehr vereinbaren, daß die nach diesem Übereinkommen vom internationalen Verkehr ausgeschlossenen Gegenstände unter gewissen Bedingungen, oder daß die in der Anlage 1 aufgeführten Gegenstände unter leichteren Bedingungen zur Beförderung zugelassen werden. Solche Vereinbarungen können – erforderlichenfalls unter Vermittlung des Zentralamtes für den internationalen Eisenbahntransport in Bern – auf schriftlichem Wege oder auf einer zu diesem Zweck einzuberufenden fachmännischen Konferenz getroffen werden. Auch die beteiligten Eisenbahnen können durch Tarifbestimmungen von der Beförderung ausgeschlossene Gegenstände zulassen, wenn a) die Beförderung der betreffenden Gegenstände oder die hierfür in Aussicht genommenen Bedingungen nach den innerstaatlichen Reglements zulässig sind und b) die Tarifbestimmungen von allen zuständigen Aufsichtsbehörden genehmigt werden.

Die Beförderung der hochwertigen Güter hat inzwischen in den internationalen Verbänden eine einheitliche Regelung erfahren. In der Regel bestimmen diese Vorschriften folgendes:

Kunstgegenstände müssen als solche in den Frachtbriefen ausdrücklich bezeichnet werden. Zum Zwecke der Entschädigung wird für derlei Artikel der gemeine Wert nicht höher als 150 Fr. für 100 kg angenommen. Eine Deklaration des Interesses an der Lieferung ist unzulässig.

Ähnliche Vorschriften finden sich in den internationalen Verbänden hinsichtlich der Wertgegenstände im engeren Sinne (Gold- und Silberbarren u.s.w.) Doch sind diese Gegenstände in der Regel auf die eilgutmäßige Beförderung beschränkt und werden nur in vorgeschriebener Verpackung übernommen. Auch ist der Eisenbahn vorbehalten, Begleitung zu fordern.

Das Bedürfnis, die im Verkehre zwischen einzelnen Vertragsstaaten durch das Internationale Übereinkommen ausgeschlossenen Gegenstände unter gewissen Bedingungen oder die in der Anlage 1 aufgeführten Gegenstände unter leichteren Bedingungen zur Beförderung zuzulassen, hat sich bereits anläßlich des Inkrafttretens des Internationalen Übereinkommens (1. Januar 1893) ergeben, und es sind noch im Jahre 1893 derartige erleichternde Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands einerseits und Österreichs und Ungarns anderseits, dann zwischen den Eisenbahnen Deutschlands einerseits und Luxemburgs anderseits in Kraft getreten.

Innerstaatliche Vorschriften. Durch die aus Rücksichten für den Eisenbahnverkehr erlassenen Vorschriften ist der Kreis der Güter, die nur unter Bedingungen angenommen werden dürfen, nicht erschöpft. Es greifen noch andere Vorschriften aus sanitären, veterinären, polizeilichen Gesichtspunkten ein, von deren Erfüllung die Annahme der Güter zur Eisenbahnbeförderung abhängig gemacht ist. Beispielsweise ist die Beförderung von Tiersendungen auf der Eisenbahn meist von der Beibringung behördlicher Atteste (Viehpässe) abhängig gemacht, desgleichen die Beförderung von tierischen Rohprodukten; die Beförderung der Gegenstände der staatlichen Monopole ist in der Regel an die Bewilligung der Behörden des Staates, in den sie eingeführt oder durch den sie durchgeführt werden, geknüpft.[102] Pflanzen, Sträucher, Gewächse, Früchte u.s.w. werden im internationalen Verkehr nur nach Maßgabe der internationalen Konvention gegen die Verschleppung der Reblaus (Phylloxera vastatrix) vom 3. November 1881 zur Beförderung angenommen; im Verkehr nach Rußland gibt es Waren, deren Beförderung von der Verzollung an der Grenze abhängig gemacht ist, bei Giften und Arzneiwaren muß in den Begleitdokumenten nebst dem Empfänger die Person angegeben werden, für die die Sendung zum Gebrauche oder zum Handel bestimmt ist, u.s.w.

Was die innerstaatlichen Eisenbahnbetriebsreglements anbelangt, so haben die Bestimmungen des Internationalen Übereinkommens auf dieselben insoferne eingewirkt, als in der Mehrzahl der am Internationalen Übereinkommen beteiligten Staaten die Vorschriften des Art. 3 und insbesondere der Anlage 1 dieses Übereinkommens auch die Grundlage der neuen internen Vorschriften hinsichtlich der bedingungsweise zu befördernden Güter gebildet haben, selbstverständlich ergänzt und zum Teil durch erleichternde Vorschriften gemildert.

So wurde im wesentlichen vorgegangen in Österreich und Ungarn (bei Feststellung des Betriebsreglements vom Dezember 1892), in Deutschland bei Ausarbeitung der seit dem 1. Januar 1903 gültigen Verkehrsordnung, in der Schweiz bei der Redaktion des Transportreglements der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen vom 1. Januar 1894, desgleichen bei der Neugestaltung des allgemeinen Reglements für die Beförderung auf den Eisenbahnen in den Niederlanden vom 4. Januar 1901, der reglementarischen Bestimmungen für die Beförderung von Gütern, Fahrzeugen, lebenden Tieren und Leichen auf den dänischen Staatsbahnen und den zugehörigen Fährenverbindungen, gültig vom 1. Januar 1897. (Dem österreichischen Betriebsreglement hat sich das Betriebsreglement für den direkten Verkehr zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn einerseits, Serbien, Bulgarien und die Türkei anderseits vom 1. Mai 1898 angeschlossen.)

In Italien befindet sich die Eisenbahngesetzgebung gegenwärtig in einem Übergangsstadium. Nach Beendigung der die Herstellung der Übereinstimmung zwischen internem und internationalem Recht bezweckenden Arbeit wird voraussichtlich das Internationale Übereinkommen auch hinsichtlich der bedingungsweise zu befördernden Gegenstände die Grundlage des internen italienischen Reglements bilden.

Auf eigenen Wegen ist die russische Gesetzgebung geblieben. Das allgemeine Gesetz für die russischen Eisenbahnen enthält als Anlage 6 ein 290 Seiten umfassendes Verzeichnis der Gegenstände, für deren Beförderung besondere Bestimmungen gelten und die von den verschiedensten Gesichtspunkten Aufnahme gefunden haben. Diese Gegenstände sind in 46 Gruppen zusammengefaßt. Ferner bestehen in Rußland »Zeitweilige Vorschriften für die Beförderung von Explosivstoffen auf den Eisenbahnen« (Verfügung des Ministers der Verkehrsanstalten vom 8./11. März 1891), »Vorschriften über die Beförderung mit den Eisenbahnen von leicht entzündlichen, selbstentzündlichen und anderen Stoffen, die bei der Beförderung Schaden verursachen können« (Verfügung des Ministers der Verkehrsanstalten vom 24./28. Februar 1890, Nr. 2474) und »Bestimmungen für die Beförderung von flüssiger Kohlensäure« (Zirkular des Ministers der Verkehrsanstalten vom 28./29. März 1894), bekanntgemacht in der Sammlung der Gesetze und Verfügungen der Regierung Nr. 62 von 1894).

Näheres hierüber ist in der deutschen Ausgabe des allgemeinen Gesetzes für die russischen Eisenbahnen zu finden, die das Berner Zentralamt im Jahre 1900 veröffentlicht hat; dieses Gesetz hat inzwischen einige Änderungen erfahren.

Bedürfnis einer systematischen Änderung der Bestimmungen über B. Es steht außer Zweifel, daß die Anlage 1 zum Internationalen Übereinkommen, ein so reichliches Erfahrungsmaterial ihr zu grunde liegt und so viel ernste Arbeit in ihr niedergelegt ist, die Mängel der Empirie nicht vermeiden konnte. Die Schaffung eines einheitlichen Rechtes hatte so viel Schwierigkeiten daß es gerade auf dem Gebiete der Vorschriften für bedingungsweise zu befördernde Gegenstände vermieden werden mußte, von dem bereits Vorhandenen zu sehr abzuweichen. Schon anläßlich der Konferenz zur Revision des Internationalen Übereinkommens im Jahre 1905 hatte sich der Eindruck geltend gemacht, daß die Anlage 1 den Ansprüchen der Gegenwart nicht entspreche und daß, wenn etwas Dauerhaftes geschaffen werden sollte, man sich mit der Behandlung der damals in Vorschlag gebrachten Ergänzungen und Änderungen nicht begnügen dürfte, sondern daß eine vollständige Umarbeitung der Anlage 1 erforderlich wäre. Aber die für die Verhandlungen der Konferenz eingeräumte Zeit reichte für eine solche umfassende Arbeit nicht aus. Beklagt wurden in Interessentenkreisen Unklarheiten, Mangel an Systematik, Verschiedenheit der Bedingungen, die bei den einzelnen Positionen der Anlage besonders angeführt[103] erscheinen, bei gleichartigen Gütern. Gleiche Klagen wurden auch von den Beamten erhoben, denen die Anwendung dieser Vorschriften oblag.

Als vorbildlich für eine solche systematische Umarbeitung könnte das Reglement für die Beförderung von gefährlichen (explosiven, leichtentzündlichen, giftigen u.s.w.) Gegenständen auf den Eisenbahnen in Frankreich vom 12. November 1897 angesehen werden.

Den Versuch einer wenigstens teilweise methodischen Anordnung enthält auch der Anhang 5 zu den reglementarischen Bestimmungen für Belgien, der sich weder dem Wortlaut, noch der Klassifizierung nach dem Anhang 1 zum Internationalen Übereinkommen angeschlossen hat.


Das französische Reglement zerfällt in fünf Kapitel. Das erste Kapitel (allgemeine Bestimmungen) setzt fest, daß die Beförderung von Nitroglyzerin und von anderen Sprengstoffen mit Ausnahme von Knallerbsen auf den Eisenbahnen untersagt ist und die Beförderung der im Reglement nicht aufgeführten gefährlichen Gegenstände provisorisch verweigert werden kann, vorbehaltlich der Berufung der Interessenten an den Minister der öffentlichen Arbeiten. Das Kapitel II enthält die Klassifikation. Die explosiven, feuergefährlichen, giftigen oder ekelerregenden Gegenstände sind hinsichtlich der für ihre Beförderung zu beobachtenden Vorsichtsmaßregeln in sechs Kategorien eingeteilt, die explosiven und feuergefährlichen Gegenstände bilden die ersten vier Kategorien, die giftigen Gegenstände die fünfte und die ekelerregenden Gegenstände die sechste Kategorie. Kapitel III behandelt die Aufgabe, Verpackung und Verladung, Kapitel IV die Beförderung, Kapitel V überträgt dem Minister der öffentlichen Arbeiten den Erlaß von Ausführungsbestimmungen und enthält noch die Ausnahmen zu gunsten der Militärverwaltung.


Nach systematischen Grundsätzen ist jetzt auch die Anlage C für Deutschland (Eisenbahnverkehrsordnung, gültig von 1. April 1909) sowie für Österreich und Ungarn (gleichlautende Betriebsreglements, gültig vom 1. Januar 1910) völlig neu bearbeitet worden. Die deutsche Eisenbahnverkehrsordnung einerseits und das österreichische und das ungarische Eisenbahnbetriebsreglement anderseits unterscheiden sich nur dadurch, daß im Hinblick auf das Pulvermonopol und in Rücksicht darauf, daß in Österreich und Ungarn nur konzessionierte Sprengmittel erzeugt werden, eine Anzahl von Artikeln, die die Anlage C der deutschen Verkehrsordnung enthält, in die korrespondierende Anlage für Österreich und für Ungarn keine Aufnahme gefunden hat.

Der Aufgabe der vollständigen Umarbeitung der Anlage B (jetzt C) hat sich in Deutschland unter Führung des Deutschen Reichseisenbahnamtes ein besonderer Ausschuß unterzogen, der in persönlicher Fühlung mit den beteiligten Industrien stand.

Die der Anlage bisher zu grunde liegende Numerierung, die als unzweckmäßig erkannt wurde, ist durch eine Gruppierung ersetzt worden. Man ging davon aus, daß sowohl für die Versender als auch für die Versandexpeditionen eine klare und wohlgeordnete Anordnung des Textes der Vorschriften das Notwendigste sei. Die Redaktion wurde vereinfacht und die Benennung der Stoffe überall da geändert, wo die Terminologie mit der im Zolldienst vorkommenden Bezeichnung oder mit der gebräuchlichen oder im Handel und in der Industrie üblichen Benennung nicht übereinstimmte. Neue gefährliche Stoffe wurden aufgenommen, und solche, die im Handel nicht mehr vorkommen, gestrichen. Stoffe, die verschiedene Gefahren in sich schließen, wurden der Gruppe zugewiesen, in der sie der Hauptgefahr nach gehörten. Die Frage, ob die leicht brennbaren festen Stoffe (Heu, Stroh, Torf, Holzspäne u.s.w.) die durch Funkenflug in Brand geraten können, die übelriechenden, aber nicht zugleich fäulnisfähigen Stoffe und die stäubenden Güter (Gips, Kalkäscher u.s.w.) in die Anlage aufgenommen werden sollen, wurde wegen der Geringfügigkeit der mit ihrer Beförderung verbundenen Gefahr und der Schwierigkeit einer Aufzählung verneint, durch eine neue Vorschrift der Verkehrsordnung den Bahnen jedoch die Möglichkeit geboten, selbst vorzusorgen. Wenn für denselben Gegenstand verschiedene Sicherheitsvorschriften zur Verfügung standen, so wurden nach Tunlichkeit die leichtesten gewählt. Hinsichtlich der Verpackung wurden die nach Gruppen aufgestellten Bedingungen so einheitlich als möglich gefaßt. Die Einteilung nähert sich der des französischen Reglements, und, wie im französischen Reglement, sind für jede der Gruppen die Bedingungen genau angegeben, die für die Verpackung, die Aufgabe zur Beförderung, die Frachtbriefe, die übrigen Begleitpapiere, das Transportmaterial, die Beladung, die zu beachtenden Sicherheitsmaßregeln, die zu benützenden Züge und die Einstellung der Wagen in die Züge, die Begleitung in bestimmten Fällen, die Vormeldung an die Stationen und die Verwaltungen, die Ankunft am Bestimmungsorte und anderes verbindlich sind. Der Anlage C sind auch besondere Vorschriften für die Beförderung von bedingungsweise zugelassenen Gegenständen auf elektrischen Bahnen mit oberer Stromzuführung, bei denen ein Bruch der Oberleitung nicht durch besondere Vorrichtung unschädlich gemacht ist, angefügt.[104]

Da durch die neue Eisenbahnverkehrsordnung und das neue Eisenbahnbetriebsreglement die Bestimmungen Deutschlands, Österreichs und Ungarns hinsichtlich der bedingungsweise zu befördernden Güter in größtenteils übereinstimmender Weise neu geregelt erscheinen, wurde die »Vereinbarung leichterer Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Österreichs und Ungarns einerseits und Deutschlands anderseits rücksichtlich der nach dem Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr von der Beförderung ausgeschlossenen oder bedingungsweise zugelassenen Gegenstände« neu redigiert.


In dieser Vorschrift erscheinen die Artikel folgendermaßen gruppiert:

I. Gruppe: Explosionsgefährliche Gegenstände.

II. Gruppe: Selbstentzündliche Stoffe.

III. Gruppe: Brennbare Flüssigkeiten.

IV. Gruppe: Giftige Stoffe.

V. Gruppe: Ätzende Stoffe.

VI. Gruppe: Fäulnisfähige Stoffe.

Die erste Gruppe zerfällt in fünf Untergruppen:

I a) Schieß- und Sprengmittel (eingeteilt in 1. handhabungssichere Schieß- und Sprengmittel, 2. leicht explosive Schieß- und Sprengmittel).

I b) Munition (eingeteilt in 1. handhabungssichere Munition, 2. leicht explosive Munition).

I c) Zündwaren und Feuerwerkskörper.

I d) Verdichtete und verflüssigte Gase.

I e) Stoffe, die in Berührung mit Wasser entzündliche oder die Verbrennung unterstützende Gase entwickeln.


Es liegt unzweifelhaft das Bedürfnis vor – Italien hatte schon im Jahre 1895 dazu die Anregung gegeben – die Anlage 1 zum Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr im modernen Geist umzugestalten. Die Grundlagen hierzu sind im französischen Reglement, in der deutschen Verkehrsordnung und in den Betriebsreglements für Österreich und Ungarn gegeben. Keinen allzu großen Schwierigkeiten kann es mehr unterliegen, auf einem Gebiet, das so sehr der Einheitlichkeit bedarf, wie die Beförderung der bedingungsweise zugelassenen Gegenstände, ein gleiches Recht für den internationalen und den inländischen Verkehr zu schaffen. Nur die Bestimmungen für den wechselseitigen Verkehr mit Spreng- und Schießmitteln und Munition dürften im Hinblick auf die einschlägige innerstaatliche Gesetzgebung im wesentlichen nach Maßgabe des Bedürfnisses und der Zulässigkeit Sondervereinbarungen vorzubehalten sein.

Diesem Bedürfnis Rechnung tragend, ist das Berner Zentralamt mit Schreiben vom 18. Februar 1910 mit der Anregung zur Revision der Anlage 1 hervorgetreten und hat, da dieser Antrag allseits Zustimmung fand, im Jahre 1911 einen Entwurf versandt, der auf den neuen Vorschriften Deutschlands, Österreichs und Ungarns beruht. Zu dessen Behandlung wird im Jahre 1912 eine fachmännische internationale Konferenz in Bern zusammentreten.

Bestimmungen über B. in Amerika. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika sind eingehende »Regeln für die Beförderung von explosiven und anderen gefährlichen Gegenständen als Fracht- und als Eilgut«, gültig vom 31. März 1912, von der Interstate Commerce Commission aufgestellt worden.

Diese Regeln zerfallen in drei Abschnitte, von denen der erste die Beförderung von explosiven Gegenständen als Frachtgut, der zweite die Beförderung anderer gefährlicher Gegenstände als Frachtgut behandelt, während im dritten Abschnitt die Vorschriften für die Beförderung aller gefährlichen Gegenstände als Eilgut zusammengefaßt sind.

In den Frachtgruppen sind die nicht zu den explosiven Stoffen gehörenden gefährlichen Gegenstände in nachstehende Gruppen eingeteilt: 1. ausgeschlossene Gegenstände, 2. brennbare Flüssigkeiten, 3. brennbare feste Stoffe, 4. selbstentzündliche Gegenstände, 5. ätzende Flüssigkeiten, 6. verdichtete Gase.

Bei den einzelnen Gruppen sind die Vorschriften für die Verpackung, die zulässigen Gewichtsgrenzen, die an Gütern und Wagen anzubringenden Plakate, die erforderlichen Bescheinigungen, das Vorgehen bei Unfällen u.s.w. angeführt.

v. Frankl-Hochwart.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 2. Berlin, Wien 1912, S. 101-105.
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