Flügelkuppelung, elektrische

[104] Flügelkuppelung, elektrische, auch Haltfallvorrichtung oder Rückstellvorrichtung genannt (electric coupling of signal arms; enclenchement électrique des bras de sémaphores; accopiamento elettrico delle all semaforicche), ist eine zwischen Signalantrieb und Signalflügel eingeschaltete Vorrichtung, bei der ein Elektromagnet, wenn er Strom (Kuppelstrom) erhält, den Signalantrieb mit dem Flügel so kuppelt, daß das Signal auf Fahrt gestellt werden kann. Bei Unterbrechung des Kuppelstroms läßt der Magnet seinen Anker los und der Flügel fällt durch sein Eigengewicht auf Halt. Die Haltlage des Flügels wird zwangsweise durch den Signalantrieb herbeigeführt, wenn der Signalhebel zurückgelegt wird, bevor der Kuppelstrom unterbrochen ist oder wenn der Flügel nach Unterbrechung des Kuppelstroms in der Fahrtstellung verbleiben sollte. Am meisten verbreitet ist die F. von Siemens & Halske, deren allgemeine Anordnung aus den Abb. 100, 101 u. 102 ersichtlich ist. Mit dem Signalantrieb ist der Hebel h verbunden, der um die feste Achse o drehbar ist. Auf einer zweiten festen Achse u dreht sich der Winkelhebel w, dessen oberer Arm den Elektromagneten E trägt und durch eine feste Stange mit dem Signalflügel verbunden ist. Der Anker a des Elektromagneten ist in dem zweiten Arm des Winkelhebels w gelagert. Die Achse f des Ankers tritt über den Hebel vor, ist aber dort zur Hälfte weggeschnitten. Ein Ansatz k des Hebels h drückt durch die Verlängerung p der Ankerstütze m den Anker in der Ruhelage leicht gegen die Polschuhe des Elektromagneten. In dem oberen Arm des Winkelhebels w ist die Klinke l gelagert.

Die Wirkungsweise der Einrichtung ist folgende:

a) Fahrtstellung. Der Elektromagnet ist von Strom durchflossen. Der Signalantrieb zieht das hintere Ende des Hebels h nach unten. Dabei legt sich die Schneide i des Hebels h gegen die Nase n der Klinke l, deren Ende e sich gegen die Achse f abstützt. Sobald dieses geschehen ist, wird bei Weiterdrehung des Hebels h auch der Magnetträger w um[104] seine Achse u gedreht und dadurch der Signalflügel in die Fahrtstellung gebracht.

Würde beim Umlegen des Signalhebels der Elektromagnet nicht von Strom durchflossen sein, so würde der Anker a bei der Bewegung des Hebels h nach unten die in Abb. 101 dargestellte Lage einnehmen, die Klinke l würde auch bei der Weiterbewegung des Hebels h ausweichen und sich um die Achse d drehen. Der Magnetträger w würde sich nicht aus seiner Lage bewegen und der Flügel in der Haltstellung verbleiben.

b) Haltstellung. Sobald der Kuppelstrom unterbrochen wird, fällt der Anker a ab (Abb. 102). Damit verliert die Klinke l ihre Unterstützung bei e, sie weicht nach rechts aus, der Magnetträger w fällt durch sein eigenes Gewicht und das des Elektromagneten nach unten und nimmt den Flügel mit in die Haltstellung.

Wird der Signalhebel umgelegt, bevor der Kuppelstrom unterbrochen ist, so bleibt die starre Kuppelung zwischen dem Antrieb und dem Flügel durch h, l und w bestehen und der Flügel wird zwangläufig auf Halt gestellt.

Durch besondere Vorrichtungen ist noch verhindert, daß ein durch Stromunterbrechung in die Haltlage gefallener oder beim Umlegen des Signalhebels bei fehlendem Kuppelstrom in der Haltlage verbliebener Flügel durch Ziehen an der Flügelstange von der Hand in die Fahrstellung gebracht werden kann. Als Kuppelstrom wird Gleichstrom verwendet, der während der Fahrtstellung des Signals dauernd fließt.

Die sämtlichen Teile der Kuppelung sind in einem gußeisernen Gehäuse untergebracht, das am Signalmast befestigt wird. Sollte es aus irgend einem Grunde nötig werden, die Kuppelung unabhängig von der Wirkung des Kuppelstroms zu machen, so kann durch Umlegen eines außerhalb am Gehäuse befindlichen Griffes, der gewöhnlich durch eine Plombe festgelegt ist, die Klinke l so festgestellt werden, daß die Kuppelung zwischen Flügel und Antrieb auch ohne den Kuppelstrom vorhanden ist. Bei mehrflügeligen Signalen ist für jeden Flügel ein Kuppelmagnet nötig. Es lassen sich jedoch mehrere Kuppelungen mit einem Signalhebel verbinden. Wird der Signalhebel umgelegt, so folgen nur die Flügel, deren Kuppelungselektromagnete Kuppelstrom erhalten. Ähnliche F. werden auch von der Firma C. Stahmer in Georgsmarienhütte und von der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft gebaut.

Auf den preußisch-hessischen Staatseisenbahnen wird die elektrische F. bei der elektrischen Streckenblockung an den Ausfahrsignalen der Bahnhofsgleise angebracht, aus denen zwei hintereinander fahrende Züge auf dasselbe Signal ausfahren könnten. Es sind dieses vor allem die Ausfahrsignale für die durchgehenden Hauptgleise der Durchgangsstationen. Dadurch soll verhindert werden, daß nach Ausfahrt eines Zuges ein zweiter Zug aus demselben Gleise auf das in Fahrtstellung belassene Signal ausfährt. Auch auf den übrigen deutschen Bahnen wird die elektrische F. in dieser Weise verwendet. Ebenso erhalten in[105] Österreich und Ungarn neuerdings die Ausfahrsignale, die mit der Streckenblockung zusammenhängen, elektrische F.

Für den Zusammenhang zwischen der F. und den Stellwerk- und Blockeinrichtungen sind für die preußisch-hessischen Staatseisenbahnen folgende Bestimmungen getroffen: »Die Fahrstraßenhebel der Ausfahrsignale sind in mechanischen Stellwerken durch Gleichstromfelder festzulegen. Diese Felder erhalten Kontakte, durch die beim Blocken die Stromkreise zur elektrischen Signalflügelkuppelung und zum Magnetschalter eingeschaltet und beim Entblocken abgeschaltet werden. Die Verbindungen mit dem Schienenstromschließer und der F. sind durch Kabel herzustellen.«

Die Abb. 103 zeigt die Schaltung für ein mit F. versehenes Ausfahrsignal, Abb. 104 die für zwei solche Ausfahrsignale bei gleichzeitiger Benutzung des Schienenstromschließers zur Auflösung der durch ein Sperrfeld festgelegten Fahrstraße.

F. werden zuweilen auch bei Ausfahrvorsignalen verwendet. Es geschieht dieses z.B. dann, wenn ein Ausfahrvorsignal am Einfahrmast angebracht ist und mit dem Einfahrsignal einen gemeinsamen Antrieb erhält. Der Kuppelungsmagnet der Vorsignalscheibe erhält in diesem Falle nur dann Strom, wenn das zugehörige Ausfahrsignal auf Fahrt steht. Die Vorsignalscheibe wird also nur dann umgeklappt, wenn der Flügel am zugehörigen Hauptsignal auf »Fahrt frei« steht.

Hoogen.

Abb. 100.
Abb. 100.
Abb. 101.
Abb. 101.
Abb. 102.
Abb. 102.
Abb. 103.
Abb. 103.
Abb. 104.
Abb. 104.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 104-106.
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Faksimiles:
104 | 105 | 106
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