Fracht

[115] Fracht, Frachtgeld, Frachtlohn (freight and charges; frais de transport; porto o prezzo di trasporto), der vom Absender oder Empfänger für die Beförderung eines Guts (im weiteren Sinn auch eines Gepäckstücks) an den Frachtführer zu zahlende Preis. (In einem anderen, hier nicht weiter in Betracht kommenden Sinn versteht man unter F. die Ladung selbst.) Die Zahlung der F. kann vor oder nach Erfüllung des Frachtvertrags seitens des Frachtführers erfolgen (s. jedoch Frankaturzwang). Verpflichtet zur Zahlung der F. ist auf Grund des Vertrags der den Vertrag mit dem Frachtführer Abschließende, d.i. der Absender. Da dieser aber nur selten auch der Empfänger des Gutes ist, so wäre er genötigt, die Fracht entweder immer im voraus zu entrichten oder dem Empfänger eine Weisung zugehen zu lassen, für ihn die F. zu bezahlen. Um ein solches, den Interessen des Handels nicht entsprechendes Verhältnis zu beseitigen, wurde gesetzlich die Verpflichtung des Empfängers zur Zahlung der F. an Stelle des Absenders unter gewissen Voraussetzungen ausgesprochen (s. Frankatur). Selbstverständlich kann eine solche Verpflichtung des Empfängers, der ursprünglich ganz außerhalb des Vertrags[115] steht, erst wirksam werden, wenn er zum Frachtführer in ein rechtliches Verhältnis getreten ist, was durch Annahme des Frachtbriefs oder durch Anstellung der Klage auf Ausfolgung des Frachtbriefs und des Guts geschieht. Diese Tatsache verpflichtet ihn, dem Frachtführer nach Maßgabe des Frachtbriefs Zahlung zu leisten. Die Zahlung der F. obliegt demnach dem Versender, wenn das Gut frankiert, oder dem Empfänger, wenn das Gut unfrankiert aufgegeben wird; im letzteren Fall hat der Frachtführer im Frachtbrief eine auf den Adressaten lautende Zahlungsanweisung und braucht seinerseits zur Ablieferung des Guts nur gegen Bezahlung auf Grund der Anweisung zu schreiten. Aber auch in diesem Fall bleibt die vertragsmäßige Verpflichtung des Versenders zur Zahlung der F. bestehen, indem der Frachtführer an diesen immer den Rückgriff hat, wenn er ohne eigenes Verschulden vom Empfänger Bezahlung der F. nicht erlangen kann, sei es, daß dieser die Annahme des Guts überhaupt oder die Zahlung der F. aus irgend welchen Gründen verweigert.

Werden die Frachtgelder auf den Empfänger zur Zahlung angewiesen, so muß letzterer mit seiner Gegenleistung vorangehen, da erst nach geschehener Zahlung der F. und der auf dem Gut haftenden Auslagen und Gebühren die Auslieferung des Guts gegen Einlieferung der Empfangsbescheinigung und Vorzeigung des mit der Empfangsbestätigung versehenen Frachtbriefs erfolgt.

Aus dem Frachtbriefmuster ist zu ersehen, ob die F. vom Absender bezahlt oder vom Empfänger zu berichtigen ist; in dem einen Fall ist die F. als »Frankofracht«, in dem andern Fall in Überweisung gesetzt.

Die Berechnung der F. richtet sich nach den Bestimmungen der Tarife und Reglements. Sie erfolgt zumeist nach Maßgabe der Tarifklassen (Einheitssätze), Entfernungen und Gewichtssätze. An Stelle des Gewichts kommen für die Berechnung der F. vielfach andere Faktoren in Betracht, so beispielsweise der verwendete Wagen, dessen Ladegewicht oder Laderaum, die Stückzahl (bei lebenden Tieren, Fahrzeugen, Leichen u.s.w.), die laufende Achse (bei Eisenbahnfahrzeugen, die auf eigenen Rädern laufen), der Wert des Guts (bei Geldsendungen u. dgl.).

Mitunter erfolgt die Berechnung der F. nach andern Wegeinheiten als einfachen Kilometern (Meilen); s. Einheits- und Zonentarif.

Zur Vereinfachung der Manipulation wird die F. für ein Mindestgewicht, eine Mindestentfernung und mit einem Mindestbetrag berechnet.

Ebenso erfolgt im einzelnen Fall eine Abrundung der Entfernung, des Gewichts und der ermittelten F.

Nach den in Deutschland und Österreich-Ungarn für die Berechnung der F. geltenden Bestimmungen (§ 68 EVO. und BR.) sind die tarifmäßigen Beträge für F. und für die zugelassenen Gebühren von der Eisenbahn in den Frachtbrief einzutragen. Außer diesen Beträgen darf die Eisenbahn nur bare Auslagen in Rechnung stellen, z.B. von ihr bezahlte Aus-, Ein- oder Durchgangsabgaben, Kosten für Überführung, Ausgaben für notwendige Ausbesserungen oder für andere Arbeiten zur Erhaltung des Gutes. Auch diese Beträge sind unter Beifügung der Beweisstücke im Frachtbrief ersichtlich zu machen. Die Eisenbahn darf für bare Auslagen die tarifmäßige Gebühr (Provision) erheben; ausgenommen sind die von der Eisenbahn verauslagten Rollgelder, die F., die Gebühren und Beträge für Porto.

Das IÜ. sowie das niederländische und das schweizerische Transportreglement enthalten über die Berechnung der F. im wesentlichen gleiche Vorschriften wie die EVO. und das BR.

Die Berechnung der F. auf Grund der Bestimmungen der Tarife obliegt der Güterexpedition nach vorausgegangener Prüfung des vom Absender ausgefüllten Frachtbriefs; sie benutzt hierzu die auf dem Frachtbrief befindliche Note und überträgt in diese die aufgegebenen Nachnahmen und die Provision dafür, berechnet dann die eigentliche F. unter Angabe des Einheitssatzes, der Tarifklasse u.s.w. und vermerkt die etwa zur Erhebung kommenden Nebengebühren. Die F. ist in dem Frachtbrief deshalb genau vorzutragen, damit es dem Empfänger ermöglicht wird, eine Prüfung der angesetzten F. vorzunehmen; zu diesem Zweck ist der Vermerk des Einheitsfrachtsatzes und bei gebrochener Kartierung der Eintrag derjenigen Stationen vorgeschrieben, bis zu denen die einzelnen Sätze, aus denen sich die Gesamtfracht zusammensetzt, berechnet werden.

In der Regel ist für die richtige Berechnung der Frankaturfracht die Kartenausstellungsstation und für die richtige Berechnung der Überweisungsfrachten die Kartenschlußstation verantwortlich und haftbar; bei den deutschen und österr. Bahnen sind indessen die Empfangsexpeditionen für die Richtigkeit aller Beträge der Karte – mit Ausnahme der Lokalnebengebühren der Versandbahn sowie etwaiger Unterwegsnachnahmen – verantwortlich und haben demzufolge nicht bloß die Überweisungen,[116] sondern auch die von der Versandstation vorgetragene Frankatur nachzurechnen, mit den Frachtbriefen genau zu vergleichen und hierbei etwa vorgefundene Unrichtigkeiten zu berichtigen.

Die Änderungen der Frachtgebühren sind den Versandabfertigungen mitzuteilen; werden diese nicht anerkannt, so ist die Entscheidung der Direktion (Verkehrskontrolle) herbeizuführen.

Aus unrichtigen Anwendungen des Tarifs so aus Fehlern bei der Gebührenberechnung soll weder der Eisenbahn noch dem zur Zahlung Verpflichteten ein Nachteil erwachsen (§ 70 EVO. und BR.). Daher hat derjenige, der an F. zu viel bezahlt hat, Anspruch auf Rückvergütung des zur Ungebühr entrichteten Betrags (s. Frachterstattung). Anderseits ist der, von dem infolge irriger Berechnung zu wenig F. eingehoben wurde, gegenüber der Bahnanstalt zur Nachzahlung des zu wenig erhobenen Betrags verpflichtet.

Bei unfrankierten Sendungen trifft diese Verpflichtung den Empfänger, vorausgesetzt, daß er durch Annahme des Guts und des Frachtbriefs in ein Vertragsverhältnis zur Eisenbahn getreten ist, andernfalls und bei frankierten Sendungen den Absender, u.zw. ohne Rücksicht darauf, ob er in eigenem Namen oder als Mittelsperson den Frachtvertrag abgeschlossen hat. Die Verpflichtung zur Nachzahlung besteht auch dann, wenn dem Absender auf seine ausdrückliche Erkundigung nach dem Transportpreis von der Versandexpedition ein bestimmter – niedrigerer als der tarifmäßige – Frachtsatz genannt wird und er daraufhin den Vertrag abschließt, oder wenn der Irrtum der Bahn bei der Gebührenberechnung dem Absender oder dem Empfänger insofern einen Nachteil zufügt, als dieser im Vertrauen auf die Richtigkeit der Berechnung danach den Verkaufspreis der Ware bemessen und die letztere bereits verkauft hat (s. Frachterstattung und Frachtreklamation).

Die Eisenbahn hat als Frachtführer wegen der F. ein bevorzugtes Pfandrecht an dem Gute.

Das IÜ. bestimmt in den Art. 21 und 22, daß die Eisenbahn für die F., Nebengebühren, Zollgelder u.s.w. die Rechte eines Faustpfandgläubigers an dem Gute hat. Dieses Pfandrecht besteht, solange das Gut in der Verwahrung der Eisenbahn oder eines Dritten sich befindet, der es für sie inne hat. Die Wirkungen des Pfandrechts bestimmen sich nach dem Rechte des Landes, wo die Ablieferung erfolgt (s. Frachtrecht).

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 115-117.
Lizenz:
Faksimiles:
115 | 116 | 117
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?

58 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon