Gleisnumerierung

[349] Gleisnumerierung, auch Benummerung der Gleise (track numeration; numération des voies; numeri dei binari); nennt man die Bezeichnung der einzelnen Gleise eines Bahnhofes durch Zahlen. Die Gleisnummern erleichtern wesentlich das Zurechtfinden; sie werden in die Pläne eingetragen, auf großen Verschiebebahnhöfen auch an Ort und Stelle durch Nummerntafeln angegeben. Die G. erfolgt bei den einzelnen Bahnverwaltungen nach verschiedenen Gesichtspunkten. Vielfach werden die Hauptgleise mit römischen Ziffern, die Nebengleise mit arabischen Ziffern bezeichnet.


Beispielsweise werden bei den preußisch-hessischen Staatsbahnen die Gleise vom Hauptbahnsteig oder, wo ein solcher fehlt, von einer Seite anfangend fortlaufend gezählt. Das Hauptgleis einer zweigleisigen Strecke – beispielsweise das im Sinne der Kilometrierung rechts gelegene – heißt deshalb auf einfachen Zwischenstationen Gleis 1 oder Gleis 2, je nachdem das Empfangsgebäude rechts oder links liegt. Liegen Nebengleise zwischen dem Empfangsgebäude und den durchgehenden Hauptgleisen, so enthalten diese letzteren entsprechend höhere Nummern. Bei Stationen, wo das Empfangsgebäude zwischen den Gleisen liegt und Bahnsteige zu beiden Seiten des Gebäudes sich befinden, werden die Gleisnummern für jede Seite besonders vom Gebäude anfangend gezählt und dabei zur Unterscheidung Buchstabenzusätze verwendet. Diese wählt man nach der Himmelsrichtung, der Bahnbezeichnung[349] oder besonderen örtlichen Verhältnissen, z.B. 1 N (erstes Nordgleis) u.s.w. Die zwischen diesen beiden Bahnhofseiten liegenden Gleise werden besonders benannt.

Nach den österreichischen Vorschriften für den Verkehrsdienst (Art. 11, 2) soll das linksseitige Hauptgleis, bzw. das durchgehende Gleis, vom Anfangspunkt der Linie gesehen, stets mit 1, alle anderen von diesem links gelegenen Gleise mit den ungeraden Nummern fortlaufend, wie 3, 5, 7 u.s.w., alle rechts liegenden Gleise mit den geraden Nummern, wie 2, 4, 6 u.s.f. bezeichnet werden.

In Frankreich nennt man das Hauptgleis, das von den Zügen im Sinne der Kilometrierung befahren wird »voie gauche« manchmal auch »voie montante«, »voie impaire« oder »voie Nr. 1«; auf ihm verkehren die Züge mit ungeraden Nummern. Das andere Hauptgleis heißt »voie droite«, »voie descendante«, »voie paire« oder »voie Nr. 2«; es wird von den Zügen mit gerader Nummer durchlaufen. Im allgemeinen geht die Kilometrierung von Paris aus; bei Querlinien werden besondere Festsetzungen getroffen. Die Nebengleise auf der Seite des Gleises 1 erhalten dann die Nummern 3, 5, 7 u.s.w., auf der Seite des Gleises 2 die Nummern 4, 6, 8 u.s.w.

In England gibt es für die G. keine einheitliche Regel. Selbst die Hauptgleise erhalten keine Nummer, sie werden nur durch die Bezeichnung »up main« und »down main« unterschieden, je nachdem sie in der Richtung auf London zu oder aus der Richtung von London her befahren werden. Güterüberholungsgleise auf Zwischenstationen bezeichnet man wohl als »up goods« und »down goods«. Einzelne Gleisgruppen auf Stationen werden nach ihrer Bestimmung wie »Carriage sidings« (Wagengleise) oder nach ihrer besonderen Örtlichkeit benannt. Innerhalb jeder Gleisgruppe werden die einzelnen Gleise nach Nummern unterschieden, die in der Richtung vom Hauptgleise aus zählen und in jeder Gruppe wieder mit 1 beginnen.

Auf den Plänen der neueren großen amerikanischen Personenbahnhöfe werden die Gleise vielfach von einer Seite des Bahnhofs zur anderen fortlaufend gezählt; durchgehende Weichenstraßen werden außerdem durch große Buchstaben besonders bezeichnet.


Literatur: Ztg. d. VDEV. 1902, S. 1275.

Oder.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 349-350.
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