Kaschau-Oderberger-Eisenbahn

[331] Kaschau-Oderberger-Eisenbahn (k. k. priv. Kaschau-Oderberger Bahn; Kassa-oderbergi vasut.), teils in Ungarn, teils in Österreichisch-Schlesien gelegene Privateisenbahn. Der Sitz der Gesellschaft und der Generaldirektion ist Budapest – für die österreichische Linie besteht eine Betriebsdirektion in Teschen, für die ungarischen Linien eine Betriebsleitung in Kaschau. Die K. besteht aus der österreichischen Linie (63∙5 km) Oderberg-Landesgrenze (Csacza) und den ungarischen Linien (362∙8 km), hiervon Landesgrenze Ruttek-Kaschau (286∙8 km) und Abos-Orló Landesgrenze (Leluchow, 76 km) zusammen 426∙3 km. Von der Gesamtlänge ist auf der ungarischen Linie die Strecke Seilein-Landesgrenze (37∙4 km) und auf der österreichischen Linie die Strecke Landesgrenze-Jablunkau (12∙5 km) zweigleisig; der Bau des zweiten Gleises auf der Strecke Jablunkau-Orlau (40∙8 km) ist in Durchführung begriffen. Zu dem Betriebnetz der K. gehört auch die 4∙7 km lange, schmalspurige Zahnradbahn Csorba-Csorbató (Sommerbetrieb). Die Strecke Orló-Landesgrenze wird von den österreichischen Staatsbahnen betrieben.

Die K. hat außerdem auf österreichischem Staatsgebiete die österr. Staatsbahnlinie Landesgrenze-Zwardon (0∙4 km) und auf ungarischem Staatsgebiete die ungarische Staatsbahnlinie Csacza-Landesgrenze der Linie Csacza-Zwardon, ferner 12 Lokalbahnen in Betrieb.

Die Bahn dient hauptsächlich dem Güterverkehr, die Einnahmen aus dem Personenverkehr erreichen etwa 19–20% der Einnahmen aus dem Güterverkehr. Die K., besonders die Strecke von Ruttek nach Oderberg, verbindet das Netz der ungarischen Staatsbahnen mit den deutschen Bahnen.

Ihre Einnahmen verdankt die K. zum großen Teil den von den ungarischen Bahnen herrührenden Durchgangsgütern, dem bedeutenden Kohlen- und Koksverkehr aus Oberschlesien, den an der K. selbst gelegenen reichen Schätzen von Rohprodukten (Kohle, Erze u.s.w.) sowie Bauholz.

Die im Jahre 1866 verliehene Konzession für die Linie Kaschau-Oderberg nebst der Zweigbahn Abos-Eperjes sicherte den Konzessionären nebst einer zweijährigen Steuerfreiheit ein jährliches Reinerträgnis von 2,683.000 fl. zu. In einem im Jahre 1867 abgeschlossenen Nachtragsübereinkommen, wurde der K. ein Barvorschuß von 5 Mill. fl. zugesichert, die Ertragsgarantie auf 2,948.390 fl. erhöht, die Steuerfreiheit auf neun Jahre ausgedehnt und den Konzessionären gestattet, Prioritäten im doppelten Betrag des Aktienkapitals auszugeben. 1868 genehmigte die Regierung die Übertragung der Konzession an die Brüsseler »Banque de crédit foncier et industriel«. Nachdem auch diese Bank und deren Nachfolgerin, die »Société de crédit foncier international«, nicht im stande waren, die Konzession durchzuführen, erklärte 1869 die anglo-österreichische Bank, in deren Rechte eintreten und das Kapital beschaffen zu wollen. Nach Genehmigung dieses Übereinkommens (1869) durch die beiden Regierungen fand die Übergabe der Bauten an das neue, von der anglo-österreichischen Bank gebildete Konsortium statt. Die Anglobank begab das Aktienkapital von 19,412.000 fl. abzüglich von 5 Millionen fl. zur Refundierung des Staatsvorschusses und brachte von den Prioritätsobligationen im Gesamtbetrag von 38,825.200 fl. in Silber einen Teilbetrag von 5 Mill. fl. zur Ausgabe. Seither wurden das Aktienkapital (anläßlich der Übernahme der Eperjes-Tarnówer Bahn) erhöht und wiederholt neue Anlehen, insbesondere für Investitionszwecke unter Gewährung der Staatsgarantie aufgenommen.

Die Strecken der K. wurden 1869–1870 eröffnet.

In das Jahr 1876 fällt die für die K. wichtige Fusion mit der Eperjes-Tarnówer Bahn (konzessioniert 1871). Die Eröffnung der Strecke Eperjes-Orló hat 1873, jener von Orló an die Landesgrenze (Leluchow) 1876 stattgefunden.

Die Genehmigung des Fusionsvertrages erfolgte unterm 11. Juni 1879 (Gesetzartikel XXXVIII von 1879).

1879 erfolgte die tatsächliche Vereinigung der K. und der Eperjes-Tarnówer Bahn, sowie die Übergabe des Betriebs der Linie Eperjes-Orló von der Direktion der ungarischen Staatsbahnen an die K.

1913 wurde von der K. und der österr. Regierung eine Vereinbarung wegen Herstellung des zweiten Gleises auf der Strecke Landesgrenze-Oderberg und Durchführung sonstiger Investitionen (im Gesamtbetrage von 16∙4 Mill.) getroffen.

Anschluß hat die K. u.a. bei Kaschau an die kgl. ung. Staatsbahnen, bei Abos Abzweigung nach Orló, bei Kralován an die Arvatalbahn, bei Ruttek und Sellein an die ung. Staatsbahnen, bei Csacza Abzweigung nach Zwardon, bei Teschen Anschluß an die[331] österr. Staatsbahnen und an die Linie Teschen-Groß-Kunzendorf der Ostrau-Friedländer Eisenbahn, bei Karwin an die Lokalbahn Petrowitz-Karwin und an die schlesischen Landesbahnen, bei Dombrau an die Montanbahn der Kaiser Ferdinands Nordbahn, bei Oderberg an die österr. und an die preuß. Staatsbahnen, in Orló und Zwardon an die österr. Staatsbahnen.

Die Gleise sind durchwegs mit Stahlschienen belegt.

Die stärkste Steigung beträgt 16∙62, der kleinste Krümmungshalbmesser 275 m. Die Bahn hat 317 Brücken bis einschließlich 10 m Weite jeder Öffnung, 57 Brücken von über 10 m Weite jeder Öffnung (größte Brücke 158 m lang), 1 Viadukt (41 m lang, 20 m hoch), 5 Tunnel, 9 Überbrückungen.

Das ganze Gesellschaftskapital betrug Ende 1913 K 244,509.515∙96.

Das verwendete Anlagekapital betrug Ende 1913: Für


Bahnbau und Ausrüstung139,037.567 K
Anschaffung von Fahrbetriebsmitteln 15,906.631 K
Zusammen 154,944.198 K

In den Jahren 1910–1913 stellten sich die Betriebsergebnisse, wie folgt:


Kaschau-Oderberger-Eisenbahn

Von den Gesamteinnahmen des Jahres 1913 kommen 22,644.821 K (64∙42%) auf die ungarischen Linien und 12,504.837(35∙58%) auf die österreichische Linie.

Von den Gesamtausgaben des Jahres 1913 kommen 18,481.517 K (66∙65%) auf die ungarischen Linien und 9,248.103 K (33∙35%) auf die österreichische Linie.

Der Betriebskoeffizient stellte sich 1913 auf 78∙89% (1912 auf 74∙69%).

Im Jahre 1913 leistete die ungarische Regierung eine Garantiezahlung von 4,655.187 K. Von der österreichischen Regierung wurde keine Garantie beansprucht.

Von der Investitionsanleihe von 46∙5 Mill. K (ungar. Gesetz-Art. XXXII vom Jahre 1908) wurden bis Ende 1913 42,335.985 K in Anspruch genommen. Bezüglich der auf der österreichischen Strecke in Aussicht genommenen Investitionen sind die Vorberatungen so weit gediehen, daß die Betriebseröffnung des zweiten Gleises zwischen Teschen und Orlau bis Ende des Jahres 1914 gewärtigt werden kann.

Pulszky.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 6. Berlin, Wien 1914, S. 331-332.
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