Geßner, Salomon

[312] Geßner, S. Der berühmte Idyllendichter Salomon Geßner, geb. am 1. 4. 1730 als Sohn des Buchhändlers Conrad Geßner[312] in Zürich, entstammte einem Gelehrtengeschlechte, das der Stadt Zürich eine Reihe großer Männer, namentlich Naturgelehrte, gegeben hat. Der junge Geßner wurde bei einem Pfarrherrn auf dem Lande erzogen und kam dann als Lehrling in die väterliche Buchhandlung, die er als einziger männlicher Sprößling einst selbständig weiterführen sollte. 1749 schickte ihn sein Vater nach Berlin in die Haude und Spenersche Buchhandlung, die er aber infolge der strengen dort herrschenden Zucht verließ und eine zeitlang seiner Neigung für Dichtung und Malerei lebte. 1750 nach Hause zurückgekehrt, widmete er sich dem Geschäfte des Vaters und brachte zugleich seine Lieblingsneigungen zu praktischer Ausführung. So war er also Buchhändler, Dichter, Maler und Radierer in einer Person. Wir sehen eine Anzahl Verlagswerke mit den reizenden Radierungen seiner Hand ausgestattet, und die 1773-77 erschienene Quartausgabe seiner Schriften »Zürich beim Verfasser« giebt das vollkommenste Zeugnis seines Künstlertalentes. Leider ist der 3. Teil, der den Tod Abels und Daphins enthalten sollte, nie erschienen und dennoch hat die Litteratur eines Volkes kaum ein Werk aufzuweisen, in dem Dichter, Zeichner, Stecher, Buchdrucker und Verleger in einer Person und in einem solchen Grade der Vortrefflichkeit vereinigt wäre.

Geßner als Dichter gehört der Litteraturgeschichte an; hier möge nur noch Einiges über seine Buchillustration gesagt sein. Er begann mit kleinen radierten Vignetten, zuerst in Bodmers Noah (1752), Kleists Frühling (1754) etc. Etwa 10 Jahre später entwickelte sich eine neue Kunstthätigkeit bei ihm. Die Gesamtausgabe der vierbändigen Werke von 1762 ist das bedeutsame Denkmal dieser Epoche. Von Band zu Band läßt sich seine Entwickelung vom Dilettanten zum Künstler verfolgen, namentlich die vier Titel sind vier charakteristische Etappen. Der letzte giebt die antike Gruppe der drei Grazien unter einer hellen Lattenlaube, reinliche Latten durchschlungen mit feinem Grün, spielende Schatten auf dem Boden, alles ganz durchsichtig. Reizend sind seine allerliebsten Kinderstückchen, wie sie die dritte illustrierte Gesamtausgabe seiner Werke 1770-72 bringt. Auch in der Landschaftszeichnung hat sich Geßner mit Geschick versucht. Zum vollsten Ausdruck kommt seine Kunst in der Quartausgabe seiner Werke von 1777-78, in der er alle Arten, die Kinder-, landschaftliche und Blumenvignette verwendete, sowie auch die ganz stilisierte Leiste: »Die Kinder sind köstlich gezeichnet, das Landgütchen ist ein abgeschlossenes Bildchen von intimstem Reiz und die Leiste mit den Kindern im Weinberg beweist ein Feingefühl in der Stilisierung,[313] das wahrhaft Bewunderung verdient.« Indessen sind seine in die letzten Jahre fallenden Gemälde das Bedeutendste, was er hinterlassen hat.

Geßner (gest. 1788) hatte sich nur kurze Zeit der Buchhandlung gewidmet, sie wurde seit 1769 unter der Firma Orell, Geßner, Füßli & Comp. fortgeführt. Sein Sohn Heinrich Geßner, der Herausgeber des vaterländischen Briefwechsels, war in die Züricher Handlung eingetreten und sehen wir diesen zu Anfang des 19. Jahrhunderts auch als Nationalbuchdrucker in Bern. In den 20er Jahren unterzeichnete zu Zürich Eduard Geßner. – Hier sei noch folgende Notiz angefügt: Angeblich hat der Züricher Rudolf Weyssenbach mit Andreas Gesner gedruckt, dessen Druckerei von 1535-60 prosperierte. Andr. Gesner druckte auch gemeinschaftlich mit Paul Quek aus Basel im Jahre 1567. Die Nachfolger waren seine Söhne Jacob und Tobias Gesner. Gesners ältestes Druckerzeichen zeigt in einer abwechselungsreichen Umrahmung einen Totenkopf mit Stundenglas, auf einem Monogrammschilde ruhend, um das sich zwei Schlangen ringeln, ein dritter Schlangenkopf sieht unter dem Totenkopf hervor, ein Spruchband zeigt den Namen Andreas Gessnerus. Diese Druckerei kam 1834 an Rudolf Wild.

Quellen: Hrch. Wölfflin, Salomon Geßner, Frauenfeld 1889; Heitz, Züricher Büchermarken, Zürich 1895.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 2. Berlin/Eberswalde 1903, S. 312-314.
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