Geßner

[741] Geßner, 1) Salomon, Idyllendichter, Maler und Radierer, geb. 1. April 1730 in Zürich, wo sein Vater Buchhändler und Mitglied des Großen Rats war, gest. daselbst 2. März 1788, kam 1749 als Lehrling in eine Buchhandlung zu Berlin, verließ diese aber bald wieder und wandte sich der Landschaftsmalerei und Radierkunst zu, worin er es bald zu bedeutender Vollkommenheit brachte. Nach einem kurzen Aufenthalt in Hamburg kehrte G. in seine Vaterstadt zurück, wo er mit Wieland und E. v. Kleist freundschaftlich verkehrte und sich zuerst durch sein »Lied eines Schweizers an sein bewaffnetes Mädchen« (1751) einen Namen erwarb. Doch bediente er sich von da an in seinen Werken nicht mehr der Verse, sondern einer poetisch gehobenen Prosa, die bereits in Berlin Ramler für die Geßners Geist angemessenste Kunstform erklärt hatte. Die Idee zu seinem größern Gedicht »Daphnis« (1754) hat er aus Amiots Übersetzung des Longos geschöpft. Der ersten Sammlung seiner »Idyllen« (1756) folgte 1758 sein »Tod Abels«, eine Art idyllischen Heldengedichts in Prosa, und 1762 eine Sammlung seiner »Gedichte« in 4 Bänden. Durch die Malerei von der Poesie abgezogen, ließ er erst 1772 ein zweites Bändchen »Idyllen« und die »Briefe über die Landschaftsmalerei« erscheinen. Geßners »Idyllen« wurden einst viel gepriesen, und seine Auffassung der Natur erhebt sich in der Tat weit über den Rokokogeschmack der vorangegangenen Zeit, wurde aber freilich auch bald durch die von Rousseau ausgehende Vertiefung des Naturgefühls überwunden; aber noch heute wirkt die Zartheit und Lieblichkeit von Geßners Darstellung. In Frankreich wurden seine Werke durch die Übersetzungen Michael Hubers (seit 1761) eingebürgert und fanden so großen Beifall, wie kein andres deutsches Dichterwerk vorher. Als bildender Künstler steht G. in der Mitte zwischen dem Stile Ludwigs XV. und Ludwigs XVI.; seine Radiernadel ist leicht und kräftig, besonders schön sind seine Bäume. Zu seinen besten Werken zählt man zwölf radierte Landschaften, die er 1770 herausgab; eine Sammlung seiner Radierungen (336 Blätter) erschien Zürich 1823 in 2 Bänden. Die Ausgaben friner Dichtungen hat er mit geistreich entworfenen Vignetten versehen. Seine sämtlichen Schriften erschienen Zürich 1777–1778, 2 Bde. (in neuer Ausg. Leipz. 1841, 2 Bde.), eine Auswahl (von Frey) in Bd. 41 von Kürschners »Deutscher Nationalliteratur«. Sein »Briefwechsel mit seinem Sohn« erschien Bern und Zürich 1801. Sein Leben beschrieb Hottinger (Zürich 1796); zur Würdigung Geßners vgl. H. Wölfflin, Salomon G. (Frauenfeld 1889). In Zürich (auf der Platzspitzpromenade an der Limmat) wurde ihm ein von Trippel angefertigtes Denkmal errichtet.

2) Ludwig, Jurist, geb. 25. März 1828, gest. 4. Dez. 1890 in Berlin, wurde 1858 Stadtrichter in Berlin, arbeitete 1863–67 im Kriegsministerium, dann bis 1869 im Staatsministerium, endlich im Ministerium des Auswärtigen und nahm 1874 als Legationsrat seinen Abschied. Er schrieb: »Das Recht des neutralen Seehandels« (Brem. 1855); »Le droit des neutres sur mer« (Berl. 1865, 2. Aufl. 1876); »Zur Reform des Kriegsseerechts« (das. 1875); »Kriegführende und neutrale Mächte« (das. 1877); »Die Staatsverträge im allgemeinen« (in Holtzendorffs »Handbuch des Völkerrechts«, Bd. 3, Hamb. 1887).

3) Teresina, Schauspielerin, geb. 3. Juni 1865 in Vicenza als Tochter eines österreichischen Offiziers und einer Italienerin, kam 1875 nach Wien und besuchte dort seit 1881 die Schauspielschule des Wiener Konservatoriums. Nachdem sie nach erfolgter Ausbildung ihre ersten Bühnenversuche in Graz und Innsbruck gemacht, wurde sie 1886 für das Fach der tragischen Liebhaberinnen an das Deutsche Theater in Berlin engagiert, wo sie bis 1894 tätig war und durch ihre schönen äußern Mittel und ihre von tiefer Empfindung beseelte Auffassung die Gunst des Publikums gewann. Ihre Hauptrollen waren Julia, Ophelia, Cordelia, Luise in »Kabale und Liebe«, Gretchen, Klärchen, Kätchen von Heilbronn und Hero in Grillparzers »Des Meeres und der Liebe Wellen«. 1894 ging sie an das Berliner Theater über, wo sie sich[741] auch im Fache der tragischen Heldinnen (Jungfrau von Orléans, Maria Stuart, Hermione) bewährte; 1900 kehrte sie wieder zum Deutschen Theater zurück. Seit 1888 ist sie mit dem Schauspieler Sommerstorff (s.d.) verheiratet.

4) Konrad von, s. Gesner 1).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 741-742.
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