Paetel, Familie

[750] Paetel. Die unter der Firma Gebrüder Paetel in Berlin bestehende Verlagshandlung wurde am 2. 1. 1837 von Alexander Duncker, dem später der Titel eines Königlichen Hofbuchhändlers verliehen wurde, begründet und ging am 1.1.1870 unter der Firma A. Dunckers Buchverlag (Gebrüder Paetel) in den Besitz von Elwin Paetel und Dr. Hermann Paetel über. Am 2.6.1871 wurde die Firma in Gebrüder Paetel verändert.

Erweitert wurde dann das Verlagsgeschäft im Laufe der Jahre außer durch die eigenen Publikationen auch noch durch den Ankauf einzelner Verlagswerke aus dem Verlage der J. G. Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart (1870 und 1877); der Schulbuchhandlung (Hermann Heiberg) in Schleswig (1870 und 1871); von Friedrich Kortkampf in Berlin (1871); von A. Kröner in Stuttgart (1872); der Schlesingerschen Buch- und Musikhandlung (Robert Lienau) in Berlin (1872); von R. Wagner in Berlin (1872); von W. Mauke Söhne in Hamburg (1873); von Heinrich Schindler in Berlin (1874); von Stilke & van Muyden in Berlin (1876); von Georg Reimer in Berlin (1877); der Nicolaischen Verlagsbuchhandlung (R. Stricker) in Berlin (1880); von Fr. Wilhelm Grunow in Leipzig (1883); von E. C. Brunns Verlag in Münster i. W. (1884) und von Franz Ebhardt in Berlin (1889); der G. J. Göschenschen Verlagsbuchhandlung in Stuttgart (1898) und von F. Fontane & Co. in Berlin (1901).

Am 1.4.1884 schied Dr. Hermann Paetel aus der Firma aus, die von diesem Zeitpunkt an in den Alleinbesitz von Geheimen Kommerzienrat Elwin Paetel überging, dem am 1.7.1899 sein Sohn Dr. Georg Paetel zur Seite trat.

Der 250 Seiten groß-Oktav umfassende Verlagskatalog der Firma verzeichnet als Autoren die glänzendsten Namen an unserem literarischen Himmel. An der Hand des Verzeichnisses nennen wir folgende Autoren: W. Alexis, Hans Arnold, Berth. Auerbach, Hans Blum, V. Blüthgen, Georg Brandes, Frz. Dingelstedt, Ed. Duller (Geschichte des deutschen Volkes), Ida von Düringsfeld, Ebner-Eschenbach (Gesammelte Schriften), Ilse Frapan, Karl Frenzel, Ludwig Geiger, Otto Frz. Gensichen, Paul Güßfeldt, Ernst Haeckel, Ida Gräfin Hahn-Hahn, Karl Heigel, George Hesekiel, Paul Heyse, Wilhelmine v. Hillern, Hans Hoffmann, Hans Hopfen, Wilh. Jensen, Alfred Meißner, Generalfeldmarschall Moltke, Petersen (Irrlichter und Prinzessin Ilse, 1. Aufl. 1856 bezw. 1852), Pierson (Preuß. Geschichte), Elise Polko, Gustav zu Putlitz, Julius Rodenberg, Otto Roquette, Ossip Schubin, Th. Storm (sämtliche Werke), Ad. Strodtmann,[750] C. Wernicke (Gesch. d. Welt), u.v.a. Im Paetelschen Verlage erschien längere Zeit die inzwischen eingegangene heimatkundliche Wochenschrift »Der Bär« (die beiden ersten Quartale des 1. Jahrgangs erschienen bei Otto Gülker & Comp. in Berlin, dann bis zum 4. Quartal des 4. Jahrgangs bei Alfred Weile in Berlin, bis zum 2. Quartal des 6. Jahrganges bei der Nicolaischen Buchhandlung in Berlin, von da ab bis zum 1. Oktober 1888 bei Paetel und endlich bei G. Schon, demnächst bei Friedrich Zillesen in Berlin).

Von größter Bedeutung war das Erscheinen der »Deutschen Rundschau«. In der ersten Hälfte der siebziger Jahre hatte das eben erstandene Deutsche Reich auf allen Gebieten einen mächtigen Aufschwung zu verzeichnen, so auch auf dem der Literatur. Damals wars, als von hervorragenden deutschen Schriftstellern, speziell aber von Berthold Auerbach wiederholt darauf hingewiesen wurde, daß Deutschland noch immer keine ähnlich vornehme Monatsschrift, wie die Franzosen in ihrer »Revue de deux mondes« besitze. Dieses bedauernde Wort Auerbachs fiel auf fruchtbaren Boden. Nicht lange, und kein Geringerer, wie Dr. Julius Rodenberg, gestützt auf die Gebrüder Paetel, steckte sich das Ziel, eine solche deutsche Monatsschrift ins Leben zu rufen. In den zur ihrer Einführung bestimmten Prospekten legten sie derselben zuerst den Namen Deutsche Revue bei; doch gegen diese halbfranzösische Bezeichnung ließ sich manches einwenden. Die Prospekte wurden also nochmals umgedruckt, und aus der Deutschen Revue wurde die Deutsche Rundschau, deren Erscheinen sich gleich von Anfang an zu einem großen literarischen Erfolg gestaltete. Zu verwundern war das allerdings nicht. Vereinten sich in dieser in vornehmen Stil veranlagten Monatsschrift doch zum ersten Male die Federn der hervorragendsten Schriftsteller mit denen der hervorragendsten deutschen Gelehrten. Weit über die Grenzen Deutschlands hinaus ging von vornherein dieser Erfolg, der bis heute ein vollständiger gewesen ist. –

Der am 21.4.1906 verstorbene Geheime Kommerzienrat Dr. Hermann Paetel, welcher vor der geschäftlichen Verbindung mit seinem Bruder als Oberlehrer am Königlichen Wilhelms-Gymnasium zu Berlin gewirkt hatte, trat, wie schon bemerkt, 1884 aus dem bedeutend und umfangreich gewordenen Verlagsgeschäft aus und übernahm am 15.5.1884 den Verlag des Allgemeinen Vereins für Deutsche Literatur. Daneben errichtete er eine Verlagshandlung unter der Firma Hermann Paetel, von der er später ein besonderes Verlagskonto für den Vertrieb der Monatsschrift »Himmel und Erde« abzweigte. Mit besonderem Interesse verfolgte er koloniale und kolonialpolitische Ziele. Auch außerhalb des Buchhandels wußte[751] Paetel gemeinnützige Veranstaltungen zu fördern, z.B. das Berliner Schiller-Theater, ferner das Institut »Urania« etc. Jetziger Inhaber der Firma ist sein Sohn Alfred Paetel.

Der »Allgemeine Verein für Deutsche Literatur« wurde im Herbst 1873 durch den Verlagsbuchhändler Albert Hofmann in Firma A. Hofmann & Comp. in Berlin begründet. Das Protektorat des Vereins übernahmen Großherzog Karl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach und Prinz Georg von Preußen.

Nach dem 1880 erfolgten Tode des Begründers leitete dessen Sohn Rudolf Hofmann bis 1884 die Veröffentlichung der Vereinswerke. Dann ging die Leitung des Vereins und der Verlag der bis dahin erschienenen 48 Vereinswerke an Hermann Paetel über. Anfang 1894 trat dessen Sohn Alfred Paetel als Teilhaber in die Firma ein.

Veröffentlicht wurden in den ersten 25 Jahren des Bestehens des Vereins von 69 Autoren insgesamt 108 Werke, die in 24 Abteilungen zur Ausgabe gelangten.

Aus dem eigenen Paetelschen Verlage seien hier genannt: Angerstein und Eckler, Haus-Gymnastik; die von R. Fitzner herausgegebene Sammlung geographischer und kolonialpolitischer Schriften sowie die Sammlung populärer Schriften, herausgegeben von der Urania; ferner Julius Stettenheim »Wippchens sämtliche Berichte«, Kruses botanisches Taschenbuch; Weiß, Sing- und Sprech-Gymnastik u.s.w.

Quellen: Verlagskataloge von 1895, 1899, 1900; Berichte der Korporation Berliner Buchhändler 1906.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 4. Berlin/Eberswalde 1907, S. 750-752.
Lizenz:
Faksimiles:
750 | 751 | 752

Buchempfehlung

Wieland, Christoph Martin

Musarion. Ein Gedicht in drei Buechern

Musarion. Ein Gedicht in drei Buechern

Nachdem Musarion sich mit ihrem Freund Phanias gestrittet hat, flüchtet sich dieser in sinnenfeindliche Meditation und hängt zwei radikalen philosophischen Lehrern an. Musarion provoziert eine Diskussion zwischen den Philosophen, die in einer Prügelei mündet und Phanias erkennen lässt, dass die beiden »nicht ganz so weise als ihr System sind.«

52 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon