Roßberg, Familie

[831] Roßberg. Die Roßbergsche Buchhandlung in Leipzig wurde am 20. Februar 1854 durch Ludwig Roßberg begründet. Derselbe hatte bei Serig in Leipzig den Buchhandel erlernt, war in Halle und Nördlingen als Gehilfe gewesen und begründete mit 27 Jahren seine geschäftliche Selbständigkeit. Schulbücher und Jurisprudenz waren die Hauptfächer seines Sortimentsbetriebes, sie gaben ihm bald eine gewisse Ueberlegenheit gegen die Konkurrenz, die er geschickt auszunutzen verstand. Seine rationelle Betriebsweise mit eigen gebundener Literatur brachte ihn zur Grundlage eines ersten sogenannten Barsortiments.

Fast gleichzeitig mit dem Sortiment hatte der Verlag eingesetzt, dem Roßberg durch Ankauf einiger älterer Verlagslager eine feste Grundlage gab. Der vorherrschend juristische Charakter des Verlags trat erst gegen Ende der 50er Jahre deutlich in die Erscheinung. Bedeutende Werke und Zeitschriften zeigt der Verlagskatalog aus diesem Gebiete, so die »Annalen des Kgl. sächs. Oberappellationsgerichts«, die »Zeitschrift für Verwaltungspraxis«, denen sich die Handausgaben sächsischer und deutscher Gesetze anschlossen; ferner finden wir Schriften von Pöschmann, Siegmann, Puchelt (Kommentare zum Handelsgesetzbuch und Zivilprozeßordnung) u. a. Nicht vergessen sei die Bibliotheca juridica und die »Juristischen Repetitorien für Studierende«.

Die zunehmende Verlagstätigkeit bewog Roßberg zur Begründung einer eigenen Druckerei. Am 1. Januar 1865 entstand die Leipziger Abendpost, ein in größerem Format täglich erscheinendes[831] Blatt, das die sächsisch-österreichische Politik gegen die preußische vertrat, aber nach 1866 unterdrückt wurde. Als Fortsetzung dieses Blattes ist die Sächsische Zeitung, von 1870-74 die Reichszeitung zu betrachten, welch letztere mit dem Zurückdrängen der partikularistischen Bestrebungen den Boden verlor.

Ludwig Roßberg starb am 4. April 1877 und mit ihm verlor der Buchhandel »eines seiner intelligentesten, erfahrensten und strebsamsten Mitglieder«. Sein ältester Sohn Curt Roßberg, welcher im väterlichen Geschäfte gelernt, dann in Prag und Zürich sich weiter ausgebildet hatte, übernahm mit 22 Jahren die schwere und verantwortungsvolle Arbeitslast des Vaters. Doch schon nach einem Jahre entriß ihn ein Nierenleiden dem Geschäfte, er starb am 5. Februar 1878. Bis zum Jahre 1894 stand nunmehr das ausgedehnte Verlags- und Sortimentsgeschäft unter der Leitung des Prokuristen Theodor Leibing, der das Ansehen und die Ausdehnung der Firma stetig förderte.

Am 1. Oktober 1894 übernahm der dritte Sohn des Begründers, der 1869 geborene Arthur Roßberg zunächst als Prokurist, seit 1898 als Teilhaber die Leitung des Geschäftes. 1899 wurde die bisher im Verlage von Craz & Gerlach in Freiberg erschienene »Zeitschrift für Praxis und Gesetzgebung der Verwaltung« angekauft und der Verlag im Jahre 1900 bedeutend erweitert durch Angliederung von Meinholds juristischer Handbibliothek. Diese seit Anfang der 60er Jahre im Verlag von C. C. Meinhold u. Söhne in Dresden erschienene Sammlung war 1894 an die Serigsche Buchhandlung in Leipzig (gegr. um 1856) übergegangen. Der Besitzer dieser Firma, Albert Berger, trat gleichzeitig als Teilhaber in die Roßbergsche Handlung ein, so daß er seine Kenntnisse dem gemeinsamen Unternehmen, das mit seinen 350 Bänden wohl einzig in der juristischen Literatur dasteht, zur Verfügung stellen konnte. Berger starb bereits 1902; den ganzen Verlag übernahm nun Arthur Roßberg, während das Sortiment an Walther C. Jäh und Wilhelm Schunke überging.

Der Roßbergsche Verlag vereinigt heute mit ganz verschwindenden Ausnahmen den gesamten sächsisch-rechtlichen Verlag, im besonderen auch alle Zeitschriften. In den letzten 20 Jahren hat sich der Verlag auch wiederum der Schulbücherliteratur zugewandt, vornehmlich auf dem Gebiete der neueren Sprachen. 1894 gingen die Bierbaumschen französischen und englischen Lehrbücher aus dem Selbstverlag an Roßberg über, ferner wurde die Neusprachliche Reformbibliothek ins Leben gerufen. Es ist dies eine einsprachige Sammlung von Schulausgaben, die als erste eine Forderung der[832] Reformmethode, Erläuterungen zu den Texten ausschließlich in der betreffenden fremden Sprache zu geben, zu erfüllen sucht.

1898 übernahm der vierte Sohn des Firmenbegründers, Alexander Roßberg, die Druckerei für eigene Rechnung und gliederte ihr 1902 eine Buchbinderei an. Druckerei und Verlag beschäftigen jetzt über 150 Personen.

Quellen: Denkschrift zum 50jährigen Bestehen der Firma Roßberg, Leipzig 1904.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 831-833.
Lizenz:
Faksimiles:
831 | 832 | 833