Rommerskirchen, Familie

[827] Rommerskirchen. Die Entstehung der alten Kölner Buchhandelsfirma »zum Einhorn« reicht in das Jahr 1516 zurück. Der Geschäftsbetrieb begann mit dem Buchhändler und Buchdrucker Johann Gymnicus, welcher ein Schüler des Alexander Hegius, Humanist und mit den besten Köpfen des nordwestlichen Deutschlands bekannt war. L. v. Büllingen verzeichnet 173 Drucke, welche dem Johann Gymnicus I. (gest. 1544) angehören. Ihm folgte 1545, nachdem zwischenzeitlich drei Drucke unter der Firma Haeredes Gymnici erschienen waren, sein Sohn Martin Gymnicus, gleichfalls ein Mann von gelehrter Bildung. Von ihm sind 24 Drucke bekannt, einen Zeitraum von ungefähr 6 Jahren umfassend. Sein Bruder und Geschäftsnachfolger Johann Gymnicus II., von Hartzheim »celebris in patria sua Typographus« genannt und ausgezeichnet durch die Dedikation, welche der berühmte Züricher Gelehrte Conrad Geßner seinem Werke: »Pandectae de Metaphysica« vorausgeschickt, hat seine buchhändlerische Wirksamkeit in Köln nur durch eine spärliche Anzahl von Verlagswerken bezeugt. Er trat auch in Antwerpen als Verleger auf. Als nächster Geschäftsinhaber erschient Gualtherus Fabritius, der Gatte der Witwe des jung verstorbenen Johann Gymnicus II. Fabritius starb 1589 als Doktor der Rechte und Herzoglich Jülichscher Rat, nachdem er bereits 1572 vom Geschäfte zurückgetreten war, welches nunmehr Johann Gymnicus III., sein Stiefsohn, übernahm. Der Letztere findet sich bereits in der späteren buchhändlerischen Wirksamkeit des Gualtherus Fabritius als Beteiligter genannt. Die von seinen Vorfahren eroberte angesehene Stellung wußte Johann Gymnicus III. noch zu steigern. Mit den Erben des Andreas Wechel in Frankfurt a. M. verband er sich zu gemeinschaftlichem Verlag. Er beschäftigte auch auswärtige Pressen für sein Geschäft und verstarb am 21. Januar 1596. Seine Wirksamkeit hat über 200 Werke mit seiner alleinigen Verlagsfirma geliefert. Gleich nach seinem Ableben erscheint die Adresse Haeredes Ioannis Gymnici M.D.XCVI. Drei Jahre später nennt sich die Witwe Johann Gymnicus III. als Inhaberin des Geschäfts, welche ein neues Ehebündnis einging. Ihr Schwiegersohn Johann Kinckius, mit der[827] zweiten Tochter Elisabeth des Johann Gymnicus III. vermählt, erwarb bald nach des Letzteren Tode, jedenfalls nicht später als 1605, bei Regelung der verwickelten Gymnichschen Familienverhältnisse das sogenannte Einhornhaus zum ausschließlichen Eigentum. von Büllingen macht mehr als 560 Werke seines Verlags namhaft, darunter viele bedeutende Bücher. Von Kaiser Ferdinand geadelt und u. a. vom Kölner Senate durch die Erhebung zum Stimmeister ausgezeichnet, starb Johann Kinckius als hochgeachteter Mann im Jahre 1656. Nach seinem Tode wurde das Geschäft eine zeitlang für gemeinschaftliche Rechnung der Erben unter Leitung des Schwiegersohnes und vieljährigen Gehilfen des Verstorbenen, des Johann Widenfeldt, fortgeführt, nach dessen 1661 erfolgtem Ableben seine Witwe Gertrud geb. Kinckius an die Spitze des Geschäftes trat. Seit 1672, dem Todesjahre der Witwe Widenfeldt, nimmt die Buchhandlung nunmehr die Firma »Johann Widenfeldt's Erben«, von 1681 die Firma »Erben Johann Widenfeldt's und Gottfriedde Berges« und nach de Berges' Tode wieder die erstere Adresse an.

Mit dem Beginne des neuen Jahrhunderts führt Heinrich Rommerskirchen I. das, wie Mangels des Nachweises einer verwandtschaftlichen Beziehung anzunehmen, durch Vertrag erworbene Geschäft. Rommerskirchen, der am 1. August 1732 verstarb, unterhielt beständig einen großen Vorrat von literarischen Werken, den er durch gedruckte Verzeichnisse zur Kenntnis der Bücherfreunde brachte.

Nach seinem Tode ging das Geschäft auf den Ehegatten seiner Tochter Catharina und frühern Geschäftsgenossen Christian Simonis über. Bei dessen frühzeitigem Tode (gest. 1737) steigt die Zahl der bei ihm verlegten Werke nicht über sechs. Seine Witwe heiratete in zweiter Ehe ihren Geschäftsgehilfen Krakamp, und es beginnt die neue Firma »Johann Wilhelm Krakamp und Erben Christian's Simonis«. Krakamp, welcher den Ruf eines tüchtigen und unternehmenden Buchhändlers genoß, starb im Mai 1755. Er hat zur Herausgabe schätzbarer Schriften, welche die vaterländische Geschichtsforschung bereicherten, die Hand geboten. Dazu gehören der bekannte Conatus chronologicus des Karthäusers Michael Mörkens, sowie die Historia Rei Nummariae Coloneniensis von Jos. Hartzheim. Krakamp und seine Witwe, welche Anfangs Mai 1775 starb, hatten zwischen 40 und 50 Verlagswerke. Nunmehr erhielt Krakamps Stiefsohn Heinrich Joseph Simonis die von seinem Vater geführte Buchhandlung und Buchdruckerei. Er erscheint schon 1776 als Verleger und zwar mit dem »Directorium Romanum et Romano-Coloniense pro anno bissextili[828] M.D.CCLXXVI«. Die Geschäftsperiode von 1731 bis 1794 ist ausgezeichnet durch eine Reihe kaiserlicher Privilegien, welche den Inhabern des Einhornhauses. Unter Fettenhennen Nr. 13 verliehen worden sind. Simonis verstarb unverehelicht im Jahre 1800 und alsdann tauchte nach einer Unterbrechung von etwa siebenzig Jahren der Name Rommerskirchen von neuem als Geschäftsfirma auf. Der obengenannte Heinrich Rommerskirchen hatte einen jüngeren Bruder, Leonard Rommerskirchen, welcher in den 1720er Jahren ein Buchhändlergeschäft ebenfalls in Köln betrieb. Dann findet man ihn nach der Residenzstadt Bonn verzogen, wo er die Stelle eines kurfürstlichen Hof-Buchhändlers und Buchdruckers einnimmt. Sein erstes Auftreten in dieser Eigenschaft findet sich 1726 mit einigen die Rechtsverhältnisse des Kurstaates betreffenden Schriften in Fol. Dazu gehört eine »Erneuerte Chur-Cöllnische Hoff-Cantzley-Ordnung«. Nach dem 1740 erfolgten Tode Leonard Rommerskirchens finden sich als Inhaber der Druckerei zunächst seine Witwe und von 1754 bis 1757 die »Erben Leonardi Rommerskirchen« genannt. Des Letzteren Sohn Ferdinand Rommerskirchen, welcher bereits 1757 in des Vaters Stelle eintrat, gab 1759 den ersten Jahrgang des von dem kurfürstlichen Rat Vogel bearbeiteten »Chur-Cölnischen Hof-Calenders« heraus, der bis 1794 fortgesetzt worden und durch Vogels beigegebene Chorographien wertvoll geblieben ist. Er war verheiratet mit Magdalena Theodora Simonis aus Cöln, deren obenerwähnter Bruder Heinrich Joseph Simonis bei Annäherung des Alters den Sohn seines Bonner Schwagers und Fachgenossen Ferdinand Rommerskirchen, den talentvollen und strebsamen Heinrich Rommerskirchen II. als Gehilfen zu sich nahm und mangels eigener Deszendenz sowie in Anerkennung seiner Dienste zum Universalerben einsetzte.

Rommerskirchen war am 16. Juni 1770 zu Bonn geboren. Die Stelle eines kurfürstlichen Hof-Buchdruckers und Buchhändlers, welche sich in der Familie vom Großvater her vererbt hatte, war auch ihm zugedacht, aber sie verschwand, als die französische Republik den Kurstuhl von Köln zum Sturze gebracht hatte. Die Gewogenheit seines Kölner Oheims Simonis ersetzte ihm das Verlorene, indem er dadurch in den Besitz eines Geschäftes kam, das sich seit lange des besten Rufes erfreute. Mit den besseren Leistungen der deutschen Dichter hatte er sich genau vertraut gemacht und als Frucht seiner Belesenheit gab er in sieben Bändchen eine geschmackvoll gewählte Auslese der gediegensten Produktionen der neueren deutschen poetischen Literatur unter dem Titel »Geistesblüten« von 1812 bis 1823 heraus. Es gingen mehrere Werke von E. M. Arndt aus seinem Verlag hervor, namentlich auch die Zeitschrift »Der Wächter[829] am Rhein«, wovon drei Bände erschienen sind. Unablässige geistige und körperliche Anstrengungen haben seine Kräfte vor der Zeit aufgerieben; nach längerem Leiden ist er am 20. März 1823 infolge eines Schlaganfalles gestorben. Die Zahl seiner Verlagswerke beträgt weit über hundert Nummern. Die Witwe setzte das Geschäft mit der veränderten Firma »Rommerskirchen's Buchhandlung und Buchdruckerei« fort; nach ihrem am 28. Mai 1848 erfolgten Ableben kam der einzige Sohn Peter Heinrich Rommerskirchen in den Alleinbesitz und 1868 übertrug dieser das Geschäft seinem Neffen Julius Mellinghaus.

Seit 1901 befindet sich das Geschäft im Besitze von Ferdinand Sohn u. Jacob Friedrich Laué.

Quellen: Merlo, Die Buchhandlungen u. Buchdruckereien »Zum Einhorn« Köln 1876.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 827-830.
Lizenz:
Faksimiles:
827 | 828 | 829 | 830

Buchempfehlung

Aristophanes

Die Vögel. (Orinthes)

Die Vögel. (Orinthes)

Zwei weise Athener sind die Streitsucht in ihrer Stadt leid und wollen sich von einem Wiedehopf den Weg in die Emigration zu einem friedlichen Ort weisen lassen, doch keiner der Vorschläge findet ihr Gefallen. So entsteht die Idee eines Vogelstaates zwischen der Menschenwelt und dem Reich der Götter. Uraufgeführt während der Dionysien des Jahres 414 v. Chr. gelten »Die Vögel« aufgrund ihrer Geschlossenheit und der konsequenten Konzentration auf das Motiv der Suche nach einer besseren als dieser Welt als das kompositorisch herausragende Werk des attischen Komikers. »Eulen nach Athen tragen« und »Wolkenkuckucksheim« sind heute noch geläufige Redewendungen aus Aristophanes' Vögeln.

78 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon