Beissend

[144] Beissend. (Redende Künste)

Was einen scharfen mit Spott begleiteten Verweis enthält. Das beißende zielt darauf ab, denjenigen, gegen den es gerichtet ist, verächtlich zu machen, und ihn empfindlich zu beleidigen. Es hat demnach seinen eigentlichen Sitz in der Satyre, und in den Reden, wo man nöthig hat, eine Person äußerst verächtlich zu machen. Ein Beyspiel einer sehr beißenden Rede kann folgende Stelle[144] geben:1 Quid ad haec Naevius? Ridet scil. nostram amentiam, qui in vita sua rationem summi officii desideremus, et instituta bonorum virorum requiramus. Quid mihi, inquit, cum ista summa sanctimonia ac diligentia? Viderint, inquit, ista officia viri boni u. s. f. Wenn der Spott so ist, daß er auf keinerley Weise kann widerlegt oder beantwortet werden, wenn er dem Gegner alle Mittel, sich zu vertheidigen benimmt, so ist er höchst beissend.

Die Würkung desselben ist, den Gegner nicht blos dem Spott und der Verachtung auszusetzen, sondern ihn auch zum Stillschweigen zu bringen. Das Beißende ist demnach ein sehr kräftiges Mittel gegen einen boshaften und lasterhaften Gegner. Was sonst von seiner Würkung und Anwendung zu sagen ist, wird in dem Art. Spott, weiter ausgeführt.

1Cicero pro P. Quintio.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 144-145.
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