Dreystimmig

[282] Dreystimmig. (Musik)

Ein Tonstük ist dreystimmig, wenn darin drey verschiedene Stimmen sind, deren jede ihren eigenen Gang hat. Denn ein Gesang durch mehrere Stimmen oder Instrumente, die denselben Gang oder dieselbe Melodie haben, vorgetragen, wird nur für einstimmig gehalten. Die drey Stimmen gehen entweder durch das ganze Stük, oder kommen nur in einzelen Theilen oder Gängen desselben vor: auch findet sich dieser Unterschied, daß die drey Stimmen entweder alle Hauptstimmen sind, oder es sind nur zwey Hauptstimmen, die dritte aber ein blos begleitender Baß; oder es ist nur eine Hauptstimme, mit dem begleitenden Baß und einer zur Ausfüllung dienenden Mittelstimme.

Im ersten Fall bekommt das Stük den Namen des Trio, worüber der besondere Artikel nachzusehen ist; im andern Fall wird das Stük eine Gattung des Duets, wo zwey Hauptstimmen mit einem begleitenden Basse, der keine Melodie hat, vorkommen. Weil diese Stüke so gemacht seyn müssen,1 daß der Baß auch davon weg bleiben kann, so werden sie, ihrer dreystimmigen Beschaffenheit ungeachtet, Duette genennt.

Von dem dreystimmigen Satz ist überhaupt anzumerken, daß die Regeln der Harmonik dabey auf das strengeste müssen beobachtet werden, weil bey den wenigen Stimmen jeder Anstoß gegen die Regeln empfindlich wird, da in vielstimmigen Sachen kleinere Fehler durch die Menge der Stimmen oft bedekt werden. Ein einziges Stük, wenn es auch nur ein Choral wäre, durchaus dreystimmig ohne Fehler zu setzen, erfodert schon einen ganz geübten Setzer, dem auch die kleinesten Regeln des reinen Satzes völlig geläufig sind.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 282.
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