Grund

[500] Grund. (Mahlerey)

Die Fläche auf welche die ersten Farben zum Gemähld aufgetragen werden. Es ist für die Würkung der Farben, für die Haltung des Gemähldes und für die Dauer gar nicht gleichgültig, auf was für einen Grund gemahlt werde. De Piles räth überhaupt einen weißlichen Grund zu nehmen: Titian, Rubens und andre große Coloristen sollen dieses gethan haben. Lairesse will bemerkt haben, daß zu Landschaften ein perlenfarbiger Grund, und zu historischen Stüken, die innerhalb eines Zimmers geschehene Handlungen vorstellen, der Grund aus Umbra, zu Nachtstüken der aus cölnischer Erde, am besten sey. Man hat Gemählde von alten italiänischen Meistern, die auf einen verguldeten Grund gemahlt sind.

Man versteht aber unter dem Namen Grund auch die Fläche, auf welcher, oder gegen welche, ein Gegenstand gesehen wird. So ist der blaue Himmel der Grund einer Wolke, und eine einfärbige Wand des Zimmers, der Grund der in dem Zimmer gemahlten Figuren.

Die Farbe des Grundes hat einen großen Einflus auf die Haltung des Gemähldes. Es ist eine allgemeine Regel, daß das Helle gegen den dunkeln, und das Dunkle gegen den hellen Grund stehe. Je brauner der Grund ist, worauf etwas weißes gemahlt wird, je mehr wird es weiß scheinen, und auch umgekehrt. Incarnat wird auf einem rothen Grunde blaß, und eine blaße rothe Farbe wird auf gelbem Grunde lebhafter und wärmer. Es gehört zur Erforschung der Geheimnisse des Colorits, daß man die Würkungen, die die Farbe des Grundes auf die verschiedenen Gegenstände des Gemähldes hat, genau beobachte. Leonhard da Vinci hat nach seiner gewöhnlichen Scharfsinnigkeit auch hierüber wichtige Beobachtungen gesammelt, die man im CXXXVII und folgenden Abschnitten seines Werks findet. Es ist jedem Mahler zu rathen sie mit Aufmerksamkeit zu lesen, und dann auf dieser Bahne der genauen Beobachtung weiter fortzugehen.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 500.
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