Petitsmaitres

[899] Petitsmaitres. (Kupferstecherkunst)

Unter diesem Namen, verstehen die französischen Liebhaber der Kupfersammlungen die Kupferstecher aus der ersten Zeit dieser Kunst, die sie auch sonst vieux maitres, die alten Meister nennen. Den Namen Petitsmaitres haben sie ihnen darum gegeben, weil sie meistentheils ganz kleine Stüke verfertiget haben. Die Werke der kleinen Meister, die gegenwärtig ziemlich selten werden, sind nicht blos zur Historie der Kunst, sondern gar oft auch ihres innerlichen Werthes halber sehr schäzbar. Meistentheils sind sie, sie seyen in Kupfer gestochen, oder in Holz geschnitten, überaus fein und nett gearbeitet; viele sind aber auch wegen der sehr guten Zeichnung, schönen Erfindung, guten Anordnung und wegen des richtigen Ausdruks der Charaktere, sehr schäzbar. Die Folge dieser kleinen Meister fängt von der Mitte des XV Jahrhunderts an, und geht bis gegen das Ende des XVI. Die meisten dieser Meister waren Deutsche, die besten aus Oberdeutschland und der Schweiz. Darum sollte eine gute Sammlung der kleinen Meister vornehmlich einem Deutschen schäzbar seyn; da sie ein unverwerfliches Zeugnis giebt, daß die Deutschen nicht nur die ersten und fleißigsten Bearbeiter der Kupferstecher und Holzschnittkunst gewesen; sondern, daß überhaupt, wie sich Christ ausdrükt1 die rechte und wahre Weise der Mahlerey beynahe eher und besser im Elsaß, in Schwaben, in Franken und in der Schweiz, als in Italien ist geübt worden. Unsers großen Albrecht Dürers, dessen Verdienste bekannt genug sind, nicht zu gedenken, wird man schweerlich von Künstlern der ersten Zeit außerhalb Deutschland so viel und so gute Werke einer ächten Zeichnung und Anordnung zusammen bringen, als die Sammlung der kleinen deutschen Meister enthält. Unter diesen aber behaupten die drey Schweizer Albrecht Altorfer, Jobst Amman und besonders Tobias Stimmer, einen vorzüglichen Rang.

Zur Belustigung des Lesers, will ich hier noch anmerken, daß die französischen Kunstliebhaber verschiedene Namen der deutschen kleinen Meister auf sehr poßirliche Weise verstellen. Martin Schön heißt oft le beau Martin, auch Martin Scon. Sebald Beham, ein Nürnberger, wird insgemein Hisbins genannt, weil sein Zeichen auf den Kupfern die Buchstaben HSB in einander geschlungen enthält.

1S. Christs Auslegung der Monogrammatum S. 68.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 899-900.
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