Serenade

Serenade. (Poesie; Musik)

Ein Lied von einer besondern Art, das bestimmt ist einer Person zu Ehren unter ihrem Fenster abgesungen zu werden. Sie ist also von verliebtem oder wenigstens galantem Inhalt. Die Griechen haben sie vermuthlich eingeführt, und die Ausleger des Horaz merken an, daß in der Ode an die Lydia1 die Worte:


Audis minus et minus jam,

Me tuo longas pereunte noctes,

Lydia, dormis?


auf eine solche Serenade sich beziehen, und daß die zwey lezten Verse, vermuthlich aus einer damals bekannten Serenade genommen sind. Die Griechen nannten sie sehr artig παρακλαυσἰθυρον, welches so viel bedeutet, als ein klägliches Lied vor der Thüre gesungen.

In Spanien und Italien ist diese Galanterie gebräuchlicher, als bey uns. Die Mode der Serenaden macht einer Nation eben keine Unehre; wenigstens scheinet sie ein Beweis einer einfachen, natürlichen und unschuldigen Lebensart. In den Sitten, nach welchen ein Jüngling Scheuhe tragen muß seine Liebe, oder auch blos unschuldige Galanterie gegen ein Mädchen, die noch nicht die Seinige ist, durch eine Serenade an den Tag zu legen, ist schon etwas verdächtiges, oder würklich unrichtiges.

Man giebt auch bisweilen den Namen der Serenaden der Musik, wenn sie auch blos Instrumental wäre, die man etwa gewissen Personen zu Ehren, oder als einen Glükwunsch, bey angehender Nacht, vor ihren Häusern aufführet, und die man insgemein im deutschen Ständchen nennet.

Eine solche Musik ist um so viel angenehmer, da die Stille der Nacht ihren Eindruk natürlicher Weise vermehret.

Der Tonsezer, der eine gute Serenade machen will, sie sey über einen Text, oder blos für Instrumente, hat sich vorzüglich eines einfachen, sehr fließenden Gesanges zu befleißigen; mehr consonirend, als dissonirend zu sezen, und vornehmlich solche Instrumente zur Begleitung zu wählen, die in freyer Luft die beste Würkung thun.

1L. l. Od. 25.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774.
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