So werden mit Ausnahm der Terz alle diejenigen Intervalle genennt, welche um einen halben Ton [1191] höher genommen werden, als sie in der Tonleiter des Tones darin man spiehlt, liegen: als , die übermäßige Prime, - Secunde, - Quarte, - Quinte, und die in neuern Zeiten angenommene übermäßige Sexte. Alle dissoniren gegen den Hauptton. Die übermäßige Terz , und übermäßige Septime sind von keinem strengen Tonlehrer für brauchbar angenommen worden, und daher giebt es auch weder eine durch die Umkehrung der übermäßigen Terz, verminderte Sexte, noch eine durch die Umkehrung der vermeinten übermäßigen verminderte Secunde
Da die übermäßige , und außer der natürlichen Tonleiter liegen, und daher wiedrige Verhältnisse hervorbringen, so sind sie aus diesem Grunde im Singen sehr schweer zu treffen, und dieserwegen zu sezen verboten; es sey denn, daß man sie als Leittöne in andere Töne der Tonleiter betrachte. In diesem Falle wird das Verbot nicht so strenge genommen, daher kann man von C durch dis nach e, durch fis nach g, und von gis nach a gehen.
Aber von C durch nach h kann man schweerlich gehen, und man wird nicht leicht von guten Meistern in der Melodie Beyspiehle davon antreffen. Man kann auch von C dur gewöhnlicher Weise nicht nach H mol moduliren. Doch kann vor H vorkommen, wenn dieses H die Dominante von E mol ist.
Dergleichen ehedem verbotene Fortschreitungen, z.B. bey der übermäßigen Secunde von C durch nach e, lassen sich dadurch entschuldigen, daß man sie so betrachtet, als wenn man einen Tausch mit einer andern Stimme übernähme. z.B.
Wenn man sich der übermäßigen Fortschreitungen enthält, und sie nur auf gewisse besondere Fälle spahrt, so kann man außerordentliche Würkung damit hervorbringen. Im Recitativstyl kommen sie aber häufiger vor, besonders die übermäßige Quarte.
Die ordentliche große Septime ist eben so, wie die übermäßigen Intervalle, im strengen Styl melodisch zu sezen, verboten; ehedem betraf das Verbot auch die große Sexte, die doch gegenwärtig in der Melodie unentbehrlich ist. Man findet alte Lehrbücher, wo unsere große Septime die übermäßige genennet wird.
Weder die übermäßige Quinte, noch die übermäßige Sexte, kommen melodisch im Absteigen vor; wol aber im Baße zuweilen die zumal wenn der Baß nicht gesungen, sondern von Instrumentisten gespiehlt wird. z.B.
Weil jedes übermäßige Intervall, als ein Leitton anzusehen ist, so folget, daß man nach demselben im Aufsteigen einen halben Ton über sich treten müsse, und im Absteigen einen halben Ton unter sich. Z.B.
Der lezte Fall bey + hat nur im Recitativ statt und ist also zu verstehen: