Undecime

[1202] Undecime. (Musik)

Dieses Intervall ist von der Quarte blos dem Namen nach unterschieden, weil es eine Octave höher liegt. Sie ist eine wahre, reine, verminderte oder übermäßige Quarte, und alles, was von dieser in einem eigenen Artikel gesagt worden ist, gilt auch von der Undecime. Einige haben zwischen der Quart und der Undecime den Unterschied machen wollen, daß die erstere consonirend, die andre aber dissonirend sey: aber wir halten es nicht der Mühe werth dieses zu wiederlegen. Der größte Harmoniste J. S. Bach, wußte von keiner Undecime, und was izt von einigen so genennt wird, kommt bey ihm nie anders, als unter der Bezeichnung der Quarte 4, vor. Man hat deswegen nie nöthig, dies Intervall mit 11 zu bezeichnen, und findet auch davon bey keinem guten Harmonisten ein Beyspiehl, außer wenn man der Regularität halber, in durchgehenden Noten folgende Bezeichnungen braucht:

Undecime

Aber den Contrapunkt in der Undecime unterscheidet man mit Recht von dem in der Quarte. Sie haben ihren Grund in dem Contrapunkt der Quinte und Duodecime. Beyde lassen sich auf zweyerley Art versezen, nämlich eine Quarte höher, und eine Quarte tiefer. Z.B.

Undecime
Undecime

Der Saz bey a ist bey b in dem Contrapunkt der Quarte versezt. Diese Versezung hat ihren Grund darin, daß der erste Saz selbst eine Versezung aus dem Contrapunkt der Quinte ist, nämlich von folgendem Saz:

Undecime

dessen untere Stimme bey b eine Octave höher versezt ist. So wie das vorhergehende Beyspiehl eine Quarte höher versezt ist, so kann dieses auch eine Quarte tiefer geschehen, auf folgende Art:

Undecime

der Grund warum dieses angehe, liegt darin, daß der Contrapunkt A sich in den Contrapunkt der Quinte versezen läßt, wovon B die Umkehrung in der Octave ist. Wird der Contrapunkt der Quarte des ersten Beyspiehls eine Octave höher, und des zweyten eine Octave tiefer versezt, so entsteht der Contrapunkt in der Undecime.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 1202.
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