Kreis, der

[1767] Der Kreis, des -es, plur. die -e. 1. Eine runde, d.i. krumme in sich selbst laufende Linie, sie habe nun eine vollkommen runde Gestalt, d.i. sie stehe in allen ihren Puncten gleich weit von dem Mittelpuncte ab, oder nicht. Im ersten Falle ist jetzt das Wort Cirkel, oder vielmehr Zirkel, üblicher, ungeachtet man ehedem auch das Wort Kreis in diesem Verstande gebrauchte. Aber auch in dem zweyten Falle einer beynahe runden Linie ist es nicht ohne alle Einschränkung üblich, indem man es am häufigsten von solchen Linien oder Flächen dieser Art gebraucht, so fern sie die Gränzen oder die Laufbahn einer Bewegung oder einer Veränderung sind.

1) Eigentlich. Im Kreise herum gehen. Sich im Kreise herum drehen. Ein Pferd im Kreise herum laufen lassen. Im Kreise um jemanden herum stehen. Im Kreise sitzen. Das Glas im Kreise herum gehen lassen. Die Beschwörer und Teufelsbanner machen einen Kreis um sich herum. Einen Kreis schließen, Personen in einen Kreis stellen, so das sie überall eine runde Linie vorstellen. Den Kreis öffnen, einige Personen aus dieser runden Linie treten lassen, damit sie eine Öffnung bekomme. In der Astronomie werden die gemeiniglich länglich runden Laufbahnen, worin sich die Planeten und Kometen um ihren Fixstern, und die Monde und Trabanten um ihre Planeten bewegen, Kreise genannt. Indessen sagt man doch noch der Kreis um den Mond, d.i. der Hof um denselben, ohne Rücksicht auf eine Bewegung oder Veränderung, und in dem zusammen gesetzten Umkreis bezeichnet es im weitesten Verstande die Linie oder Fläche, welche eine Figur oder einen Körper umschließet, wo auch der Begriff der Ründe verloren gehet. S. auch Gesichtskreis.[1767]

2) Figürlich, die Gränzen der bestimmten Veränderungen eines Dinges. In dem engen Kreise meiner Bekanntschaft. Der Kreis der Geschäfte. Das liegt außer dem Kreise seiner Einsichten. Jedes Thier hat seinen Kreis, in den es von der Geburt an gehört, in dem es lebenslang bleibt und stirbt, Herd.

2. Figürlich, eine durch eine solche Linie eingeschlossene Fläche.

1) Eine durch eine runde oder beynahe runde Linie eingeschlossene und bestimmte Fläche. So wird die Fläche, welche innerhalb des von Menschen in manchen Fällen eingeschlossenen Kreises liegt, gleichfalls der Kreis genannt. In den Kreis gehen. Aus dem Kreise gehen. Besonders wurde der gemeiniglich runde mit Schranken eingefaßte Kampfplatz so wohl bey Thurnieren und Ritterspielen als auch bey Zweykämpfen der Kreis, verderbt aber Greis und Gries, Nieders. Kreit genannt, S. Grieswärtel. So ist der Erdkreis, oder der Kreis der Erde, die ganze in ihre runden Gränzen eingeschlossene Erde, und der Weltkreis oder der Kreis der Welt, der ganze auf solche Art umgränzte Weltraum.

2) Eine zu einem gewissen Behufe gemachte und in ihre Gränzen eingeschlossene Abtheilung eines Landes, ohne Rücksicht der Figur, der Größe, oder des Besitzers. So werden verschiedene Provinzen zur bessern Handhabung der Polizey, oder der Rechtspflege, oder der Verwaltung der Einkünfte, oder aus andern Absichten in Kreise getheilet. In Schlesien werden daher an vielen Orten die Weichbilde Kreise genannt. Die dem Churhause Sachsen gehörigen Länder bestehen aus dem Churkreise, dem Meißnischen Kreise, dem Erzgebirgischen Kreise u.s.f. Am bekanntesten sind in Deutschland die Kreise, worin das Deutsche Reich zur Festhaltung des Landfriedens, dem Anfange nach von dem Kaiser Wenzel 1383, der Vollendung nach aber von Albert II. und dessen Nachfolger 1438 und 1512 getheilet wurde, und welche auch die Reichskreise genannt werden. Die vorliegenden Kreise, der Schwäbische, Oberrheinische und Niederrheinische Kreis, weil sie bey den ehemahligen häufigen Kriegen mit Frankreich den feindlichen Einfällen am meisten ausgesetzet waren. S. die meisten der folgenden Zusammensetzungen.

Anm. In dem alten Fragmente auf Carln den Großen Kraiz, bey dem Stryker Chrais, im Nieders. Krink, (S. Kringel,) und Kreit, im Schwed. Krets, im Dän. Kreds, im Pohln. Kres. Es vereiniget den Begriff der Ründe mit dem Begriffe der Bewegung, und ist in dem ersten Falle von krumm, Kranz, rund, Ring u.s.f. nur in den Ableitungslauten unterschieden, (S. auch Kraus,) dagegen es im letztern Falle mit reißen, reiten und andern Wörtern dieses Geschlechtes verwandt ist. Das Griech.γυρος und Latein. Gyrus gehöret gleichfalls dahin.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1767-1768.
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