Joseph Piton de Tournefort

[210] Joseph Piton de Tournefort, (geb. zu Air in Provence 1656) ein berühmter Botaniker, fand schon in der frühsten Jugend das höchste Vergnügen darin, auf das Feld, statt in die Schule zu den Jesuiten zu gehen, und Blumen und Kräuter aufzusuchen. Eigentlich zum geistlichen Stande bestimmt, verließ er diesen nach seines Vaters Todte, und, ganz seinem Hange folgend, durchreiste er nun die Gebirge von Savoyen und der Dauphiné, den er auch in der Folge, nachdem er zu Montpellier in der Anatomie und Mediein sich vervollkommnet hatte, in den Pyrenaischen und Alpen-Gebirgen oft mit Gefahr seines Lebens zu befriedigen wußte. Angestellt im Jahr 1683 als Professor der Botanik im königl. Garten zu Paris, machte er nun, um diesen noch mehr zu bereichern, Reisen nach Spanien, Portugall, England, Holland; und ob er gleich hier (in Leyden) unter weit vortheilhaftern Bedingungen angestellt werden sollte, so zog er doch sein Vaterland vor, wo er 1692 als Mitglied der Akademie der Wissenschaften aufgenommen, [210] und im Jahr 1700 vom König nach Griechenland, Asien und Afrika gesendet wurde, um über Naturgeschichte, Geographie, Sitten und Handel der dortigen Völker seine Beobachtungen zu sammeln. Nach seiner Zurückkunft nach Paris ward seine Gesundheit zwar schwach; aber hauptsächlich ein unglücklicher Zufall, wo er auf der Straße von der Achse eines Wagens mit der Brust an die Mauer gequetscht wurde, machte bald darauf (1708) seinem thätigen Leben ein Ende: sein höchst bedeutendes Cabinett (auf 50,000 Livr. geschätzt) vermachte er dem König. Für den Botaniker bleibt Tournefort ein merkwürdiger Gelehrter, der überall mit philosophischem Geiste zu Werke ging – ein Umstand, wodurch seine sämmtlichen Schriften sowohl, als auch seine Reisebeschreibungen (worin er seine Entdeckungen über die Pflanzen im Orient mittheilt) noch wichtiger geworden sind. Von ihm schreiben sich auch viel Benennungen der Pflanzen, so wie überhaupt ein neues botanisches System her, welches letztere aber viel Gegner gefunden hat.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 210-211.
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