Abendmahl

[11] Abendmahl. Christus beschloß sein schönes Leben mit einer schönen Handlung. Er stiftete ein Gedächtnißmahl für seine Jünger[11] sowie für Alle, die zu seiner Lehre sich bekennen. Zum letzten Mal stand er im Kreise der Geliebten. Wehmuth bewegte sein Herz, – aber sie überwältigte es nicht. Muth, Besonnenheit und der rege Eifer, auch in den letzten Augenblicken noch segensreich zu wirken, begleiteten ihn auch jetzt. – Genossen war die letzte festliche Mahlzeit. Gegessen hatte er mit seinen Schülern das Osterlamm. – Da erhebt er sich von der Tafel. Vor ihm steht noch Wein, liegt noch Brot, – die zwei kräftigsten Nahrungsmittel für den Körper. – Beides ergreift er, denn ein passenderes Sinnbild seines Todes und der geistigen Stärkung, welche er seinen Bekennern durch die gegenwärtige Handlung reichen wollte, konnte es jetzt nicht geben. Er betet, er bricht das Brot, – reicht Brot und Wein dann seinen Schülern und spricht: »Nehmet es hin, esset und trinket es, – thut es oft zu meinem Gedächtnisse.« – Und durch diese Worte hat der Meister einen Stern in das Leben der Menschen gestellt, der immer noch leuchtet und leuchten wird, so lange es Christen gibt. Denn nicht nur seine Jünger blickten in ihrer Erdennacht auf zu diesem Sterne, nein, alle Jahrhunderte hindurch wendeten die Christusbekenner ihr Auge in Andacht zu ihm empor. Das Abendmahl wurde gefeiert »zu seinem Gedächtnisse.« – Späterhin erhoben sich über den Gebrauch des Abendmahles vielfache Streitigkeiten, und noch jetzt ist die Lehre vom Abendmahle sehr verschieden. – Doch das Alles störe den Christen nicht, wenn er hintritt zum Altare. Jeder, welcher Kirche er auch angehört, kann aus einfachem Herzen sein reines Opfer bringen, welches er dem Meister schuldig ist. Nicht auf Worte, nicht auf Meinungen, nicht auf Lehrsätze kommt es hier an, sondern auf das Auffassen des rein Geistigen, das Christus dieser Handlung unterlegte. Dieses Geistige aber ist so einfach, daß jedes kindliche Gemüth es zu ergreifen vermag. – Das Abendmahl wird auch oft genannt: Nachtmahl, Tisch des Herrn, Sakrament des Altars, Communion.[12]

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 11-13.
Lizenz:
Faksimiles:
11 | 12 | 13
Kategorien: