[69] Dampfmaschine. Einer jeden Dame wird aus eigener Erfahrung bekannt sein, daß der Dampf des siedenden Wassers eine nicht unbedeutende Kraft hat. Aus dem Schnabel des Theekessels[69] strömt derselbe mit großer Gewalt, er hebt den Deckel der Theekanne, er sprengt den Helm von der Branntweinblase etc. Aufmerksame Physiker kamen darauf, diese Kraft zu irgend Etwas zu benutzen, ihr eine bestimmte Richtung zu geben, und so entstand die Dampfmaschine, welche nach und nach die größtmögliche Anwendung erlangt hat, indem man sie zur Bewegung der gewaltigsten Lasten, zur Fortschaffung von Wasser aus tausend Fuß tiefen Bergwerken, sowohl als zum Treiben von Spinnrädern anwendet. Sie in allen ihren Theilen zu beschreiben, die verschiedenen Constructionen anzugeben, wäre für unsern Zweck zu weitläufig; doch das Princip, auf dem sie alle beruhen, wollen wir der nöthigen Versinnlichung des Ganzen wegen geben. Ein Kessel von starkem Sturzblech, Eisenblech, ein Drittel, bis ein Viertel Zoll dick, wird zum Theil mit Wasser gefüllt, und oben so geschlossen, daß der beim Heizen desselben sich entwickelnde Dampf nirgends entweichen kann. Nahe bei dem Kessel (wohl gar in dem Kessel selbst), steht ein hohler Cylinder von Gußeisen, welcher inwendig glatt geschliffen ist, und in welchem sich ein gut passender Stempel auf und ab bewegen kann. Aus dem Kessel läßt man nun durch eine Röhre Dampf unter den Stempel treten, sogleich steigt derselbe empor. Spritzt man nun unter den Stempel kaltes Wasser, so schlägt dieses den Dampf nieder, und der Stempel sinkt zu Boden, worauf dasselbe Spiel von Neuem beginnt. Nach ihrem Erfinder wird diese Maschine die Savery'sche genannt. Der auf und niedergehende Stempel setzt ein Rad und dieses Alles in Bewegung, was man mit demselben verbindet. Watt verbesserte die Einrichtung dahin, daß er Klappen und Ventile anbrachte, durch welche der Dampf, der sich unter dem Stempel befand, fortgeschafft, und zugleich frischer Dampf über den Stempel gebracht werden kann, so daß nun von beiden Seiten desselben die Kraft des Dampfes in beliebiger Stärke wirkt, während dieß früher nur von einer Seite geschah, und der Druck der Atmosphäre auf die andere Seite wirken mußte. Um das[70] Zerspringen zu hindern, hat man verschiedene Sicherheitsanstalten erfunden, welche hauptsächlich darin bestehen, daß man dem sich zu häufig entwickelnden Dampf durch ein Ventil den Ausgang gestattet, welches er sich selbst öffnet, sobald der Druck gefährlich zu werden droht. Dieses Letztere, und Alles, was die Maschine für ihre eigene Bewegung bewirkt, könnte einen Unbefangenen glauben machen, sie habe Menschenverstand, denn sie öffnet und schließt genau zur gehörigen Zeit ihre Hähne, läßt den Dampf ein- und ausströmen, condensirt denselben, pumpt Wasser für sich selbst aus einem Reservoir, und speist damit ihren Kessel, regulirt selbst ihre Geschwindigkeit, so daß ihre Bewegung stets gleich bleibt, und thut dieß Alles ohne Menschenhilfe, dem Menschengeist als Erfindung die größte Ehre machend.
V.