[462] Erdbeeren, aus der Familie der Rosaceen, ist eine von den [462] wenigen Fruchtarten, welche in allen Welttheilen gedeihen. Die verschiedenen Sorten unterscheiden sich durch Farbe, Gestalt, Größe und Geschmack; wir wollen hier nur die vorzüglichsten erwähnen. Die gemeine Walderdbeere wächst in Europa, besonders in ganz Deutschland in Wäldern und auf Triften wild, ist die früheste Frucht, und als eine der gesundesten und wohlschmeckendsten bekannt. Sie fängt bei günstiger Witterung schon im März und April zu blühen an, reist Ende Mai oder Anfang Juni, und dauert ziemlich lange, an manchen Orten, besonders in Waldgegenden, bis zum Herbst. Die Blüthen sind Zwitter, in deren Mitte sich Früchte bilden, die sich von anderen dadurch unterscheiden, daß die Samenkerne nicht inwendig, sondern auf der Oberfläche zerstreut liegen. Die häufig vorkommenden tauben Blüthen sind an einem schwarzen Punkt in der Mitte kenntlich. Die Früchte der wilden Erdbeeren oder Walderdbeeren riechen und schmecken sehr gewürzreich, haben eine schöne rothe Farbe und verdünnen das Blut. Die zarten jungen Blätter geben, im Mai gesammelt und im Schatten getrocknet, einen angenehmen Thee. Eine zweite wildwachsende Art, Preßling oder harte Erdbeere, Knackbeere, wächst in der Schweiz und in Deutschland, besonders in Thüringen an Bergen und trocknen Anhöhen, hat einen aufrechten Fruchtkelch, behaarte Blätter und harte, knackende, aber wohlschmeckende Früchte. Die gewöhnliche Gartenerdbeere unterscheidet sich von der Walderdbeere durch einen höhern Wuchs, sowohl des Krauts als der Früchte, und durch die Haare, welche an ihren Blatt- und Blumenstielen aufstehen. Eine Abart derselben ist die stets blühende, oder Monatserdbeere, die bis in den Spätherbst blüht und Früchte bringt. Bemerkenswerth sind noch die virginische Erdbeere oder Scharlachbeere mit hellrothen, eiförmig zugespitzten Früchten von weinsäuerlichem Geschmack. Die chilische Erdbeere, auch Riesenerdbeere genannt, deren Blätter fast fleischig, auf beiden Seiten zottenhaarig sind, und welche Früchte von der Größe eines kleinen Apfels, jedoch[463] in geringerer Qualität und nicht so lieblich von Geschmack bringt. Endlich die Ananaserdbeere, so genannt wegen des ähnlichen Geruchs mit der edlen Ananasfrucht. Sie kommt etwas später, behält immer eine weißgrüne Farbe, meist nur auf der einen Seite geröthet, und wird ziemlich groß. Die Fortpflanzung der Gartenerdbeeren kann zwar durch Samen geschehen, geschwinder und leichter jedoch durch Zertheilung der Wurzeln oder Nebenranken. Von letztern müssen sie freigehalten und oft von Unkraut gesäubert werden, soll die Frucht gedeihen. Erdbeerblüthe bedeutet in der Blumensprache: Nachgiebigkeit.
L. M.