[329] Muth, die Kraftäußerung der Seele bei Hindernissen oder Gefahren. Ist derselbe eine unerläßliche Eigenschaft des Mannes, so fehlt es auch in der Geschichte des zarten Geschlechtes nicht an Beispielen dieser innern Starke. Sie anzuführen, reichten Bände nicht[329] hin. In allen Verhältnissen des Lebens bethätigt sich der weibliche Muth. Dieser aber äußert sich, nach den Gesetzen der Natur, anders als der männliche; nicht wie dieser, oder nur selten, im raschen Fortschreiten, im Sturme gegen den Widerstand, im unausgesetzten Kampfe gegen alle Hemmnisse, sondern in Ausdauer, in unerschütterlichem Glauben, in rücksichtloser Hingebung an das einmal mit Liebe Erfaßte oder durch Ueberzeugung Gewonnene. Streitlust, oft Haß, ist das Hauptelement des männlichen; Friedensneigung, Liebe das des weiblichen Muthes. Das liebende Weib opfert sich, oder vielmehr, hält nichts für ein Opfer, was zum Ziele führt, das sich die begeisterte Empfindung vorgesteckt; keine Gefahr scheuend, geht es darauf los, den Blick zum Himmel und nicht zum Abgrunde, der seinen Weg begrenzt. Ist der Mann der Streiter auf dem Felde seiner Ueberzeugung, so folgt sie ihm als Arzt durch tausendfach drohenden Tod.
Bl.